Baptistengemeinde äußert sich zu Corona-Infektionen nach Gottesdienst
Corona-Infektionen sind weiter auf dem Vormarsch im Kreis Altenkirchen: Nach Angaben des Gesundheitsamtes liegt die Sieben-Tage-Inzidenz am Montag, 19. Oktober, bei 86,6 nach 75 am Sonntag. Das AK-Land befindet sich also weiterhin in der Warnstufe Rot. Noch sind keine Einschränkungen für das öffentliche Leben geplant.
Altenkirchen. 114 positive Fälle aktuell: Die Zahl der mit Covid-19-infizierten Menschen ist in den zurückliegenden 24 Stunden im AK-Land um 11 auf nunmehr 392 in der Summe gestiegen. Die neuen positiv Getesteten waren allesamt Teilnehmer des Traugottesdienstes der evangelischen Baptistengemeinde Altenkirchen. Das Gesundheitsamt des Kreises verweist auf weitere Tests von Kontaktpersonen der Infizierten, die derzeit genommen werden. Seit Ausbruch der Pandemie starben zwischen Willroth und Niederschelderhütte 12 Menschen an und mit Corona.
Hygieneregeln eingehalten
"Ich bin froh, dass ich einiges richtig stellen kann": Waldemar Leder, Vorsitzender der evangelischen Baptistengemeinde Altenkirchen, schien auf diesen Anruf des AK-Kuriers förmlich gewartet zu haben, um die aus seiner Sicht relevanten Fakten rund um den Corona-Ausbruch darzulegen. Bei dem "Traugottesdienst" (und nicht Hochzeit) im Bethaus in der Frankfurter Straße in Altenkirchen seien die Hygieneregeln eingehalten worden, rekapitulierte er das Geschehen vom 10. Oktober, er sei zwar nicht Organisator gewesen, habe sich aber die Veranstaltung angesehen. "Auch beim Verlassen des Gebäude wurde auf Abstand geachtet, die Ordner haben dafür Sorge getragen", ergänzte Leder, "der Traugottesdienst ist nur der Grund für die Testungen gewesen, die Menschen waren vorher schon erkrankt. In unseren zahlenmäßig großen Familien mit teils drei Generationen kann sich Corona schnell ausbreiten, und man hat schnell eine große Anzahl an Infizierten."
Leichte Grippe mit Schnupfen
Keiner habe, so Leder, aufgrund leichter Symptome die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es sich um Covid-19 hätte handeln können: "Vielfach wurde eine leichte Grippe mit Schnupfen vermutet. Und es ist auch geraten worden, dass diejenigen zu Hause bleiben sollten." Darüber hinaus sei der Traugottesdienst in drei Abschnitten vollzogen worden: die eine Gruppe sei morgens, die nächste mittags und die dritte abends da gewesen. "Nach jeder Gruppe sind Teilnehmer auch wieder abgereist", erläuterte Leder, "es waren nicht so viele auf einen Schlag anwesend." Insgesamt, so schätzte er, waren rund 250 Gäste über den Tag verteilt bei dem Treffen. Leder selbst befindet sich mit seiner Familie in Quarantäne, weil drei seiner neun Kinder positiv getestet wurden. Er vermutet stark, dass eine seiner Töchter das Virus mindestens einmal weitergegeben habe. "Mädchen sind halt sehr oft sehr eng zusammen." Und er glaubt zu wissen, dass sich seine Tochter in der Schule und wenige Tage vor der unterrichtsfreien Zeit angesteckt habe. "Ich bin echt froh, dass die Ferien gekommen sind", zeigte er sich erleichtert im Hinblick auf die Möglichkeit einer durchaus noch höheren Zahl an Infizierten, die sich ohne die Herbstferien hätte ergeben können. Inzwischen habe sich eine ablehnende Haltung gegen Mitglieder der Gemeinde eingestellt, berichtete Leder. "Unseren Leuten sieht man an, wohin sie gehören". In der Stadt sei eine Frau, die nicht am Traugottesdienst teilgenommen habe, "schief angeguckt worden".
Gottesdienste nur noch via Skype
"Aufgrund zahlreicher Erkrankungen" sind seit dem 12. Oktober wieder alle Gottesdienste im Bethaus abgesagt. Sie werden nur noch online ausgestrahlt. Jeder Prediger nehme seine Worte zuhause auf, sende sie an eine zentrale Stelle, in der sie dann geschnitten und zusammengestellt würden. Auch die Mennoniten-Brüdergemeinde Altenkirchen habe die "Handbremse" gezogen und biete Online-Gottesdienste an. Am 16. März war in der Baptistengemeinde schon einmal komplett auf die Übertragung via Skype umgestellt worden. Je nach Vorgaben des Gesetzgebers, was die Teilnehmerzahl betraf, seien die Gottesdienste im Bethaus wieder angelaufen. "Wir haben viele kleine Gruppen gebildet", blickte Leder zurück. Laut seiner Aussage gehören der evangelischen Baptistengemeinde Altenkirchen 600 Menschen (300 Erwachsene und 300 Kinder) an.
"Überschwappen" verhindern
Altenkirchens Bürgermeister Fred Jüngerich stufte die Lage mit diesen Worten ein: "Die bisherige gute Quote im Landkreis Altenkirchen verdanken wir dem vorbildlichen Verhalten der Menschen, die hier leben und arbeiten. Glücklicherweise lässt sich der Anstieg der infizierten Menschen im Landkreis und somit der Inzidenzzahl auf ein eingrenzbares Ereignis in Altenkirchen zurückführen." In einem Atemzug appellierte er: "Wir müssen nun alles daran setzen, ein ,Überschwappen' in andere Lebensbereiche zu verhindern. Insoweit sind auch die Mitglieder der Baptistengemeinde massiv gefordert."
An die AHA-Regeln halten
"Der aktuelle Corona-Ausbruch zeigt uns allen, wie wichtig es ist, sich an die AHA-Regeln zu halten. Gemeinsam sollten wir den Respekt vor dem Virus und die gegenseitige Rücksichtnahme nicht verlieren", betonte Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt in einem Statement. Viele Menschen seien betroffen, und entsprechend emotional werde über den Corona-Ausbruch diskutiert. Er stellte heraus: "Manche Äußerungen erschrecken mich. Auch in Krisen müssen wir unsere Offenheit und Menschlichkeit behalten, die Altenkirchen zu einem lebenswerten Ort machen." (hak)
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