Raiffeisenturm am Beulskopf: Grundsätzliches Okay für einen Neubau
Er ist das Wahrzeichen des Großraumes Altenkirchen und ein beliebtes Ziel am Westerwald-Steig - mit einem aktuellen Manko: Der Raiffeisenturm auf dem Beulskopf ist seit dem 22. September wegen größerer Schäden nicht mehr zugänglich. Abriss des alten und Bau eines neuen: So sieht wahrscheinlich die Zukunft des touristischen Magneten aus.
Altenkirchen. Die Ortsgemeinde Heupelzen als Besitzer des Raiffeisenturms auf dem Beulskopf sieht seit Dienstagabend (8. Dezember) klarer, was die Zukunft ihres seit dem 22. September wegen größerer Schäden (verfaulte Querstreben) gesperrten Aushängeschildes angeht. Zunächst vergab der Rat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig den Auftrag für die Reparatur an die Firma BeWa GmbH aus Fluterschen, die dafür 8049 Euro in Rechnung stellen darf. Sie wird U-Eisen über den maroden Stellen anbringen und diese mit den intakten Streben verbolzen, erklärte Roland Müller vom Fachbereich Infrastruktur, Umwelt und Bauen der Verbandsgemeindeverwaltung.
Besteigungen wieder möglich
So wird gewährleitet, dass Besteigungen alsbald wieder möglich werden. Genau diesen Aspekt wollte Ratsmitglied Martin Baur nicht Realität werden lassen. Sein Antrag, der bei zwei Ja- und fünf Nein-Stimmen abgelehnt worden war, hatte darauf abgezielt, dass bis zur "Klärung eines Neubaus nur solche Sanierungen und solche Prüfungen durchgeführt werden, die unter der Voraussetzung erforderlich werden, dass der jetzige Turm nicht für Besucher begehbar ist". Explizit hatte Müller darauf hingewiesen, dass die faulen Diagonalstreben "die Windlasten nicht weiter in den Turm geleitet haben". Maximal "drei bis vier Jahre" räumte er noch für den Besucherverkehr ein. Eine Sanierung machte in seinen Augen keinen Sinn. Das hätte sich bei einem baugleichen Turm in Nümbrecht herausgestellt. Zudem sei auch das Dach kaputt. Die Bitumenplatten müssten ersetzt werden.
Fast ein Dutzend Zuhörer
Viel bedeutsamer war ein weiterer, im großen Saal des Altenkirchener Rathauses gefasster Grundsatzbeschluss mit fünf Ja- und zwei Nein-Stimmen, den fast ein Dutzend Heupelzer Bürger verfolgte: Die hölzerne Konstruktion soll als Neubau "wiedergeboren", die alte dann abgerissen werden. "Die Ortsgemeinde erkennt die überregionale Bedeutung des Raiffeisenturms an und stimmt grundsätzlich für einen Neubau. Der Ortsbürgermeister wird beauftragt, erste Planungsschritte einzuleiten. Die Standortfrage, einzelne Planungsschritte und die Finanzierung (welche Kostenanteile in der Ortsgemeinde verbleiben) werden in späteren Beschlüssen entschieden", lautete die leicht modifizierte Version, die Baur indes nicht weit genug ging. Er hatte vergeblich vorgeschlagen, den Zusatz "ob und wie der Neubau durchgeführt wird, ist von den zu erwartenden Kosten und der Klärung abhängig, welcher Kostenanteil bei der Ortsgemeinde verbleibt" in den Beschlussvorschlag aufnehmen zu lassen. Im Klartext: Wenn es zu teuer wird, wird der Turm nicht gebaut, hatte Baur hinzugefügt.
Mieteinnahmen dringend benötigt
Heupelzens Ortsbürgermeister Rainer Düngen ("Ich sehe keine Möglichkeit, den alten Turm zu erhalten") machte noch einmal deutlich, dass die Ortsgemeinde die Mieteinnahmen aus den Antennenverträgen in Höhe von rund 16.000 Euro im Jahr benötige. Dem stimmte Ratsmitglied Dirk Weigand zu: "Grundsätzlich wollen wir den Turm. Er ist attraktiv für die Region. Die Mieteinnahmen stellen einen großen Brocken für den Haushalt dar. Wir wollen mit einem starken Signal starten." Schon im Januar des kommenden Jahres will Düngen bei einem Treffen im Rathaus einen ersten Informationsaustausch mit Bürgermeister Fred Jüngerich und mehreren Fachabteilungen der Verwaltung organisieren. "Viele Schritte werden jetzt notwendig", erläuterte er und betonte, dass neben Jüngerich auch Landrat Dr. Peter Enders einen Neubau begrüße. Der Geschäftsführer des Westerwald-Touristik-Service, Christoph Hoopmann, bezeichnete in einem Schreiben den Raiffeisenturm als "eines der TOP POIs - Points of Interest - der Region Westerwald und für den Tourismus von maßgeblichen Wert".
Umzug auf den "Hinterkopf"?
Düngens erste Überlegungen für ein "Versetzen" kreisen um einen möglichen Standort auf dem "Hinterkopf" des Beulskopfs (logischerweise gibt es auch einen "Vorderkopf"), der rund 50 Meter vom "Methusalem" entfernt ist und achteinhalb Meter höher liegt. Vor einer Realisierung dieser Variante müsste eine weitere Hürde übersprungen werden. Das avisierte Gelände gehört den Waldinteressenten, von denen die Ortsgemeinde die erforderliche Fläche, die inzwischen so gut wie frei von Fichten ist, pachten müsste. Gespräche über diese Variante wurden noch nicht geführt.
Intensive Begutachtung
Rico Harzer, Prüf- und Diplom-Ingenieur für Standsicherheit aus dem Büro Alof & Harzer aus Betzdorf, hatte die Defizite bei einer intensiven Begutachtung, der ersten überhaupt, vor zweieinhalb Monaten festgestellt und sich für eine sofortige Schließung ausgesprochen, der die Ortsgemeinde umgehend nachgekommen war. Die Ortsgemeinde, der die Verkehrssicherungspflicht obliegt, macht sich einmal pro Jahr selbst ans Werk und beseitigt Schäden an Handläufen oder Treppenstufen. Sie kann auf geübte Handwerker aus dem Gemeinderat wie Schlosser und Schreiner zurückgreifen. So sind es nur Materialkosten, die im Schnitt mit bis zu 600 Euro zu Buche schlagen. Nach einer Sicht- im Jahr 2021 wird im Jahr 2022 wieder eine Hauptprüfung fällig. Laut Gutachter ist davon auszugehen, dass weitere, noch größere Schäden protokolliert werden müssen. Für einen Check dieses Umfangs werden erneut Kosten von rund 8500 Euro fällig. Mögliche Reparaturausgaben können noch nicht beziffert werden, dürften aber deutlich über den aktuellen liegen.
177 Stufen bis zur Plattform
Der Bau des Turms (Gesamthöhe 34,10 Meter), dessen drei Seiten alle gleich lang sind, begann mit den Erdarbeiten im Oktober 1989. Die Grundsteinlegung war im April 1990. An drei Tagen im Juni 1990 folgte bereits die Einweihung, so dass im Juni diesen Jahres der 30. Geburtstag gefeiert hätte werden müssen. Das Fest wurde zunächst einmal ins Jahr 2021 verschoben. Die Ortsgemeinde musste sich mit lediglich 12 Prozent an den Kosten beteiligen, wurde aber verpflichtet, die Unterhaltung sicherzustellen. Rund 270.000 Mark wurden ausgegeben. Das Land steuerte allein 105.000, der Kreis 60.000 Mark bei. Viele Spenden komplettierten den Etat. Das "Gerüst" wiegt rund 35 Tonnen, in die Bodenplatte flossen rund 165 Kubikmeter Beton. Der Hersteller hatte seinerzeit eine Standzeitgarantie von maximal 30 Jahren gegeben. Legendär sind zahlreiche Feste am Fuße der Struktur und die Läufe über die 177 Stufen bis unters Dach. Die Bestzeit wird laut Wikipedia mit 27,16 Sekunden angegeben. Erste Überlegungen eines Turmbaus reichen laut Birkenbeuler Schulchronik bis ins Jahr 1922 zurück. Letztendlich war es das sagenhafte Kohlenmeilerfest mit rund 25.000 Besuchern über drei Wochen im August 1986, das den finalen Push für die Errichtung der erhöhten Aussicht gab. Der Beulskopf ist die höchste Erhebung (388,2 Meter über NHN) der Alt-VG Altenkirchen. (hak)
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