Insektenschutzgesetz stößt auf unterschiedliche Resonanz
Von Wolfgang Tischler
Nach langem Ringen hat das Bundeskabinett am 10. Februar 2021 das Insektenschutzpaket verabschiedet. Der NABU begrüßt das Insektenschutzpaket als ersten Schritt in die richtige Richtung. Erwin Rüddel lobt das Gesetz, die Landwirte sehen es nach wie vor kritisch.
Region. Der überall registrierte massive Insektenschwund zeigt den Stress der Ökosysteme mit weitreichenden Folgen. Neben den immensen ökologischen Schäden, könnte diese Entwicklung schon bald auch Folgen für die Wirtschaft haben. Wenn die Bestäuber komplett wegfielen, bezifferte eine neue Studie en potenziellen wirtschaftlichen Schaden auf 3,8 Milliarden pro Jahr, nur für Deutschland.
Pflanzenschutzmittel ist einer der zentralen Gründe für den Insektenschwund
Das nach langem Ringen vom Bundeskabinett verabschiedete Insektenschutzpaket besteht aus dem Insektenschutzgesetz (ISG) des Bundesumweltministeriums und der Pflanzenschutzanwendungs-Verordnung (PfSchAnwV), für die das Bundeslandwirtschaftsministerium zuständig ist. Darin ist der Ausstieg aus dem umweltschädlichen Unkrautvernichter Glyphosat bis 2024 geregelt sowie der eingeschränkte Einsatz von Herbiziden und Insektiziden in bestimmten Schutzgebieten und in der Nähe von Gewässern.
Nachdem das Aktionsprogramm Insektenschutz ursprünglich mit wesentlichen ambitionierten Zielen gestartet sei, habe der NABU mehr erwartet, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Nun legt das Paket aus Gesetz und Verordnung zumindest erste konkrete Ansätze vor, die das Insektensterben und die Biodiversitätskrise bremsen könnten. Positiv sei, dass der Einsatz von bestäubergefährdenden Pflanzenschutzmitteln und Herbiziden in Schutzgebieten eingeschränkt werden soll. Neben den notwendigen Regelungen setzt man hier auch auf freiwillige Maßnahmen, denen nun Taten folgen müssen. Die Verordnung bietet dabei erste Ansatzpunkte für Förderprogramme und einen gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich für Landwirt/innen bei Ertragseinbußen.
Das Insektenschutzgesetz legt ebenfalls wichtige Maßnahmen vor. So werden unter anderem artenreiche Grünlandflächen und Streuobstwiesen in die Liste der geschützten Biotope aufgenommen, die Lichtverschmutzung soll reduziert werden. Nun gelte es, den Einsatz von Pestiziden nicht nur innerhalb von Schutzgebieten, sondern in der gesamten Landschaft und in Gärten einzuschränken. Dazu sind verbindliche Programme zur Pestizidreduktion und zur Förderung der biologischen Vielfalt von großer Bedeutung. Von der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern wird der Erfolg des Insektenschutzpakets maßgeblich abhängen.
Klar ist: Insektenschutz kostet Geld! Dazu fehlen den Landwirten konkrete Aussagen der Politik, wie Einnahmeausfälle kompensiert werden. Der Verbraucher wird auch seinen finanziellen Teil dazu beitragen müssen. Billig zu Lasten der Umwelt geht halt nicht.
Erwin Rüddel lobt das Gesetz
„Der Bund hat mit der Verabschiedung des aktuell beschlossenen Insektenschutzgesetzes unter Einbeziehung der Landwirtschaft ein wichtiges gemeinsames Signal für den Natur- und Insektenschutz gesetzt. Das ist ein klares Bekenntnis zum Artenschutz und zu regionaler Wertschöpfung“, erklärt der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel.
So sieht es der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau
Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf gibt es für die Landwirtschaft Erleichterungen, das ist richtig. Jetzt kommt das berühmte "Aber". Die landwirtschaftlichen Betriebe dürfen nur während der kommenden drei Jahre die Pflanzenschutzmittel auf Ackerland nach guter fachlicher Praxis anwenden. Danach hängt ein Verbot weiterhin wie ein Damoklesschwert über den Betrieben. Den Betrieben wurde bei der Ausweisung der FFH-Gebiete zugesagt, dass sie in diesen Gebieten weiterhin wirtschaften dürften. „Das war bei der Ausweisung des enormen Flächenumfangs auch wichtig. Und nun werden die Betriebe hintergangen. Die Versprechen von Politikern sind eben nicht wirklich etwas wert. Auf Grünland herrscht völliges Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverbot. Was Herr Rüddel sagt ist nicht falsch, aber beschönigend“, heißt es in der Stellungnahme.
Dass Obst ausgenommen wurde ist nur der Tatsache zu verdanken, dass sonst auf diesen Flächen kein Obst mehr angebaut werden könnte und das wäre eine Katastrophe für die Biodiversität. Der Markt verlangt nun einmal absolute Madenfreiheit! Die Menschen kaufen keine madigen Äpfel und keine Kirschengläser in der auch nur eine Made schwimmt. Das funktioniert nicht. Der Ackerbau - und das ist die Hauptmasse der betroffenen landwirtschaftlichen Flächen - ist dennoch "gekniffen". Dabei ist die Offenhaltung der Landschaft von grundlegender Bedeutung auch für die Artenvielfalt. Die Einführung des Ordnungsrechts in diesem sensiblen Bereich ist schlimm. Die vielen freiwilligen Programme - und der Verband spricht von 35 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Rheinland-Pfalz - stehen in den FFH-Gebieten auf dem Spiel. Das ist Fakt.
Was gesetzlich geregelt ist, wird nicht mehr finanziert. Die Flächen tragen sich nicht mehr und werden aus der Bewirtschaftung herausfallen.
htv/woti
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