Gedenken zur Pogromnacht: Kleiner Teilnehmerkreis, große Worte
Von Daniel-David Pirker
Den Betzdorfer Opfer des Nazi-Rassenwahns wurde wieder an der Gedenkrosette gedacht. Corona-bedingt fand die traditionelle Kranzniederlegung anlässlich des Gedenktages zur Pogromnacht im kleinen Rahmen statt. In den Reden ging es auch um die Verantwortung der heutigen Deutschen und aktuelle Krisen.
Betzdorf. „Wir heutigen Deutschen sind als Personen nicht schuldig, aber wir haben die politische Erbschaft der Schuldigen zu tragen, hierin liegt unsere Verantwortung.“ Diese Worte stammen aus einer Rede Helmut Schmidts, die der damalige Bundeskanzler 1977 im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz gehalten hatte. Gerd Bäumer vom Betzdorfer Geschichtsverein zitierte sie anlässlich des traditionellen Gedenkens zur Pogromnacht.
Am 9. November hatte der Terror gegen jüdische Bürger auch in der Sieg-Heller-Stadt seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: Nicht nur zahlreiche Fenster von jüdischen Häusern und Geschäften wurden zerstört. Auch der jüdische Gebetsraum wurde geplündert und beschädigt.
Wie seit vielen Jahren legten Vertreter der Stadt, der Jusos (in der SPD) und der Grünen Kränze nieder an der Gedenkrosette am Übergang Viktoriastraße/Bahnhofstraße.
Erstmalig war man nur im kleinen Kreis aufgrund der Corona-Lage zusammengekommen, wie Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer bei der Begrüßung erklärt hatte. Der 9. November sei ein Schicksalstag für Deutschland. Glück und Unglück lägen nah beieinander – Freude, aber auch Wut und Trauer. Angesichts der Gräueltaten der Nazis in der Pogromnacht weitete Geldsetzer den Blick auf die gesamte Region, im Besonderen Siegen.
Horst Vetter, der Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat, erinnerte an die aktuellen antisemitischen Tendenzen auf der Anti-Corona-Demo in Leipzig. Die Opfer, die dem Nazi-Rassenwahn zum Opfer fielen, mahnten, wohin Rassenwahn führen könne, weil man ihm nicht rechtzeitig entgegengetreten sei. „Die globalen Menschheitsbedrohungen, Coronakrise, die Klimakrise und die Krise des demokratischen Rechtsstaates bedrohen alle Menschen gleichermaßen“, so Vetter. Nur wenn sich die gesamte Menschheit als Schicksalsgemeinschaft betrachte, könne die Zukunft für die nachfolgenden Generationen gesichert werden. „Es liegt an uns“, so der Grüne abschließend.
Oder wie es Bundeskanzler Schmidt in der von Gerd Bäumer zitierten Rede formuliert hatte: Die Deutschen dürften die Zukunft nicht dem Zufall überlassen. Stattdessen gelte es, sie mit Mut, mit Umsicht zu gestalten. (ddp)
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