Wasser wird im Raum Flammersfeld teurer - Erster Doppelhaushalt verabschiedet
Die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld steht - finanziell betrachtet - trotz Corona-Pandemie (noch) gar nicht so schlecht da. Der erste, defensiv geplante und einstimmig verabschiedete Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 lässt noch genügend Spielraum für umfangreiche Investitionen.
Altenkirchen. Das haben Jahresabschlusssitzungen lokaler Gremien in der Region oft so an sich. Sie bringen mit ihren Beschlüssen vieles auf den Weg. Für den Rat der neuen Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld bedeutete dies in der Sitzung am späten Donnerstagnachmittag (17. Dezember): Das Gremium verabschiedete einstimmig den ersten Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022, der garantiert, dass nach wie vor intensiv investiert werden kann. Der Umlagesatz für die Ortsgemeinden beträgt vom 1. Januar 2021 an nunmehr flächendeckend 44,5 Prozent, nachdem für die Gemeinden der Alt-VG Flammersfeld bis zum Jahresende noch 46,4 Prozent gelten. Die Differenz war eingeführt worden, um teure Kassenkredite, die mit in die Ehe eingebracht worden waren, zu tilgen, was inzwischen passiert ist. Für die Jahre 2023 und 2024, so erste Überlegungen, könnte sich eine Erhöhung auf 46 Prozent ergeben. Eine Steigerung um einen Prozentpunkt bedeutet ein Plus in der Kasse von rund 360.000 Euro. Die VG zahlt ihre Umlage an den Kreis in Höhe von 1,66 Millionen Euro (2021).
Investitionen auf hohem Niveau
In den kommenden beiden Jahren lenkt der Neubau des Hallenbades in Altenkirchen die intensivste Sicht auf die Investitionen (erste Zahlen jeweils 2021). Angesetzt sind 4 und 6,6 Millionen Euro. Für die neue Kindertagesstätte in Güllesheim sollen 1,0 und 1,3 Millionen Euro ausgegeben werden. Die Sanierung der Sporthalle der Pestalozzi-Grundschule in Altenkirchen verschlingt 400.000 und 560.000 Euro. Die Umsetzung des Hochwasservorsorgekonzeptes ist mit 210.000 und 250.000 Euro geplant. Unter dem Strich belaufen sich die Ausgaben aus der Investitionstätigkeit auf 9,1 und 10,0 Millionen Euro. Die Summen bedingen Kreditaufnahmen: 5,0 Millionen und 6,6 Millionen Euro. Dem Ansatz liegt ein Mehr bei der Gewerbesteuer um knapp 6 Prozent zugrunde, die Einnahmen in Höhe von 11,4 Millionen Euro zur Folge haben. Für die Jahre 2022 und 2023 sind zunächst Abschläge in Höhe von jeweils 5 Prozent ins Kalkül gezogen. Trotz kräftiger Tilgungen (bis 2024 zwischen 1,8 Millionen und 1,9 Millionen Euro) steigt die Verschuldung im Planungszeitraum von vier Jahren auf 38,5 Millionen Euro (29,7 Millionen Euro zum 31. Dezember 2020). Die Alt-VG Altenkirchen hatte 11,6 Millionen und die Alt-Flammersfeld 19,7 Millionen Euro zum "Hochzeitstag" bilanziert.
Kaum Gestaltungsspielräume
Bürgermeister Fred Jüngerich bezeichnete den Doppelhaushalt als "solide". Bei den Pflichtaufgaben gebe es kaum Gestaltungsspielräume. "Wir wissen auch nicht, wo die Reise hingeht als Folge von Corona-bedingten Einbrüchen", ergänzte er und bilanzierte: "Die ,Freie Finanzspitze' hält uns im Jahr 2021 mit 1,7 Millionen Euro am Leben. Sie ist jedoch kein Selbstläufer und wird schmelzen. Mit Sorgfalt und Weitsicht wird es uns gelingen, die eine oder andere finanzielle Hürde zu überspringen. Wir sind bislang vernünftig durch die Corona-Zeit gekommen." Für die CDU-Fraktion sprach Torsten Löhr von einem "soliden Zahlenwerk, in dem viele wichtige Aufgaben abgebildet sind". Frank Bettgenhäuser (SPD) erwähnte, dass die "Kredite hochgefahren werden müssen. Ja, es sind gute Kredite, die keine Finanzlücken decken, sondern Greifbares wie Gebäude entstehen lassen". Auf solide Füße gestellt sah Uwe Jungbluth von den Bündnisgrünen den Haushalt, verwies aber auch auf die "drastische Erhöhung der Verbindlichkeiten". Die tollen und sinnvollen Großprojekte seien den Anstieg allemal wert. Andrea Ackermann (FWG) lobte die Finanzplaner, denn die Entwicklung für die kommenden beiden Jahre sei schwer zu kalkulieren gewesen. Zudem verwies sie auf die Möglichkeit des Umlageanstieges auf 46 Prozent vom Jahr 2023 an. "Wir müssen aufpassen, dass uns der Schuldenberg nicht über den Kopf wächst", appellierte Dr. Johannes Noll für die FDP-Fraktion und bezeichnete den Bau des Hallenbades in Altenkirchen und den der Kita in Güllesheim als "Investitionen für die Bürger unserer Verbandsgemeinde".
Wasser in Alt-VG Flammersfeld wird teurer
Wirtschaftlich bedingt und nicht als Folge der Fusion müssen die Menschen in der Alt-VG Flammersfeld vom neuen Jahr an mehr für den Wasserbezug zahlen, wie die Zusammenkunft ebenfalls ohne einen einzigen Widerspruch befand. Der Preis für einen Kubikmeter des lebenswichtigen Elixiers klettert um 9 Cent von 1,84 auf 1,93 Euro und erreicht somit das Niveau der Alt-VG Altenkirchen. Die Grundgebühr für den Standardwasserzähler (betrifft rund 95 Prozent aller Geräte) klettert auf 160,50 Euro im Jahr. Das ist ein Plus von 37 Prozent (bislang 123,09 Euro). Auch die Messgeräte mit höherem Durchfluss werden teurer. "Wir müssen wieder in ein Fahrwasser kommen, das uns eine ,schwarze Null' beschert", verdeutlichte Jüngerich. Alle anderen Gebühren und Entgelte (auch im Abwasserbereich) ändern sich "hüben wie drüben" nicht. Der Grund für die Verteuerung ist das Minus laut Jahresabschluss für das Flammersfelder Wasserwerk in Höhe von rund 99.000 Euro. Würde nicht gegengesteuert, ergebe sich im Jahr 2021 bereits ein Verlust von 308.000 Euro. Alle anderen drei Betriebszweige (Wasser Altenkirchen; Abwasser Altenkirchen und Flammersfeld) schlossen, wie Wirtschaftsprüfer Dr. Harald Breitenbach (Mittelrheinische Treuhand Koblenz) bestätigt hatte, jeweils mit einem Gewinn ab. Die Verbandsgemeindewerke bleiben im kommenden Jahr nach wie vor ein potenter Partner auch heimischer Betriebe. Sie investieren knapp über 4 Millionen Euro in das rund 380 Kilometer lange Wasserleitungsnetz und rund 8,4 Millionen Euro ins Schmutzwasserbeseitigungssystem mit einer Länge von rund 600 Kilometern. Wichtige Projekte sind - Wasser: Erneuerung Leitung in Heupelzen (Hauptstraße) 350.000 Euro; Erneuerung Leitung in Altenkirchen-Honneroth (erster Bauabschnitt) 850.000 Euro und Erneuerung Leitung in Burglahr 380.000 Euro; Abwasser: Umbau der Kläranlage Hasselbach 700.000 Euro: Umbau und Erweiterung der Kläranlage Mehrbachtal 3,3 Millionen Euro und eine neue Schneckenpresse für die Kläranlage Peterslahr 425.000 Euro.
Stichtag 1. Januar 2023
Zeit ist eigentlich genug vorhanden: Noch bis zum 31. Dezember 2029 könnten die Verbandsgemeindewerke Gebühren und Entgelte getrennt nach den unterschiedlichen "Gepflogenheiten" der beiden Alt-VGs berechnen. Dieser Spielraum wird aber nicht ausgeschöpft. Schon vom 1. Januar 2023 an sollen zwischen Willroth und Helmeroth die Modalitäten identisch sein. "Wir wollten das nicht auf die lange Bank schieben, so erreichen wir eine Gleichbehandlung für alle Bürger", führte Jüngerich in seiner Vorbemerkung aus. Der wiederkehrende Beitrag Wasserversorgung (Deckung anteiliger Fixkosten) gilt flächendeckend. In der Alt-VG Flammersfeld entfällt die Grundgebühr (Wasserzähler). Der Schmutzwasserabzug wird auf 90 Prozent der bezogenen Wassermenge festgesetzt (schon die Regel in Flammersfeld, in Altenkirchen wurden 100 Prozent abgerechnet). Die Beiträge für Wasser und Abwasser werden nach dem Vollgeschossmaßstab ermittelt (bislang unterschiedliche Versionen des Geschossflächenmaßstabs in beiden Alt-VGs). Nunmehr wird die tatsächliche Grundstücksfläche ausschlaggebend. Das kommt Industrie- und Gewerbebetrieben zugute, die nach den Vorgängermodellen noch stärker zur Kasse gebeten werden. Die Abwicklung über den Vollgeschoßmaßstab befürwortet auch der Gemeinde- und Städtebund. Schließlich wird die Tiefenbegrenzung (ungeplanter Innenbereich) für die Erhebung der einmaligen und wiederkehrenden Beiträge für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung auf 35 Meter festgelegt (Alt-VG Flammersfeld hatte 40 Meter). Lediglich die Fraktion der Bündnisgrünen hätte gerne den Geschossflächenmaßstab beibehalten gesehen. Nur bei diesem Aspekt gab es bei 26 Ja-Stimmen und 4 Enthaltungen eine Gegenstimme, während alle weiteren Beschlüsse zur Umstellung ohne Widerspruch akzeptiert wurden.
Sportzentrum anders verrechnen
Die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und der Kreis Altenkirchen werden untereinander, so der einstimmige Wille der Zusammenkunft, die Kosten für das Sportzentrum Glockenspitze in Altenkirchen vom 1. Januar 2021 per neuer Vereinbarung "anders" abrechnen. Ruhte der Schwerpunkt des Verhältnisses mit 88:12 Prozent auf Seite des Kreises (Schulträger), so verschiebt es sich auf nunmehr 70:30 Prozent. Für die Verbandsgemeinde entstehen Mehrkosten in Höhe von rund 80.000 Euro im Jahr. Die Aufteilung gibt die Nutzung von Schul- und Breitensport wieder und war in der alten Fassung im Jahr 2016 nach einem Gespräch zwischen Altenkirchens damaligem Bürgermeister Heijo Höfer und dem ehemaligen Landrat Michael Lieber bestätigt worden. Per Übereinkommen war im Jahr 1978 rückwirkend zum 1. August 1973 geregelt worden, dass die Schulsportanlagen aus dem Schulzentrum des Kreises aus- und in das Sportzentrum in Trägerschaft der Alt-VG Altenkirchen eingegliedert wurden. Zu den Anlagen zählen die Großsporthalle, die Zweifachsporthalle (seit 1993), das Stadion, der Kunstrasenplatz (damals noch Tennenplatz), die Parkflächen parallel zum Hallenbad und die Buswendeplatte mit ihren Stellplätzen. Hintergrund des Änderungswunsches ist das Haushaltskonsolidierungskonzept des Kreises, der angeregt hatte, das "Abkommen" neu zu verhandeln, um Geld vor dem Hintergrund eines defizitären Haushalts zu sparen. Die Kosten für den Kreis, der von einem "Missverhältnis" sprach, rangierten in den zurückliegenden fünf Jahren zwischen 263.000 und 304.000 Euro. Die Zustimmung des anderen Vertragspartners gilt natürlich als sicher, steht aber noch aus, weil die für Montag (14. Dezember) geplante Kreisausschusssitzung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie nicht stattfand.
Weitere einstimmige Beschlüsse
Der "Bürgerbus", seit 2017 in Diensten der Alt-VG Flammersfeld, ist nun auch vom 1. Januar 2021 an in der neuen Groß-VG einsetzbar. Die Satzung über die Nutzung wurde überarbeitet. Er soll Menschen (Gruppen) mit eingeschränkter Mobilität die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen, wurde mit Mitteln der EU gefördert, steht nicht in Konkurrenz zu Taxen oder Mietwagen und darf nicht zu gewerblichen Zwecken genutzt werden. Die Mitglieder des Seniorenbeirates (Alt-VG Flammersfeld) erhalten für das Jahr 2020 eine Aufwandsentschädigung von je 14 Euro pro Mitglied und Sitzung (in 2020 13 Sitzungen). Damit wird an die "Tradition" des Raumes rund um Flammersfeld angeknüpft. Im nächsten Jahr ist die Neufassung der Satzung über die Bildung eines Seniorenbeirates vorgesehen. Auch die künftige Höhe der Aufwandsentschädigung soll dann beraten und festgelegt werden. Trotz neuen Anbaus verfügt die Glück-auf!-Grundschule in Horhausen nach wie vor nicht über genügend Räume. Deswegen wird die Verbandsgemeinde zwei Container, die sie angemietet hat und in Horhausen bereits vortrefflich ihre Aufgabe erfüll(t)en, nunmehr kaufen, um den Engpass Geschichte werden zu lassen. Rund 40.000 Euro kostet das Vorhaben. Jüngerich war bei einem Besuch der Schule von Rektorin Claudia Fels auf den Missstand hingewiesen worden. (hak)
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