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Nachricht vom 23.12.2020    

SOS aus der Hachenburger Intensivstation – Appell eines Frontkämpfers

Von Daniel-David Pirker

Der Kollaps der intensivmedizinischen Versorgung im Januar? Vor diesem Schreckensszenario warnt der Leiter der Intensivstation im Hachenburger Krankenhaus auf Facebook. In dem Beitrag bietet Dirk Lang besorgniserregende Inneneinsichten und macht so die Folgen der Corona-Pandemie greifbar. Die Kuriere haben mit dem Insider über seinen mittlerweile viral gegangenen Bericht und Appell geredet.

In einem Facebook-Beitrag bietet Dirk Lang besorgniserregende Inneneinsichten und macht so die Folgen der Corona-Pandemie greifbar. (Fotos: privat/ Screenshot Facebook-Post)

Hachenburg/Region. Diese Zeilen haben einen Nerv getroffen. In einem Facebook-Post lieferte Dirk Lang, der Leiter der Intensivstation in Hachenburg, einen besorgniserregenden Frontbericht. Nun sei eine Situation eingetreten, die vorhersehbar gewesen sei: Die Kliniken seien an der Belastungsgrenze. Besonders belastet seien die Intensivstationen, schrieb Lang, der seit 28 Jahren genau dort arbeitet. Der Stationsleiter ist gut vernetzt in die Krankenhäuser im Westerwald und der weiteren Region wie Bonn und Koblenz, erklärt er den Kurieren im Gespräch. Seine Beschreibungen veranschaulichen also nicht nur die Situation im Westerwald. Und regen nicht unbedingt zur Entspannung an:

Der Anteil an intensivpflichtigen Patienten, die an Covid-19 schwer erkrankt seien, steige täglich und die Verweildauer auf den Intensivstationen könne mehrere Wochen betragen, warnte Lang auf Facebook. Brutal räche sich nun, „dass wir es nicht geschafft haben genügend qualifiziertes Personal vorzuhalten“, prangerte der Insider an. Die Versorgung von Corona-Patienten ist sehr aufwendig, wie der Stationsleiter weiter veranschaulichte. Und grundsätzlich müsse in der kalten Jahreszeit schon mit einem höheren Patientenaufkommen gerechnet werden, ergänzt er uns gegenüber.

Außerdem: Winter-bedingt falle Personal aufgrund von Krankheit erfahrungsgemäß öfter aus. Die Folge: Weniger Pflegerinnen und Pfleger müssten den Mehraufwand bewältigen. Und der scheint immens bei der Versorgung von Corona-Patienten zu sein, wie Dirk Lang im Internet auch für Laien verständlich erläuterte. Hinzu kommt beispielsweise auch die Umsetzung der Hygiene- und Schutzmaßnahmen.

Behandlung von Corona-Patienten fordert auch psychisch

Dirk Lang berichtet uns zwar, dass die Stimmung im Personal trotz der Belastung noch gut sei. Aber: Viele seien auch erschöpft. Kein Wunder angesichts der zahlreichen Überstunden, von denen der Stationsleiter erzählt. Die Kolleginnen und Kollegen leisteten sehr viel, viele sprängen auch am Wochenende oder für die Nachtschicht ein.

Ihn selbst belastet die Situation, sagt uns Dirk Lang. Und das liegt nicht nur an der umfangreichen Schutzkleidung, die er während seiner Arbeit tragen muss. Auch die Behandlung der Corona-Patienten fordert psychisch seinen Tribut. Der Stationsleiter berichtet uns von Menschen, die gegen größte Luftnot kämpfen. Trotz angestrengter Atmung schwinde die Sauerstoffversorgung im Blut. Selbst einige jüngere Infizierte unter 50 Jahren hätte sein Team versorgen müssen.



Seit rund drei Wochen seien zwei bis drei der sechs Intensivbetten im Hachenburger Krankenhaus mit Corona-Patienten belegt. Die Isolierstation sei ständig voll, sagt Dirk Lang. Der Impfstoff wecke zwar Hoffnungen, schrieb er in seinem Facebook-Post, aber: „es wird sehr lange dauern bis es zu einer Entspannung in den Kliniken kommt“. Im Gespräch mit den Kurieren spricht er von Monaten. Ein Benefit werde sich wahrscheinlich erst im ersten Quartal des nächsten Jahres bemerkbar machen.

Pflegenotstand wurde zu lange totgeschwiegen

Immerhin gebe es gegen Corona kein „wirkliches Medikament“. Die bisher eingesetzten Mittel linderten nur den Krankheitsverlauf, wie uns Lang erklärt. Von der Politik fühlt er sich in dem Post enttäuscht: „Das Problem ist jetzt nicht zu lösen, zu lange ist der Pflegenotstand in Deutschland totgeschwiegen worden. Noch im März gab es zahllose Versprechungen die ‚systemrelevanten‘ (ein unsäglicher Begriff) zu stärken. Nichts ist passiert!“

Umso kraftvoller fällt sein Appell an die Mitbürger aus: Die bekannten und relativ einfach umzusetzenden Maßnahmen müssten befolgt werden, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. „Vielleicht könnt ihr dazu beitragen dass es in den nächsten Wochen entspannter wird, Danke dafür...“, so die abschließende Aufforderung des Stationsleiters, die er uns gegenüber konkretisiert. Unbedingt müsse die Intensivversorgung aufrechterhalten und die Einteilung von Patienten nach der Schwere ihrer Krankheit (Triage) vermieden werden.

Bisher hat der Facebook-Aufruf laut Dirk Lang sehr viele positive Rückmeldungen hervorgerufen. Allein unter seinem Beitrag finden sich über 100 zustimmende Kommentare voller Dankbarkeit. Eine Nutzerin schrieb etwa: „Danke! Haltet durch und bleibt gesund! Es wird Zeit, dass ihr endlich erhört werdet in allen Belangen.“ (ddp)







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