Krankenhaus-Chef mahnt Ausgleichszahlungen über Januar hinaus dringend an
Es sind stürmische Zeiten, durch die das DRK-Verbundkrankenhaus Altenkirchen-Hachenburg manövriert werden muss. Nicht nur der feststehende, auf ein Haus zu reduzierende Zusammenschluss am neuen Standort in Müschenbach lässt die Wellen hoch schlagen, auch die Corona-Pandemie bedingt den Aufenthalt in schwerem Fahrwasser.
Altenkirchen. Viele Hospitäler in ganz Deutschland sind arg gebeutet. Zum einen steht per se jeweils ihr finanzielles Überleben auf dem Spiel; zum anderen sorgt die Corona-Pandemie dafür, dass die teils schon nicht kostendeckend fließenden Einnahmen noch mehr in den Keller gerutscht sind, weil viele alltägliche Behandlungen ausgesetzt werden mussten. Jürgen Ecker (61), seit über sechseinhalb Jahren agierender kaufmännischer Direktor des DRK-Verbundkrankenhauses Altenkirchen-Hachenburg, muss auch für das Jahr 2021 auf "Vater Staat" setzen: Im Exklusiv-Interview mit den Kurieren fordert er dringend die Verlängerung der Ausgleichzahlungen über den 31. Januar hinaus. Das Gespräch im Wortlaut:
Seit rund zehn Monaten belastet die Corona-Pandemie die Kliniken bundesweit. Wie ist die aktuelle Situation im Verbundkrankenhaus Altenkirchen-Hachenburg?
Seit circa sechs Wochen ist eine deutliche Zunahme an positiv Erkrankten an beiden Standorten zu vermelden. Insbesondere ist der Schweregrad der Erkrankungen im Vergleich zum Frühjahr 2020 gestiegen. Pro Standort werden circa sechs bis acht Covid-positive Patienten durchgehend stationär behandelt, hinzu kommen regelmäßig circa fünf Verdachtsfälle je Standort. Zusätzlich werden intensivmedizinisch an jedem Standort jeweils ein bis zwei Covid-positive Patienten behandelt.
Beide Häuser haben in den zurückliegenden Jahren sehr oft rote Zahlen geschrieben: Deutet sich bereits an, wohin die finanzielle Bilanzreise fürs Jahr 2020 gehen wird?
Wir gehen derzeit davon aus, dass auch das Jahr 2020 mit einem negativen Betriebsergebnis schließen wird. Eine genaue Höhe kann aktuell noch nicht beziffert werden.
Im Vergleich zu einem "normalen" Jahr: Können Sie abschätzen, wie viele Patienten an beiden Standorten dank der Corona-Vorgaben und -einschränkungen weniger behandelt werden konnten?
Im Kalenderjahr 2020 wurden aufgrund der Corona-Vorgaben und -einschränkungen circa zehn Prozent weniger Patienten in unserem Verbundkrankenhaus behandelt.
Versprochen werden von der hohen Politik Ausgleichzahlungen für Krankenhäuser: Kommen diese Hilfen überhaupt für Altenkirchen und Hachenburg an?
Die zugesagten Ausgleichszahlungen wurden regelmäßig und zeitnah bis zum 30. September 2020 ausgezahlt. Der Rettungsschirm wurde am 18. November 2020 wieder eingeführt; der Krankenhaus-Standort in Hachenburg hat ab 30. November 2020 – zunächst befristet bis 31. Januar 2021 - wieder Ausgleichszahlungen erhalten. Altenkirchen erhält seit dem 1. Oktober 2020 keine Ausgleichzahlungen mehr. Es ist dringend geboten, die Ausgleichszahlungen für alle Krankenhäuser im Jahr 2021 wieder einzuführen.
Wie stark belastet die Pandemie das Personal?
Aufgrund der Pandemie sind die Belastungen des Personals enorm. In den Covid-Bereichen musste die personelle Besetzung angehoben werden. Dennoch kommt es durch angeordnete Quarantänemaßnahmen immer wieder zu personellen Engpässen. Das ständige Tragen der Schutzkleidung führt zu einer überdurchschnittlichen körperlichen Belastung. Hinzu kommen Ängste der Mitarbeiter, die zum Beispiel selbst zu einer Risikogruppe gehören. Sie haben Angst, sich selbst und ihre Angehörigen anzustecken.
Gab und gibt es auch Corona-Fälle in der Belegschaft?
Trotz intensiver Schutz- und Hygienemaßnahmen wurden einzelne Mitarbeiter positiv getestet und sind teilweise auch erkrankt.
Wie sieht es mit der Impfbereitschaft des Personals aus?
Eine Abfrage unter der Krankenhausbelegschaft ergab eine Impfbereitschaft von circa 65 Prozent.
Wäre aus Ihrer Sicht eine Impfpflicht fürs Personal, so wie sie Bayerns Ministerpräsident Söder vorgeschlagen hat, sinnvoll?
Aus medizinischer Sicht ist eine Impfung zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll.
Können Sie beziffern, um wie viel Prozent sich der Verwaltungsaufwand als Folge der Umsetzung der verschiedenen Vorgaben von Land/Bund in den zurückliegenden Monaten gesteigert hat?
Die Pandemie hat uns in vielen Bereichen dazu gezwungen, die Arbeitsabläufe neu zu strukturieren. Unter anderem wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Einrichtung von Corona-Gremien in jedem Standort mit wöchentlichen Besprechungen; zusätzliche Schulungen des Personals im Bereich Hygiene; Aufbau und Betrieb einer Fieberambulanz und eines Covid-Testzentrums; teilweise bauliche Veränderungen zur Trennung von Covid- und nicht Covid-Bereichen; Eingangskontrollen und Dokumentation zur Kontaktpersonennachverfolgung. Darüber hinaus sind weitere Auflagen seitens des Bundes, wie zum Beispiel die Ausweitung von Pflegepersonaluntergrenzen, nachzuweisen.
Fühlen Sie sich bei der Umsetzung der Vorgaben hin und wieder von Land/Bund allein gelassen?
Durch den stetigen Austausch mit der lokalen und der Landespolitik konnten die Herausforderungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie bislang gemeinsam bewältigt werden.
Eine hypothetische Frage: Vorausgesetzt, es gäbe schon das neue, aus den beiden Häusern in Altenkirchen und Hachenburg entstandene Krankenhaus bei Müschenbach: Wäre die Corona-Krisen-Bewältigung eine andere, möglicherweise gar eine bessere für die Region?
An unseren beiden Standorten bewältigen wir bislang die Corona-Krise und stellen die Versorgung unserer Patienten sicher. Die bisherigen Erfahrungen mit der Pandemie werden wir konstruktiv in die Planung des Neubaus übernehmen.
Wann erwarten Sie eine Rückkehr zur "normalen" Arbeit in beiden Häusern?
Sobald eine ausreichende Immunisierung der Bevölkerung erreicht ist, erhoffen wir uns eine Rückkehr zur „normalen“ Arbeit in unseren beiden Krankenhäusern. (vh)
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