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Nachricht vom 12.01.2021    

Vagusnervstimulation: mit High-Tech gegen Depressionen?

Fast jeder 5. Deutsche erkrankt im Laufe seines Lebens mindestens einmal an einer Depression (1). Nicht immer ist eine herkömmliche Therapie mit Psychotherapie und/oder Antidepressiva von Erfolg gekrönt.

Fotoquelle: pixabay.com

Die Vagusnerv-Stimulation (VNS) ist eine Methode, welche zur Behandlung von solchen therapieresistenten Depressionen zum Einsatz kommen kann.

Die Methode der Vagusnervstimulation ist am ehesten mit einem Herzschrittmacher vergleichbar. Elektroden stimulieren alle drei bis 5 Minuten für 30 Sekunden den linken Vagusnerv.

Der Vagusnerv verläuft den Hals hinauf Richtung Gehirn. Dort ist er mit Gehirnarealen verbunden, von denen man vermutet, dass sie an der Regulierung der Stimmungslage beteiligt sind.

Das Verfahren wird schon seit Längerem zur Therapie von Epilepsie erfolgreich eingesetzt. Mittlerweile ist es sowohl von der EU als auch von der FDA (in den USA) zur Therapie behandlungsresistenter Depressionen zugelassen. Unter bestimmten Umständen ist eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen möglich (2).

Je nach Schweregrad der Depression kann es bis zu mehrere Monate dauern, bis Betroffene mit dieser Behandlungsmethode eine Wirkung verspüren. Die Vagusnervstimulation hat eine gute Erfolgsquote, ist aber nicht bei jedem wirksam.

Der Vagusnerv
Der Vagusnerv durchläuft große Teile des menschlichen Körpers und verbindet Gehirn mit vielen wichtigen Organen des Menschen, z.B. Darm, Herz und Lungen. Er ist ein wichtiger Teil des parasympathischen Nervensystems. Eine Stimulation des Vagusnervs kann heilende Wirkung auf Körper und Psyche haben.

Es gibt unterschiedliche Methoden, mit denen man seinen Vagusnerv selbst auf natürliche Art und Weise stimulieren kann. Hierzu zählen Kältebehandlungen, Tiefe Zwerchfellatmung, Singen und Gurgeln, Akupunktur, Yoga und Tai Chi, um nur einige zu nennen. Eine detaillierte Auflistung und Beschreibung kannst kann man im Artikel über Vagusnerv-Übungen auf Andreas‘ Blog „Mein Weg aus der Angst“ nachlesen.

Im Folgenden geht es um die Vagusnervstimulation mit einen kleinen Gerät, welches im Körper des Betroffenen implantiert wird.

So funktioniert die Vagusnervstimulation
Der Chirurg implantiert den Stimulator, ein kleines batteriegetriebenes Gerät mit einem Durchmesser von etwa 2,5 bis 3,0 cm, unter dem Schlüsselbein oder im Bereich der Brust. An der linken Seites des Halses wird ein weiterer kleiner Schnitt vorgenommen und eine dünne Elektrode verläuft vom Gerät direkt unter der Haut zum großen Vagusnerv. Das Gerät sendet Stromimpulse an den Nerv, der diese an das Gehirn weiterleitet.

Diese elektrischen Impulse bewirken eine Linderung der depressiven Symptomatik. Den genauen Wirkmechanismus haben Forscher noch nicht entschlüsselt. Sie vermuten aber, dass die Stromimpulse die Art und Weise beeinflussen, wie die Nervenzellen in dem Bereich des Gehirns kommunizieren, der für die Stimmung verantwortlich ist.

Programmierung durch die Haut hindurch
Der Vagusnervstimulator kann durch die Haut durch programmiert werden. So können Ärzte die Dosis individuell anpassen, indem sie Intensität, Dauer und Häufigkeit der Stromimpulse einstellen. Der Patient kann das Gerät zusätzlich durch einen kleinen Spezialmagneten ausschalten.

Wirksamkeit
Die Studienlage zu den Auswirkungen der VNS bei Menschen mit therapieresistenten Depressionen ist überwiegend positiv.

Eine Studie von 2005 verglich 124 Personen, die eine herkömmliche Therapie bekamen, mit 205 Personen, bei denen die Vagusnervstimulation als zusätzliche Therapie zum Einsatz kam (Kombitherapie).

Nach einem Jahr Therapie zeigten 27% der Betroffen, die eine Kombitherapie bekamen, eine signifikante Verbesserung - im Vergleich zu lediglich 13% bei den Betroffenen, die nur die herkömmliche Therapie bekamen (3).

Die Vagusnervstimulation ist jedoch keine schnell wirksame Therapie von Depressionen. Weitere Studien zeigen, dass es im Schnitt bis zu neun Monate dauern kann, bis eine wesentliche Besserung eintritt.

Risiken und Nebenwirkungen
Schmerzen im Bereich der Narben sind die häufigsten Probleme nach der Operation. Wie bei anderen Implantaten besteht auch hier das Risiko einer Entzündung bzw. einer Infektion. Nach der Lebensdauer der Batterie muss diese ersetzt werden, wofür nochmals ein kleiner chirurgischer Eingriff notwendig ist. Prinzipiell sind alle Komplikationen und Nebenwirkung einer Operation mit Vollnarkose denkbar.

Zu den möglichen Nebenwirkungen durch die chronische Vagusnervstimulation zählen vorübergehende Heiserkeit, eine Veränderung der Stimme und Husten. Die meisten Nebenwirkungen treten allerdings nur während der 30 Sekunden auf, in denen der Stimulator aktiv ist, und verlieren im weiteren Verlauf der Therapie an Intensität.

Je nachdem, an welcher Stelle der Brust bzw. des Schlüsselbeins der Stimulator implantiert wurde, kann es bei Frauen die Mammografie der Brust erschweren. Eine Defibrillation des Herzes oder ein MRT-Scan kann zu Schäden am Stimulator führen.

Bisher ergaben sich in allen durchgeführten Studien keine schwerwiegenden Nebenwirkungen, so dass man von einer insgesamt guten Verträglichkeit ausgehen kann.

Trotz der Vagusnervstimulation kann allerdings eine weitere zusätzliche Therapie in Medikamentenform und/oder Psychotherapie notwendig sein. (prm)

Quellen:
1. https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/was-ist-eine-depression/haeufigkeit
2. http://www.psychiatrie.med.uni-goettingen.de/de/content/patienten/239.html
3. https://www.webmd.com/depression/vagus-nerve-stimulation



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