Leserbrief: Frau Hubig im La-La-Land oder die Geschichte einer Mutter
LESERMEINUNG | Unsere Leserin schreibt: "Ja, wir Familien wünschen uns eine Rückkehr zur Normalität, zu regelmäßigem Schulbesuch, zur Wahrnehmung von Freizeitaktivitäten wie Spiel & Sport. Wir wünschen uns dies von ganzem Herzen für unsere Kinder, nicht weil wir sie loswerden wollen, sondern weil es ihnen in vielerlei Hinsicht gut tut und ihre Entwicklung positiv beeinflusst, ebenso wie uns Erwachsenen der soziale Kontakt, der Austausch, die Kommunikation, die Bildung, das Lernen und der Sport gut tut.
Ja, Familien haben immensen Druck und bräuchten sicherlich Entlastung, aber ganz anders als in den Medien häufig vordergründig dargestellt, erlebe ich nicht Familien am Rande des Wahnsinns, die ihre Kinder vernachlässigen und von ihnen genervt sind. Statt dessen sehe ich in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sowie im Arbeitsumfeld viele Elternpaare, Mütter und Väter, sowie viele unterstützende Großeltern, die sich aufopfernd um ihre Kinder und Enkelkinder kümmern. Die morgens schon vor der Arbeit mit den Kindern nochmal den Tagesplan hinsichtlich des Schultags zu Hause besprechen, die den Lehrern quasi allzeit bereit E-Mails und Arbeitsergebnisse zusenden, die auf der Arbeit ihre tagtägliche Leistung erbringen und danach zu Hause direkt Vollgas weitermachen, im Haushalt, in der Versorgung der Kinder und ggfs. der älteren Familienmitglieder. Ich erlebe Eltern, die außerdem den Heimunterricht inklusive Einführung und Erklärungen zu verschiedenen Computerprogrammen, Selbstorganisation im Fernunterricht, Themenbereichen verschiedener Fächer, Einüben von Vokabeln und Zeitformen, Matheformeln und Kunstprojekten durchführen oder zumindest nachbereiten und gegenlesen, um dann wieder Ergebnisse zu versenden, zu prüfen was Neues reingekommen ist und noch ein wenig mit den Kindern zu spielen, mal rauszugehen. Die dann am Ende des langen Tages müde zusammensinken, in der Hoffnung, dass ihre Kinder etwas Positives am Tag mitnehmen konnten.
Vielmehr zum Wahnsinnigwerden erscheint diesen Familien, denen ich heute einmal eine Stimme geben möchte, das Trotzgebaren der übergeordneten Politik, die wie ein wütend aufstampfendes Kleinkind mantramäßig auf der Durchsetzung des Präsenzunterrichtes pocht. Wenn Frau Hubig sagt, dass die Zahlen stagnieren, dann ist das so.
Noch einmal – grundsätzlich ist Präsenzunterricht zu begrüßen – aber wir befinden uns seit über einem Jahr in der Pandemie und bislang fehlt unfassbarer Weise noch immer eine einheitliche, vor allem belastbare Datenbasis, inwieweit Kinder in Schulen und Kitas gefährdet sind. Es gibt keine wirklich belastbaren Ergebnisse dazu wie hoch die Ansteckungsraten sind und in welchen Situationen die Wahrscheinlichkeit dafür wie viel Prozent beträgt, wie der R-Wert durchschnittlich liegt usw. Es ist davon auszugehen, dass das davon abhängt, wie viele Personen sich wie lange in einem Raum (Gruppenraum, Klassenraum, Bus, etc) aufhalten und wie viel Aerosole dabei ausgestoßen werden. Fraglich ist vor allem in der aktuellen Situation wie gefährlich, bezogen auf den Verlauf nach Ansteckung, die neuen Mutationen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie deren Angehörige tatsächlich sind. Mehrere Experten, unter anderem auch Herr Wiehler vom RKI, warnen vor der Zunahme von Ansteckungen bei jungen Leuten und Kindern.
Regelrecht grotesk wirkt in dieser aktuellen Situation die Entscheidung, dass die Kinder verpflichtend die Schulen zu besuchen haben. Als hätte man es nicht ahnen können und kein Experte je zur Vorsicht geraten, sind sie kurz nach der Öffnung auch schon wieder zu. Und nicht wenige Eltern atmen auf, weil sie verdammt nochmal Angst um ihre Kinder haben! Nein liebe Frau Hubig, nicht Jeder ist erleichtert und freut sich über die Präsenzpflicht, denn außer die Schulen zu und auf und zu und aufzumachen ist bislang wenig geschehen. Und das ist absolut nicht vertrauensbildend.
Viele Schulträger, Schulleitungen, Lehrer und Eltern haben ihr Möglichstes und darüber hinaus Einiges getan. So wurden immer wieder und teils sehr kurzfristig neue Pläne und Hygieneverordnungen umgesetzt, ständig Räume, Wege, Plätze und Lehrer eingeteilt und umgeplant, laufend neue Elterninfos verteilt. Teils ging der persönliche Einsatz bis hin zum eigenhändigen Kabelziehen im Schulgebäude, um die Digitalisierungsmaßnahmen voranzutreiben. Manche Kommune (siehe Weitefeld) schaffte auf eigene Kosten Luftreinigungsgeräte und FFP2-Masken an, um wenigstens das Mögliche getan zu haben, zum Schutz der Kinder und der Beschäftigten.
Stand jetzt gibt es keine Luftreinigungsgeräte für Schulen und Kitas, angeblich wird der Wirkgrad der Geräte bezweifelt. Hier widersprechen sich die Meinungen, dennoch werden sie in der Landeshauptstadt Mainz in verschiedenen Ministerien eingesetzt. Andere Bundesländer fördern die Anschaffung dieser Geräte, viele Experten und sogar einige Ministerpräsidenten (z. B. Herr Hans im Saarland im Spiegel Interview) machen sich für den zusätzlichen Einsatz der Geräte stark. Viele verantwortungsvolle Arbeitgeber in der Region setzen diese Geräte zusätzlich zur Raumlüftung zum Gesundheitsschutz ein.
Stand jetzt gibt es keine FFP2-Masken für Kitakinder oder Schüler. Aktuell müssen ja schon die Beschäftigten in Schulen und Kitas froh und dankbar sein, sofern sie schon solche Masken vom Land erhalten haben. Bei drei Kindern beläuft sich der Tagessatz für Masken auf 6 bis 8 Euro, das kann sich sicherlich nicht jede Familie erlauben, so dann auch in den Schulen und auf den Wegen zu beobachten.
Stand jetzt gibt es keinen Plan, um die Kinder ggfs. zeitlich gestaffelt zum Unterricht in den Schulen zu transportieren, auch sind keine zusätzlichen Busse geplant, um den Schülerverkehr zu entzerren, dabei plant man aktuell z. B. an einigen weiterführenden Schulen alle Jahrgänge (!) gemeinsam ab 16.03. im Wechselmodus starten zu lassen.
Stand jetzt gibt es keine unterstützende Teststrategie für die Kinder an Schulen und Kindergärten.
In den vergangen Monaten ist es vorgekommen, dass meine Kinder und auch die von Freunden, Bekannten oder Mitschüler, aufgrund extremer Müdigkeit, starken Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Problemen nicht die Schule besuchen konnten. Obwohl dies mitunter die häufigsten Anzeichen einer COVID 19 Infektion bei Kindern sind, wurden weder meine noch andere Kinder getestet, weder per Antigen-Schnelltest noch per PCR-Test. Wenn man dann noch die zeitlich passenden Pressemeldungen, dass die Schulen und Kitas keine Pandemietreiber sind, die jeweils kurz vor den Bund-Länder-Konferenzen erscheinen, erscheint einem das mitunter alles recht seltsam.
Ich bin wahrlich kein Freund von Verschwörungstheorien, aber das hier akuter Handlungsbedarf besteht, um unser höchstes Gut, nämlich unsere Kinder, zu schützen, das steht zumindest für mich und mein Umfeld vollkommen außer Frage.
Wenn die Kinder die angeblich so wichtige Zukunft dieses Landes sind, warum haben sie dann keine Lobby? Wenn es schon so viel Luft nach oben gibt in Sachen Gesundheitsschutz, warum spricht man dann mündigen Eltern ab, selbst darüber zu entscheiden, welches Risiko sie bereit sind, zu nehmen? Ich wähle zur Not die 5 in Religion, wenn dafür meine Kinder und die im Hause lebende Großmutter gesund bleiben.
Aktuell verspielt die Politik meines Erachtens viel Rückhalt und Vertrauen bei den Menschen, allzu offensichtlich erscheinen Wahlkampfmodus, Eigenprofilierung und Lobbyunterstützung. Meines Erachtens sind viele Bürgerinnen und Bürger da deutlich weiter und haben verstanden, dass das ewige Mühle auf/Mühle zu–Spiel, gekoppelt mit einer endlos langsamen Entscheidungskaskade und einer Impfumsetzung im Schneckentempo, niemandem in Wirtschaft oder Privathaushalten weiterhilft, dem Virus aber schon.
Laut REB in Koblenz wünschen sich 70 % der Eltern Luftreinigungsgeräte und zusätzliche Busse an Schulen, in diesem Sinne, eine fröhliche Landtagswahl!"
Mareike Otterbach,
Katzwinkel
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