Stadtrat Wissen entscheidet: Bürgerbegehren gegen wkB unzulässig
Auch wenn die knapp 800 gültig eingereichten Unterschriften der Bürgerinitiative Wissen für die Durchführung eines Bürgerbegehrens gegen den Entscheid des Stadtrates vom 10. Februar ausgereicht hätten, ändert dies nichts an der Tatsache, dass der rheinland-pfälzische Landesgesetzgeber zwischenzeitlich die wiederkehrenden Beiträge für den Straßenausbau eingeführt hat. So entschied der Stadtrat mehrheitlich, dass das eingereichte Bürgerbegehren unzulässig sei.
Wissen. Bei der Stadtratsitzung im Kulturwerk Wissen am Dienstag (30. Juni) lag das Hauptaugenmerk auf der Entscheidung, ob das von der Bürgerinitiative Wissen (BI) eingereichte Bürgerbegehren gegen die Einführung der wiederkehrenden Straßenbaubeiträge (wkB) in der Stadt Wissen zulässig sei. Aufgrund der Corona-Richtlinien hatte man die Bestuhlung für rund 80 Gäste vorgesehen, wovon noch einige Plätze frei blieben.
Rückblick
Mittels fristgerecht zum 21. April bei der Verbandsgemeindeverwaltung eingereichter Unterschriftenliste mit insgesamt 791 gültigen Unterschriften, hatte die BI den notwendigen Schwellenwert übertroffen und die formalen Anforderungen für das Bürgerbegehren erfüllt.
Dann trat jedoch Anfang Mai das neue Kommunalabgabengesetz (KAG) der Landesregierung in Kraft, das die wiederkehrenden Beiträge im Straßenausbau als Regel in Rheinland-Pfalz einführte. Bis dahin hätte die Durchführung des Bürgerbegehrens mit der Überschrift „Bürgerbegehren gegen die Einführung der wiederkehrenden Ausbaubeiträge in Wissen“ auch gute Chancen zur Umsetzung gehabt. Durch die neue Gesetzgebung jedoch wurde das in der vorliegenden Form eingereichte Begehren nach Meinung des Rathauses überholt. Zur weiteren Gesamtbewertung wurden von der Verwaltung Stellungnahmen des Gemeinde- und Städtebundes RLP, der Kommunalaufsicht der Kreisverwaltung Altenkirchen und auch bei dem von der Stadt Wissen beauftragten Rechtsanwaltsbüro in Koblenz eingeholt.
Wenn auch mit teilweise unterschiedlichen Begründungen, kamen alle beteiligten Stellen wie auch die Wissener Verwaltung zu dem Ergebnis, dass Zulässigkeitsbedenken gegen das Bürgerbegehren in seiner jetzigen Form bestehen. In einem persönlichen Gespräch informierte Bürgermeister Michael Wagener gemeinsam mit Stadtbürgermeister Berno Neuhoff die Vertreter der BI über das Ergebnis der rechtlichen Prüfung und baten die BI darum, gemeinsam mit ihrem Rechtsbeistand die rechtlichen Hinweise zu bewerten und gegebenenfalls nochmals auf die Verwaltung und die Stadt zuzukommen.
Keine Rücknahme des Begehrens, daher Beschluss des Stadtrates notwendig
Da seitens der BI keine formelle Rücknahme des Bürgerbegehrens erfolgte, oblag es nun am Dienstagabend (30. Juni) dem Stadtrat unter Einbezug der vorliegenden Informationen und nach Anhörung der BI-Vertreter über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden.
Bürgermeister und damit Noch-Verwaltungschef Michael Wagener äußerte dazu an seinem letzten Arbeitstag vor seinem Ruhestand: „Ein Begehren, das dem KAG widerspricht, ist problematisch“ und führte weiter aus, der Stadtrat könne nicht gegen die wkB sein.
In einer etwa 70-seitigen Präsentation gingen André Kraft und Edmund Tripp von der BI unter anderem auf den „Weg zum Bürgerbegehren“ ein, betonten, das Begehren sei so schlicht und einfach mit Hilfe des Vereins „Mehr Demokratie e.V. formuliert worden und erinnerten an den letztmöglichen Stichtag, den 31. Dezember 2023, für die Einführung der wkB. Nach BI-Meinung sei das Bürgerbegehren somit zulässig und nicht gesetzeswidrig.
Im Falle einer Entscheidung des Stadtrates gegen das Begehren werde die BI eine Klage beim Verwaltungsgericht anstreben. Hierfür habe man bereits die volle Kostenübernahme des Landes Rheinland Pfalz zugesagt bekommen. Zudem führte Kraft am Ende der Präsentation an, bei den vorliegenden Stellungnahmen handele es sich um „Gefälligkeitsgutachten“. Dies wies der Volljurist Wagener deutlich zurück. Er wiederholte, dass das Begehren inhaltlich durch die Gesetzeslage überholt wurde, es ihm auch Leid tue um die viele geleistete Arbeit der BI und er riet dem Gremium des Stadtrates erneut, auch aufgrund der vorliegenden Gutachten das Begehren als unzulässig anzusehen.
Entscheidung fällt: „Bürgerbegehren unzulässig“
Karin Kohl (Bündnis90/Grüne) und Joachim Baldus (SPD) sprachen sich zu den vorliegenden Erkenntnissen, die nach ihrem Dafürhalten kein eindeutiges Ergebnis aufweisen, für die Zulassung des Bürgerbegehrens aus. FWG und CDU dagegen schlossen sich der Meinung der Verwaltung und der Gutachter an und Sebastian Papenfuß (CDU) erläuterte: „Wir als CDU Stadtratsfraktion Wissen entscheiden nicht gegen ein geltendes Landesgesetz!“ Dem fügte Neuhoff hinzu, „Wissener Landrecht“ könne nicht über dem Landesgesetz stehen und er dankte Wagener nochmals für seine kluge Beratung und seinen Einsatz in der Sache bis hin zum letzten Arbeitstag.
Am Ende wurde mehrheitlich mit den Stimmen von CDU und FWG beschlossen, dass das vorliegende Bürgerbegehren unzulässig ist und somit bleibt es bei dem am 10. Februar getroffenen Beschluss, die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge in Wissen einzuführen. Auf den Stadtrat kommt demnach einige Arbeit zu, denn die Satzung zur beschlossenen Einführung der wkB muss jetzt ausgearbeitet werden.
Weitere Informationen aus der Stadtratssitzung
Zu Beginn der Sitzung gedachten die Teilnehmer des am 3. Mai 2020 verstorbenen ehemaligen Mitgliedes des Stadtrats, Heinz-Theo Weitershagen.
Nach der Schließung der ärztlichen Bereitschaftspraxis in Wissen zum 1. Juli wird Bürgermeister Neuhoff weitere Gespräche in Mainz anstreben.
Von einem Bürger wurde bemängelt, dass in den neu gestalteten Steinbuschanlagen die Erinnerungskultur gestört sei, da die Denkmäler von Kindern und Jugendlichen als Kletterelement genutzt würden. Neuhoff erläuterte, dass bereits Schilder mit Hinweisen in der Anlage angebracht wurden und man bat um Beachtung und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger.
Bei Altbürgermeister Michael Wagener, der nun ab dem 1. Juli in den Ruhestand geht, bedankten sich allen Fraktionen und Bürgermeister Berno Neuhoff nochmals mit viel Respekt, überreichten Präsente und wünschten alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. (KathaBe)
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