Altstadt-Brücke in Wissen zeugt von bewegter Vergangenheit
Noch in diesem Jahr soll die Erneuerung der Wissener Siegbrücke (L 278) abgeschlossen sein, so dass der Verkehr hier wieder fließen kann. Aber auch die alten ehemaligen Brücken in der Altstadt sind geschichtsträchtig. Erstmals auf einer Skizze aus dem Jahr 1590 ist die „Alte Zollbrücke“ eingezeichnet.
Wissen. Am Samstag, 22. August findet in Wissens Altstadt eine Brückenbaustellen-Besichtigung mit dem Landesbetrieb Mobilität Diez statt. Das dürfte allein technisch und von der Ingenieurleistung eine interessante Führung werden. Doch auch der Blick von der Neuzeit in die Vergangenheit der Brücken über die Sieg zeigt sich geschichtsträchtig und äußerst interessant. Für Vollständigkeit und Richtigkeit kann keine Gewähr übernommen werden, da die Informationen aus verschiedenen Büchern, Wissener Beiträgen und Erzählungen zusammengetragen wurden.
Zollbrücke: Starker Eisgang zerstört die Brücke fast vollständig
Für lange Zeit muss die Alte Zollbrücke in Wissen flussauf und flussab über weite Strecken die einzige Brücke über die Sieg gewesen sein. Aber schon bevor es die Brücke gab, war die Verbindung unter der Bezeichnung „via regia“ von Süden nach Norden bekannt. Sie führte von Hachenburg kommend über die Köttinger Höhe als Verlängerung der heutigen Marktstraße zur Sieg. Dort durch eine Furt hinein in das Land der Wildenburger, rechts der Sieg.
Die Brücke selbst ist erstmals auf einer Skizze aus dem Jahr 1590 zu sehen. Mit der Zeit kam sie in die Jahre: 1654 wird der schlechte Zustand des aus sechs gemauerten Bögen bestehenden Bauwerks in einem Schreiben der von Hatzfeldt zu Schönstein und Wildenburg an den Kurfürsten von Köln aufgezeigt. Dies belegt zudem, dass es die Brücke schon vor dem dreißigjährigen Krieg gab.
Weitere rund 130 Jahre später macht die Brücke wieder von sich Reden und dies stellt erst einmal das „Aus“ der Brücke dar: Im Winter 1783/1784 muss es sehr kalt und eisig gewesen sein. Dem starken Eisgang, der erschwerend auch aus den kleinen zufließenden Nebenflüssen kam, konnte die Brücke Anfang 1784 nicht mehr standhalten – bis zur Unbrauchbarkeit zerstört stand eine Wiederverwendung in Frage, da selbst die aus Bruchstein bestehenden Strompfeiler stark beschädigt waren. Wegen Geldmangel und Streitigkeiten darüber, wer den Bau der neuen Brücke bezahlen solle (Wildenburg oder Schönstein) wurde die Brücke vorerst nicht erneuert. Bei Niedrigwasser nutzte man wieder die alte Furt. Erschwerend hinzu kam der verheerende Brand in Wissen im Jahr 1788. Bis auf wenige Häuser waren alle zerstört, die finanzielle Lage und die Gesamtsituation wurden so noch schwieriger. Neben der Furt wurde zwischenzeitlich für den Personenverkehr ein Kahn oder ein kleines Boot eingesetzt, das „Schiff auf der Sieg“. Erst 1801, also 17 Jahre später, entschied die königliche Regierung zu Koblenz, die Brücke von „Landeswegen“ wieder aufzubauen. Zudem sollten die Schönsteiner und die Wildenburger den Rest der Kosten jeweils zur Hälfte tragen. 1802 erfolgte die Abrechnung der dann neu erstellten Zollbrücke. 1852 erhielt sie nochmals einen neuen Belag.
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Wegegeld erst 1843 abgeschafft
Während ihres Bestehens wurde Zoll bzw. ein Brückengeld am Alten Zollhaus erhoben, womit bisweilen auch die Erhaltungskosten der Brücke gedeckt werden sollten. Bis 1803 befand sich an der alten Brücke eine kurkölnische Zollstation. Mit dem Übergang der Rheinprovinzen in das preußische Königreich entfiel 1814 die alte Zollgrenze.
Doch noch im Jahr 1820 zahlte zum Beispiel ein Reiter sechs Pfennig und für einen beladenen Karren einen Silbergroschen und sieben Pfennige Brückengeld. Befreit von Abgaben waren u.a. Bürger der Bürgermeisterei Wissen und Friesenhagen bei Überführung von Landesprodukten, Wege- und Polizeibeamte in Dienstausübung sowie preußische Militärpersonen in Uniform. Obwohl schon 1838 die Erhebung des Wegegeldes verboten war, wurde es in Wissen teils noch erhoben. Erst im März 1843 wurde es gänzlich abgeschafft, nachdem die preußische Regierung erneut auf das Verbot hingewiesen hatte.
Brückenfundament beim heutigen Gasthof Steilen erinnert an alte Zeiten
Wie dem Heimat-Jahrbuch aus 1985 zu entnehmen ist, hatte die Alte Zollbrücke 1865 ausgedient, als durch das Wisserbach-Tal Richtung Morsbach eine neue Straße gebaut wurde. Im Zuge des Straßenbaus entstand etwa 100 Meter flussabwärts eine neue Brücke. Die Zufahrt zu dieser Brücke erfolgte über die Verlängerung der Siegstraße beim Gasthof „Steilen“ (Old Bakery), wo man noch heute das alte Brückenfundament am Hang zur selbigen Gaststätte erkennen kann. 80 Jahre lang hatte diese Brücke Bestand, doch im April 1945, in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges, wurde die Brücke von deutschen Truppen gesprengt. Der verzweifelte und unnütze Widerstand sollte das Überschreiten der einfallenden Alliierten verhindern.
Nach der Sprengung legten die Amerikaner am 6. April 1945 unter Beschuss durch ein deutsches Regiment eine Pontonbrücke an der Oberförsterei (Altes Zollhaus). Da sie bald zu klein war, richtete man über die gebliebenen Teile der gesprengten Brücke provisorisch einen Überbau. Während einer Probefahrt mit einem Panzer stellte sich die improvisierte Brücke als zu schwach dar und der Panzer stürzte in die Tiefe. Ein amerikanischer Soldat kam dabei ums Leben.
Zeitungsartikel kündigt 1955 Neubau an
Jahrelang behalfen sich die Wissener nach dem 2. Weltkrieg mit einer Behelfsbrücke – für nur zwölf Tonnen und mit maximal zehn Stundenkilometern zugelassen. Ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1955 kündigte endlich den lang ersehnten neuen „Siegbrücken-Bau“ in der Altstadt an. Seit 1957 floss der Verkehr dann über die neue Brücke, die im vergangenen Jahr nach rund 62 Jahren aufgrund baulicher Mängel fast gänzlich abgerissen wurde.
Die derzeitigen Erneuerungsarbeiten werden voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein, so dass diese neue Brücke dann für den Verkehr wieder freigegeben wird (KathaBe)
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