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Nachricht vom 30.03.2021 |
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Verliert der AWB 3,6 Millionen Euro wegen Insolvenz der Greensill-Bank? |
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Dass Banken in die Knie gehen können, ist seit der Finanzkrise des Jahres 2008 verstärkt ins Bewusstsein getreten. Die Liste der Namen der Unternehmen, die pleite gingen und vom Markt verschwanden, ist lang. Und immer wieder sorgen Geldhäuser, die in finanzielle Schieflage geraten, für Aufsehen. |
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Kreis Altenkirchen. Banken sind vor einem finanziellen K.o. nicht gefeit - obwohl durchaus das Gegenteil vermutet werden könnte. Manchmal sorgt die Pleite eines Geldhauses für weltumspannende, manchmal nur für kleine oder gar keine Schlagzeilen. Groß in Rede stand und steht seit Anfang März die Insolvenz der Bremer Greensill Bank AG, weil auch viele bundesdeutsche Kommunen Geschäftsbeziehungen zu diesem Kreditinstitut unterhielten - so wie der Landkreis Altenkirchen auch. Dessen Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) hatte in den Jahren 2019 und 2020 Termingeld in Höhe von insgesamt 3,6 Millionen Euro angelegt. Inzwischen wird gegen Greensill wegen Bilanzbetrugs ermittelt. Der AWB betraute die Koblenzer Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Caspers, Mock und Partner mit der Wahrnehmung seiner Interessen, die die Forderungsanmeldung zum Insolvenzverfahren vorbereitet. Rechtliche Schritte, auch in Kooperation mit anderen geschädigten Kommunen, werden geprüft. Das operative Geschäft des AWB ist nicht gefährdet, hieß es aus dem Kreishaus, "der AWB ist weiterhin in der Lage, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und insbesondere auch die an der ehemaligen Hausmülldeponie in Nauroth vorzunehmende Oberflächenabdichtung vollumfänglich durchzuführen."
Keine spekulative Anlage
Der AWB verfügt über Geldmittel, die zum einen der Deckung des laufenden Geschäftsbetriebes dienen und zum anderen für die Sicherung der Lagerstätte vorgesehen sind. Diese wurden bisher als Termingeld angelegt. Da es sich bei ihnen um keine spekulative Anlageform handelt (ähnlich einer Spareinlage), entspricht diese Form der Geldanlage den geltenden kommunalrechtlichen Regelungen sowie den ergangenen verwaltungsinternen Anweisungen. Seit 2015 unterhielt der AWB auch geschäftliche Beziehungen zu Greensill. Im Laufe der Jahre wurde mehrmals Termingeld bei diesem Institut angelegt. Die Vermittlung dieser Einlagen erfolgte, wie bei den übrigen Geldanlagen seit vielen Jahren praktiziert, über einen Finanzvermittler. Zum Zeitpunkt der beiden, möglicherweise nicht mehr zurückzahlbaren Geldanlagen im Dezember 2019 (2,0 Millionen Euro) sowie im September 2020 (1,6 Millionen Euro) wies das Bankhaus jeweils ein Rating der Stufe A- auf. Seine Bilanzsumme belief sich zum 31. Dezember 2020 auf einen Betrag von rund 4,5 Milliarden Euro. "Die Abwicklung der Termingeldeinlagen mit Greensill stellte sich in der Vergangenheit problemlos dar, die jährlichen Zinszahlungen erfolgten termingerecht wie zuletzt am 20. Dezember 2020, fällige Rückzahlungen zum fixierten Zeitpunkt", wurde mitgeteilt.
Moratorium am 3. März
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte am 3. März, für den AWB völlig überraschend, ein so genanntes Moratorium über die Greensill Bank AG angeordnet, mit der Folge, dass weder Zahlungen entgegengenommen noch getätigt werden durften. Gleichzeitig wurde ein Sonderbeauftragter der BaFin bei der Bank eingesetzt. Es wird wegen Bilanzbetrugs ermittelt, und entsprechende Strafanträge wurden von der BaFin gestellt. Am 16. März wurde auf Antrag der BaFin durch das Amtsgericht Bremen über das Vermögen der Greensill Bank AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Michael Frege von der Kanzlei CMS Hasche Sigle bestellt. Die Geschäftsbereichsleitung und Werkleitung des AWB nahmen unmittelbar nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kontakt zur Kanzlei Rechtsanwälte Dr. Caspers, Mock und Partner auf. Nach einem ersten Erörterungsgespräch am 18. März wurde ihr mit Datum vom 23. März das Mandat zur Wahrung der Interessen des AWB des Landkreises Altenkirchen erteilt. Derzeit wird die Anmeldung der Forderungen des AWB im Rahmen des Insolvenzverfahrens vorbereitet. Darüber hinaus werden sowohl durch die Kanzlei als auch durch die Verwaltung alle Möglichkeiten geprüft, die zu einer Begrenzung des möglichen Schadens beitragen können. Zudem sind erste Kontakte zu anderen geschädigten Kommunen aufgenommen worden, um zu prüfen, ob rechtliche Schritte gegebenenfalls gemeinsam unternommen werden können.
Privatanleger sind geschützt
Laut der ARD-Tagesschau werden Privatanleger bei Greensill ihre Ersparnisse zurückerhalten, versicherte der Bundesverband deutscher Banken (BdB). Durch die gesetzliche Einlagensicherung sind pro Sparer 100.000 Euro geschützt. Weil die Bank darüber hinaus auch Mitglied im freiwilligen Einlagensicherungsfonds der privaten Banken war, sind so mindestens 750.000 Euro pro Kunde geschützt und müssen zurückgezahlt werden. Schätzungen aus Bankenkreisen zufolge belaufen sich die durch die Sicherungssysteme geschützten Einlagen bei der Greensill Bank auf drei Milliarden Euro. Davon soll eine Milliarde Euro über die gesetzliche Einlagensicherung abgedeckt sein, zwei Milliarden Euro seien über die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken garantiert. Summen, die laut Experten diejenigen aus Bankenpleiten in den vergangenen Jahre deutlich übertreffen.
Kommunen stark betroffen
Schmerzhafte Verluste drohen, so die ARD-Tagesschau vom 17. März weiter, vor allem den zahlreichen Kommunen, die bei Greensill Geld angelegt hatten. Deren Einlagen werden auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt, sind aber seit 2017 nicht mehr besonders geschützt. Bislang ist bekannt, dass 26 Kommunen mindestens 250 Millionen Euro bei der Bremer Bank angelegt haben. Ob sie ihr Geld je wiedersehen, hängt davon ab, wie viel aus der Insolvenzmasse sichergestellt werden kann. Aus den Einlagensicherungssystemen bekommen sie nichts, diese sind ausschließlich Privatanlegern vorbehalten. Mehrere Städte werfen der Finanzaufsicht vor, zu spät über die Probleme bei Greensill informiert zu haben. Sie prüfen Haftungsansprüche und wollen sich zusammentun, um aus der Insolvenzmasse einen Teil ihrer Einlagen zurückzuerhalten. Der BaFin zufolge seien die Stadtkämmerer in der Fachpresse mehrfach darauf hingewiesen worden, dass das Geld von Kommunen nicht mehr geschützt sei.
AWB nicht auf den Toprängen
Die Wirtschaftszeitung Capital veröffentlichte eine Rangliste deutscher Städte, die Greensill deutlich mehr Geld anvertraut hatten als der heimische AWB (Angaben in Millionen Euro): Monheim (Rhein) 38, Eschborn 35, Wiesbaden 20, Schwalbach (Taunus) 19, Weissach 16, Osnabrück 14, Nordenham 13,5, Bötzingen 13,2, Gießen 10, Garbsen bei Hannover 8,5. Das Land Thüringen hatte 50, die städtischen Bühnen Köln 15 Millionen Euro anlegt.
Geschichte reicht bis 1927 zurück
Die Greensill Bank AG ist laut Wikipedia Teil der anglo-australischen Greensill-Gruppe. Die Bank wurde 1927 in der Hansestadt unter der Firmierung Norddeutsche Finanzierungs-AG gegründet, später in NordFinanz Bank umbenannt und trägt seit Oktober 2014 ihren heutigen Namen. Sie unterhielt keine rechtlich unselbständigen oder selbständigen Niederlassungen. Zuvor hatte sie noch unter dem Namen NordFinanz Bank über Geschäftsstellen in Hamburg, Hannover, Düsseldorf, München, Leipzig und Oldenburg verfügt, die in den Jahren vor 2014 sukzessive geschlossen worden waren. (vh)
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Nachricht vom 30.03.2021 |
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