VG-Bürgermeister Jüngerich: Wir sind gut zusammengewachsen
Wie schnell doch die Zeit vergeht! Bereits so gut wie ein Jahr sind die Verbandsgemeinden Altenkirchen und Flammersfeld verheiratet und in einer Groß-VG vereint. Der Verlauf dieser Premierenmonate war, anders als alle erwartet hatten, zu großen Teilen auch von der Corona-Pandemie bestimmt.
Altenkirchen. Das Jahr 2020, das erste in der Ehe zwischen der Verbandsgemeinde Altenkirchen und der Verbandsgemeinde Flammersfeld, hatten sich gewiss viele Menschen in den Gremien und den Verwaltungen ein wenig anders vorgestellt: Viele Monate galt es, mit der Corona-Pandemie zu arbeiten. Trotz nie gekannter Einschränkungen zieht Bürgermeister Fred Jüngerich im Exklusiv-Interview mit dem AK-Kurier rückblickend ein positives Fazit über die Zeit nach der "Trauung". Das Gespräch im Wortlaut:
Ein Jahr große VG: Wie ist der Stand bei der Zusammenführung der einstmals selbstständigen Verwaltungen?
Wir sind gut zusammengewachsen. Es mussten viele Fach- und Aufgabenbereiche zusammengeführt werden. Da aber bereits im Oktober des vergangenen Jahres der Umzug erfolgt ist, hatten die Kolleginnen und Kollegen schon vor dem kommunalen Zusammenschluss Zeit sich zusammenzufinden.
Aus Ihrer Sicht: Haben die Bürger - auch die des südlichsten Zipfels der neuen VG- die Ehe inzwischen verinnerlicht?
Ich hoffe doch! Es gibt natürlich einige Prozesse der verwaltungsseitigen und der politischen Angleichung, und daraus resultierend entsteht auch Diskussionsbedarf. Beispiel: die Angleichung der Gebühren und Beiträge bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung. Das hat Konsequenzen für den Bürger, daher kann ich verstehen, dass solche Folgen der Fusion auch kritisch hinterfragt werden. Ich besuche derzeit die Ortsgemeinderäte der früheren VG Flammersfeld. Mein Eindruck aus den Sitzungen ist, dass die Fusion durchweg positiv aufgenommen wird und die Menschen mit den Ergebnissen, die wir bis jetzt erreicht haben, zufrieden sind.
Wie stellt sich für Sie die Arbeit in den neuen Gremien dar?
Die neuen Gremien sind etwas größer. Dadurch, dass wir quartalsweise - also vor Beginn der sich vierteljährlich wiederholenden Ausschuss- und Ratssitzungen - die Fraktionsvorsitzenden- und Beigeordnetenbesprechungen durchführen, ist die politische Zusammenarbeit gut und vor allen Dingen transparent. Alle Themen werden offen kommuniziert.
Inwieweit hat sich Corona auf die Arbeit in der Verwaltung/in den Gremien ausgewirkt?
Wir hatten beispielsweise bei der Umsetzung des Digitalpaktes in unseren Grundschulen etwas Verzögerung. Gleiches gilt beim Neubau des Hallenbads. Wir warten nach wie vor auf Genehmigungen und Bescheide verschiedener Dienststellen, deren Erteilung sich verzögert. Ansonsten haben wir unsere Aufgaben gut umgesetzt. Wir sind im Soll, insbesondere bei unseren Investitionen, wie zum Beispiel beim Neubau der Sporthalle in Weyerbusch oder bei der Planung der neuen Kindertagesstätte in Güllesheim. Corona hat uns nicht „auf Eis gelegt“.
Wie ist es um das Arbeitsklima in den beiden Verwaltungsstandorten bestellt?
Wir haben zwar zwei Standorte, aber nur (noch) ein Rathaus, also eine Verwaltung. Man kann nicht mehr sagen: „Die Altenkirchener sitzen hier, und die Flammersfelder sitzen dort.“ Von Flammersfeld aus agieren die Verbandsgemeindewerke und das Ordnungsamt, und in Altenkirchen sind die übrigen Fachbereiche beheimatet. So wie ich es erlebe, ist das Miteinander sehr gut. Natürlich waren gewisse Verfahrensabläufe im Rathaus Altenkirchen anders als im Rathaus Flammersfeld. Die Unterschiede wurden im zu Ende gehenden Jahr weitestgehend ausgeglichen. Manches braucht eben Zeit.
Haben Sie inzwischen allen Räten der 68 Ortsgemeinden einmal einen Besuch abgestattet?
Ich habe seit meinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren alle 42 Räte (Sitzungen) der alten VG Altenkirchen besucht. Das Jahr 2020 habe ich genutzt, um bei den Ortsgemeinderatssitzungen der früheren VG Flammersfeld dabei zu sein. Derzeit bin ich bei knapp über der Hälfte (von 26). Ich bin corona-bedingt etwas in Verzug geraten, weil einige Sitzungen nicht stattfanden.
Sind die Dinge erledigt worden, die Sie sich vorgenommen haben?
Manches, was man sich vornimmt, ist kurzfristiger und manches langfristiger Natur. Die kurzfristigen Themen des Jahres 2020 waren viele Kleinigkeiten, das Tagesgeschäft eben. Hierzu zählt beispielsweise die Ablauforganisation des Rathauses, die durch die Fusion zum Teil modifiziert werden musste. Ich stehe in regelmäßigem Austausch mit den Fachbereichsleitern und Stellvertretern, der wichtig ist. Ebenso erfolgt die direkte Kommunikation auf der Sachbearbeiterebene. Strategisch, also langfristig, sind wir auch im Corona-Jahr 2020 weitergekommen, sowohl, was die weitere Optimierung unserer Infrastruktur (Schulen, Kitas, Wasserversorgung/Abwasserbeseitigung usw.) angeht, als auch hinsichtlich einer soliden Finanzplanung. Bei allem Bestreben um Innovation dürfen wir unser stabiles Finanzfundament nicht vernachlässigen. Die finanzielle Situation der VG für 2021 sieht noch dank weiterhin sprudelnder Gewerbesteuereinnahmen gut aus.
Erwarten Sie den großen Einbruch als Folge der Corona-Krise fürs Jahr 2022?
Wir wissen noch nicht, wie sich die Gewerbesteuereinbrüche im kommenden Jahr auswirken. Für dieses Jahr sieht es, auch dank einer vorsichtigen Haushaltsplanung, noch sehr gut aus. Das gilt gleichermaßen für die VG-Umlage, die sich noch positiv darstellt. Dauer und Intensität der Einschränkungen sind allerdings ungewiss. Daher können wir noch nicht abschätzen, wie sich die Gewerbesteuer bei den Ortsgemeinden künftig entwickelt und wie sich demzufolge im Folgejahr die Umlagesituation bei der Verbandsgemeinde darstellt. Die Verbandsgemeinde hat noch eine Rücklage, die aber spürbar in unsere Investitionen fließt. Mir ist es wichtig, im laufenden Geschäft nicht defizitär zu werden – Stichwort: Freie Finanzspitze! Die laufenden Einnahmen müssen ausreichen, um die laufenden Ausgaben und die Tilgungen der Investitionskredite zu leisten. Das hat oberste Priorität!
Ihre beruflichen Wünsche für 2021 sind...
Ich hoffe, dass die Corona-Pandemie bald abklingt und dass es nicht zu noch drastischeren Einschränkungen kommt, damit sich die bisherigen Folgen nicht noch mehr verschlimmern. Ich verstehe die Sorgen und Nöte der Menschen, die von Kurzarbeit oder gar Beschäftigungslosigkeit betroffen sind, und die der Selbstständigen. Auch wünsche ich mir, dass wir weiterhin so offen und ehrlich miteinander kommunizieren - sowohl auf politischer Ebene als auch im Rathaus. Ich bin froh, dass wir solch einen direkten Umgang miteinander haben. Das ist für unsere Verbandsgemeinde ein ganz großer Trumpf. (hak)
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