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Nachricht vom 26.01.2021    

Top-Leichtathlet Friedhelm Adorf und der erzwungene Corona-Stillstand

Die Hände in den Schoß legen, besser gesagt die Beine und Füße auf die Couch, das ist nicht sein Ding. Als es noch keine Corona-Pandemie gab, bestimmten Training und teils überregionale Wettkämpfe sein Leben. Inzwischen ist der immens erfolgreiche Senioren-Leichtathlet Friedhelm Adorf fast zum Nichtstun "verdonnert".

Mal wieder hat Friedhelm Adorf (hier bei der Hallen-EM im polnischen Torun im Jahr 2015) eine deutsche Staffel als Schlussläufer zu Gold geführt. (Foto: privat)

Heupelzen. Training im Verein? Pustekuchen! Wettkämpfe rund um den Globus? Pustekuchen! Medaillen scheffeln? Pustekuchen! Auch Friedhelm Adorf muss sich dem vermaledeiten Virus, das als Corona-Pandemie daherkommt, beugen. Da tut es dem überaus erfolgreichen Senioren-Leichtathleten schon mal gut, dass die Tristesse hin und wieder einen Lichtblick erfährt. Ein Nachschlagen in der Weltbestenliste für die nur rudimentär absolvierte Hallensaison 2020 zeigt dem heute 77-Jährigen aus Heupelzen, der für die LG Rhein-Wied startet: So schlecht war ich vor dem ersten Lockdown im März des zurückliegenden Jahres wirklich nicht. Im Sprint über 60 Meter liegt er als 76-Jähriger mit den bei der DM im Februar in Erfurt erzielten 8,87 Sekunden auf Platz vier, über 200 Meter schafft er es in 29,14 Sekunden sogar auf die Topposition, und über 400 Meter bedeuten die 1:10,38 Minuten den dritten Rang. Auch diese beiden Zeiten gehen auf die nationalen Titelkämpfe zurück. Läuferherz, was willst du in der Klasse M 75 eigentlich noch mehr?!

Druck aus der Familie
Das alles liegt nunmehr rund elf Monate zurück, in denen Adorf weder vernünftig unter Anleitung trainieren noch sich in Konkurrenzen messen kann. Die Teilnahme an der Hallen-EM in Braga im März 2020 sagt er auf "familiären" Druck ab, obwohl der Aufenthalt in Portugal fix und fertig gebucht ist, ehe das Event von den Organisatoren komplett gestrichen wird. Auch die Hallen-WM in Edmonton (Kanada), geplant im April 2020, fällt der Pandemie zum Opfer. Auf einem Teil der Kosten für den ebenfalls rundherum festgelegten Trip über den großen Teich bleibt er im Nachhinein sitzen. Nichts anderes passiert mit der Freiluft-WM in Tampere (Finnland). "Abgesagt", lautet der lapidare Kommentar für den Termin im Juli 2020. So keimt die Hoffnung, dass die Wiederaufnahme der Sportduelle im Januar oder Februar 2021 erfolgt. Denkste! "Für dieses Jahr sind schon wieder einige Senioren-Veranstaltungen abgesagt - inklusive der Hallen-EM, die nachgeholt werden sollte", beschreibt Adorf als mehrmaliger interkontinentaler Champion die, unter sportlichem Aspekt betrachtet, frustrierende Situation.

Markierungen an Laufstrecken
Adorf bleibt nichts anderes übrig, als sich in den eigenen vier Wänden oder in der heimischen Gegend einigermaßen fit zu halten. Denn Übungsstunden mit seinem Trainer Dieter Lötsch in Neuwied sind, nach einer kurzen "Wiedergeburt", derzeit nicht möglich. Um in Schwung zu bleiben, leistet das eigene Trampolin "für die Gelenke" gute Dienste, übt Adorf das Stehen auf jeweils einem Bein mit geschlossenen Augen oder begibt sich in die freie Natur rund um den Beulskopf, um knappe 13 Kilometer auf immer anderen Strecken unter die Füße zu nehmen. "Und wenn es möglich ist, gebe ich unterwegs auch Gas, um einigermaßen die Muskeln für den Sprint in Form zu halten", ist sein aktuelles Fitness-Credo, das er also dem Bereich Ausdauer und Kraft widmet. Auf ausgesuchten befestigten Abschnitten hat er sich sogar Markierungen angelegt, um die exakte Distanzen (60, 100, 200 und 400 Meter) sprinten zu können, muss aber einschränken: "Der Schnee verdeckt sie momentan alle." Als Fazit steht dennoch für ihn fest: "Wenn ich so lange laufe, tue ich den Muskeln nicht unbedingt Gutes, sie werden für den Sprint nicht hart genug trainiert."



Wohlfühltraining bei der ASG

In Gedanken ist Adorf dennoch immer bei seinem normalen Trainingsablauf. Neben dem Abstecher nach Neuwied steht auch wöchentlich ein Besuch im benachbarten Rhein-Sieg-Kreis an, wo er unter Obhut von Mattes Hermann innerhalb der Troisdorfer Leichtathletik-Gemeinschaft an seiner Form feilt. Das Paket rundet jeweils montags eine Stippvisite der Übungsstunden der Breitensportabteilung der ASG Altenkirchen ab. "Da fühle ich mich richtig wohl", bilanziert Adorf, der sich neben seinen globalen Titeln (zwei im Weitsprung, die anderen mit deutschen Staffeln) auch über 14 europäische sowie 11 nationale Meisterschagften freut. Dennoch plagt ihn ein Umstand, den gewiss seine Konkurrenten ebenfalls am jeweils eigenen Körper spüren. Die Leistungsfähigkeit verringere sich mit zunehmendem Lebensalter. "Ich werde langsamer" hat er festgestellt, "als ich in die Klasse M 75 wechselte, war ich vorne dabei und richtig gut drauf. Damals habe ich Altersrekorde geknackt." Das habe ich ein wenig geändert.

Aussicht auf Besserung
Aber die Aussicht auf Besserung ist gar nicht mehr so weit entfernt. Beim nächsten Aufstieg, dann in M 80, verspricht Adorf, "mal wieder richtig Gas zu geben". Wenn das nicht von einer gesunden Portion Ehrgeiz zeugt! Was sich für ihn dann zudem auszahlen könnte, ist die Abkehr vom recht erfolgreich betriebenen Weitsprung, die er vor Jahren vollzogen hat. "Ich merke, dass die Verletzungsgefahr nachgelassen hat", ist Adorf denjenigen dankbar, die ihn zu diesem Schritt ermutigt hatten, obwohl "mir diese Disziplin richtig gut gefallen hat". (vh)


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