Flächennutzungsplan für neue VG ist „höchst sensibles“ Thema
Die Fusionen von Verbandsgemeinden ziehen einen Rattenschwanz an bürokratischem Aufwand nach sich, den die Öffentlichkeit erst dann wahrnehmen kann, wenn Gremien beispielsweise über neue Satzungen oder Gebührenordnungen entscheiden. Vielfach ist es nicht damit getan, nach dem Motto "Aus 2 mach 1" zu verfahren.
Altenkirchen. Die Hochzeit der beiden Verbandsgemeinden Altenkirchen und Flammersfeld liegt schon einige Monate zurück, aber noch ist lange nicht alles auf einen gemeinsamen Nenner gebracht worden. Das geschieht Stück für Stück, hat der Gesetzgeber Fristen gesetzt, bis wann was den neuen Verhältnissen angepasst worden sein muss. So lassen sich Dinge im Handumdrehen und ohne viel Aufwand zuschneiden (siehe die vor wenigen Wochen verabschiedete Satzung über die Vergnügungssteuer), andere wiederum bedürfen eines immensen Aufwandes über Jahre hinweg und kosten darüber hinaus Geld. Nicht nur die Angleichung der Entgelte und Gebühren im Wasser- und Abwassersektor, sondern auch die Zusammenführung der beiden Flächennutzungspläne ist ein Unterfangen, das einen langen Zeitraum in Anspruch nehmen wird. Vor diesem Hintergrund sieht das Landesgesetz über die Fusion als Inkrafttreten der neuen vorbereitenden Bauleitplanung den 1. Januar 2028 vor. Mit diesem Stichtag verlieren die beiden Vorgängermodelle jeweils ihre Gültigkeit.
Gesetzliche Vorgaben
"Wir müssen einen neuen Flächennutzungsplan aufstellen. Das sind gesetzliche Vorgaben, wie sie in der Gemeindeordnung dargelegt sind", sagt Altenkirchens Bürgermeister Fred Jüngerich, "wir führen beide, noch aktuellen Pläne im Prinzip zusammen, müssen aber bedenken, dass der Nachfolger mindestens 20 bis 30 Jahre gelten wird, und deswegen sehr vorausschauend an die Sache herangehen." Die Konsequenz: Einfach beide Versionen ausschneiden und aneinander kleben, ist nicht Sinn und Zweck der Übung. "Wir sind bestrebt, die Planungsleistung für die Erstellung eines Entwurfes im ersten Halbjahr des kommenden Jahres zu vergeben", ergänzt er. Die Verbandsgemeinde muss sich zuvor die Dienste eines Beratungsunternehmens sichern, weil die Suche eines Planers eine europaweite Ausschreibung erfordert, das sei ähnlich wie beim Bau des neuen Hallenbads. Der Berater, so Jüngerich, soll in Kürze beauftragt werden, die ersten Schritte in die Wege zu leiten. Der Kostenansatz beträgt bis zu rund 600.000 Euro, die nicht über einen Kredit finanziert werden dürfen, sondern gedeckt werden müssen mit dem Geld, das die Umlage in die Kasse der VG spült, also von den Finanziers der Verbandsgemeinde, den 67 Ortsgemeinden (ab 1. Januar 2021 nach der Fusion von Neitersen und Obernau ), stammt. "Wir müssen dieses Vorhaben auch deshalb extern vergeben, weil es sehr, sehr komplex ist", fügt er an.
Langer Weg bis zur Absegnung
Liegt der Entwurf erst einmal vor, tritt er seinen immens langen Weg durch die Gremien an. Da muss der Aufstellungsbeschluss erfolgen, die Träger öffentlicher Belange werden um Stellungnahmen gebeten, es gilt, die Bürgerbeteiligung sicherzustellen. Die Ortsgemeinderäte haben über die Studie zu befinden, weil auch ihre Vorstellungen in das Werk einfließen. Wie bei der Fusion ist eine Hürde eingebaut. Erst wenn mehr als die Hälfte der Ortsgemeinden, die mehr als zwei Drittel der Einwohner beherbergen, jeweils ihr Okay gegeben haben, kann der neue Flächennutzungsplan, ein positives Votum des Verbandsgemeinderates natürlich ebenfalls vorausgesetzt, in Kraft treten, der, im Gegensatz zu einem Bebauungsplan, keine Satzung ist.
"Höchst sensibles Thema"
Allgemein spricht Jüngerich von einem "höchst sensiblen" Thema. Das sei umso verständlicher, denn nach Verabschiedung ist "vieles auf lange Zeit festgelegt". Für ihn steht außer Frage, dass wahrscheinlich nicht alle Wünsche, die von den Ortsgemeinden geäußert werden, verwirklicht werden können. "Da werde ich vielen auf die Füße treten", ist er sich bereits vom dem Start des mehrjährigen Prozesses sicher. Es gelte zu hinterfragen und zu definieren, was die Region an baulicher Weiterentwicklung - sowohl im Wohnungs- als auch im Gewerbebereich - benötige und wie viel sie vertrage. Im Vorfeld müssten sich die Ortskerne angeschaut, Leerstände und am Rand der Dörfer gelegene Baugebiete betrachtet werden. Das führe zum Ansatz, "wie unsere Dörfer in 20 Jahren aussehen sollen. Wir haben bereits vieles an Infrastruktur, und wir haben natürlich auch eine Verantwortung für nachfolgende Generationen". Der neue Flächennutzungsplan ermögliche es zudem, Gebiete wie die Industrieansiedlungen in den vier großen Gemeinden Altenkirchen, Weyerbusch, Flammersfeld und Horhausen zu vergleichen, Gewerbeansiedlungspotenzial zu erkennen. "Mit dem neuen Plan haben wir eine Gesamtschau der Verbandsgemeinde auf einen Blick, wobei die Eckpfeiler aus den alten übernommen werden", erläutert Jüngerich, macht zugleich deutlich, dass in den Außenbereichen der Ortsgemeinden erhebliche Veränderungen im Gange seien: "Unser Wald wird ein komplett anderer werden. Wann hat es ein Fichtensterben in diesem Ausmaß schon einmal gegeben?".
Planungsstand übernommen
Ein wenig einfacher hatte es die Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf, die am 1. Juli 2014 aus der Alt-Verbandsgemeinde Daaden und der verbandsfreien Stadt Herdorf entstand. Per einfachem Beschluss des Verbandsgemeinderates wurde der Herdorfer Planungsstand in den Daadener übernommen, wie der Büroleiter der Verbandsgemeindeverwaltung, Helmut Stühn, darlegt. Eine komplette Neuaufstellung sei nicht erforderlich gewesen. Eine solche ist in der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain (Heirat am 1. Januar 2017) noch nicht in Angriff genommen worden. "Wir werden jetzt bald beginnen", verdeutlicht Martin Schäfer als Leiter des Fachbereiches 3 (Bauen) in der Verbandsgemeindeverwaltung. (hak)
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