Daadener Pfarrerin: „Nähe und Verbundenheit funktioniert auch auf Distanz!“
GASTBEITRAG | Für die meisten von uns stellt der Lockdown eine Herausforderung dar, die in der dunklen Jahreszeit noch mal stärker fordert. Wie können wir die für uns so wichtige Nähe und Verbundenheit trotz Distanz erleben? Die Pfarrerin der ev. Gemeinde in Daaden, Kirsten Galla, gibt in einem Gastbeitrag kreative wie tiefgründige Denkanstöße – und verdeutlicht dabei auch, wie Dankbarkeit, Rituale und neue Medien helfen.
„Jeden Abend kurz vor halb acht ruft mein Sohn an und hält dabei sein Telefon aus dem Fenster. So höre ich die Glocken ‚meiner‘ Daadener Kirche, obwohl ich so weit weg wohne… - „Es ist so tröstlich und schön, wenn ich um halb acht aus dem Fenster schau und hier im Dorf hinter vielen Fenstern eine Kerze sehe...“
Nur zwei der Eindrücke und Erlebnisse, die uns Menschen zukommen ließen, für die – ob nah oder fern – unser Abendgebet in Daaden etwas Besonderes bedeutet.
Als im März der erste Lockdown völlig unvorbereitet über uns alle kam, nahm eine anfangs spontane Idee bei uns in der Kirchengemeinde gewaltig Fahrt auf: „Wir wollen trotz der angeordneten Distanz verbunden bleiben– anders, aber intensiv!“
So erstellten wir für jeden Abend eine kleine Andacht mit Psalmen, Gebeten und Bibeltexten; verteilten sie über WhatsApp oder analog als kleines Heftchen. Rund 500 Menschen wurden so zu unserer Abendgemeinde.
Allabendlich riefen die Glocken der Barockkirche uns zusammen. Neben dem Geläut zeigten Kerzen in vielen Fenstern, dass wir uns gerade als Gemeinde an ganz vielen verschiedenen Orten zum Gebet versammeln. Es tat gut!
Mit dem Sommer kamen Zeiten des direkten Miteinanders, aber spätestens im November wurde klar, dass wir uns besser wieder auf „gesunde“ Distanz treffen - nun vereint zum „Abendgebet im Advent“.
Doch die Pandemie verhindert weiter persönliche Begegnung zu Weihnachten, zum Jahreswechsel und darüber hinaus. Deshalb treffen wir uns auch künftig weiter in unserer abendlichen Gebetsgemeinschaft bei Glockengeläut und Kerzenschein.
Ich persönlich erlebe in dieser Zeit viel Nähe und Verbundenheit. Glockengeläut und Kerzen sind hör- und sichtbare Zeichen der Verbundenheit, die mir und vielen Menschen Hoffnung und Trost geben.
Ich spüre, warum vielen Menschen das Abendgebet so wichtig war und ist: „Man weiß, dass viele Menschen an anderen Orten dasselbe tun wie man selbst, und ich bin Teil einer Gemeinschaft!“
Für das neue Jahr wünsche ich mir, dass wir in unserem täglichen Umgang miteinander – ob als Gemeinde, Familie oder Freundeskreise – die Freude an solchen „neuen“ Ritualen entdecken und genießen. Kleine Rituale, die unsere unruhigen Tage strukturieren und mit denen wir uns etwas Gutes tun. Als Hilfe, um die Zeit des Lockdowns zu meistern, der in der dunklen Jahreszeit noch mal stärker fordert.
Doch das regelmäßige Gebet ist für mich aber noch viel mehr als die auch geschätzte „Teestunde per Video“. Das Gebet schenkt mir Zeiten der Stille und Ruhe, in denen ich ganz bei Gott und bei mir bin.
Die biblischen Texte und die Gebete sprechen hinein in meine Gedanken, meine Fragen, Sorgen und Probleme. Sie eröffnen mir neue Blickweisen und lösen mich vom Kreisen um mich selbst. In Dank und Fürbitte nehme ich meine Mitmenschen, mein Leben und unsere Welt ganz anders wahr. Blicke nicht nur auf Schweres und Trauriges in dieser besonderen Pandemiezeit, sondern auch aufs Schöne - manchmal gerade in den kleinen und einfachen Dingen. Das macht mich dankbar – und manchmal auch sehr bescheiden.
Einen solchen Blickwechsel wünsche ich uns allen: Nicht nur auf das blicken, was uns gerade fehlt oder beschwert, sondern entdecken, dass wir jeden Tag neu reich beschenkt werden! (Pfarrerin Kirsten Galla, evangelische Kirchengemeinde Daaden)
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