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Nachricht vom 19.10.2021
Region
Das Gefühl, vergessen zu werden – Ahrtäler zu Gast im Landgasthof Schneller
Etwa neun Meter war das Wasser in ihrem Haus angestiegen. Nach der Katastrophe konnten Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer aus dem Ahrtal eine kleine Auszeit im Landgasthof Schneller in Katzwinkel (Sieg) verbringen. Doch nun fühlen sie sich wie viele andere im Ahrtal etwas vergessen und fragen sich, wie es weitergehen soll.
Rüdiger Fahrmeyer und Maria Weidenbach (sitzend) gewannen die kleine Auszeit im Landgasthof Schneller von Eckhard und Erika Schneller (stehend) in Katzwinkel. (Foto: KathaBe) Katzwinkel-Altenburg. Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer aus Altenburg in der Gemeinde Altenahr im Ahrtal verbrachten kürzlich eine kleine Auszeit im Landgasthof Schneller von Erika und Eckhard Schneller in Katzwinkel. In den Genuss des verlängerten Wochenendes kamen sie, nachdem die beiden Schnellers vom gleichnamigen Landgasthof Ende August Flutopfer aus dem Ahrtal dazu aufgerufen hatten, sich für eine kleine Auszeit bei ihnen anzumelden.

Auch die Nichte von Rüdiger Fahrmeyer aus Wissen, die den Aufruf gelesen hatte, schickte eine Anfrage nach Katzwinkel, um die beiden nach Auswahl durch die Schnellers überraschen zu können. „Sie weiß, was wir alles verloren haben – und hat sich für uns eine Zeit gewünscht, in der wir nicht an das Elend denken müssen“, erzählt Fahrmeyer dankbar.

Dabei war es keine leichte Entscheidung für die Schnellers. Eine Vielzahl von Anrufen und Emails erreichten den Landgasthof. Letztendlich fiel ihre Wahl auf die beiden 80- und 77jährigen Altenburger. „Sie haben ihr Leben lang gearbeitet und jetzt alles verloren, daher haben wir uns so entschieden“, berichtet Erika Schneller.

Todesangst in der Flutnacht - Hüfthoch im Wasser auf dem Speicher
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli, als die Katastrophe über das Ahrtal hereinbrach, dachten die beiden Altenburger „Wir sterben hier“, schildert Maria Weidenbach. Das Wasser sei immer weiter gestiegen, so dass sie sich in ihrem Haus, quasi in erster Reihe an der Ahr, aus dem Erdgeschoss immer weiter bis auf den Speicher retteten. Selbst dort standen sie zum Höhepunkt der Flut hüfthoch im Wasser. Rund neun Meter hoch stieg das Wasser, es reichte etwa zur Höhe der vierten Dachpfanne bis es gegen Morgen zu sinken begann.
Niemand konnte an diesen ersten Tagen durch den hohen Schlamm mit Fahrzeugen gerettet werden, so dass auch Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer erst nach mehr als 13 Stunden in Lebensangst mit dem Hubschrauber, samt ihrer Katze Susi geborgen wurden.

Zuerst notdürftig untergebracht, konnten sie mittlerweile ein kleines Ferienhäuschen in Quiddelbach bei Adenau anmieten. Dafür sind die beiden sehr dankbar, denn nicht alle hätten es so gut getroffen. Zudem sind sie mehr als froh über die vielen Helfer. Es seien überwiegend junge Leute gewesen, von überall auch aus der Schweiz und Belgien, so Weidenbach – und betont: „Über die Jugend muss keiner schimpfen. Die haben geackert wie die Pferde.“ Und auch aktuell seien noch Helfer vor Ort.

Besorgt sind sie allerdings bei dem Gedanken, wie es nun weitergehen soll. Von den rund 200 Häusern in Altenburg blieben lediglich etwa fünf noch ganz und auch ihr Haus, so Weidenbach sei komplett zerstört und kontaminiert, unter anderem durch Öl. Nichts von all dem Hab und Gut blieb übrig oder wäre noch zu gebrauchen.

Wie es weitergeht, bleibt unklar - fehlende Informationen
Das Ferienhaus konnten sie für etwa ein Jahr anmieten, doch wie es insgesamt weitergehen soll? Das bleibt unklar. Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer haben das Gefühl, dass Bund und Land sie so langsam vergessen hätten. Sie gehen davon aus, dass die vielen Spenden für die Infrastruktur genutzt werden, denn bei den Menschen selbst komme nichts an.
Auch haben sie seitens ihrer Gebäude-Versicherung noch keine weiteren Informationen erhalten, Anträge sind jedoch gestellt. „Wir können nicht planen“, dabei seien sie kein Einzelfall.

Noch einmal bauen? Das kommt für sie in ihrem Alter nicht mehr in Frage. Vielmehr müssen sie sich eine Wohnung suchen. Doch wo? In Altenburg und Umgebung sind derzeit keine Wohnungen zu finden, weil schlichtweg kaum Häuser unversehrt geblieben sind. Gerne möchten sie jedoch zumindest in der näheren Umgebung bleiben. Sohn Peter wohnt ebenfalls in Altenburg und sein Haus soll wieder aufgebaut werden.

Dennoch bleiben Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer zuversichtlich: „Wenn es auch sicher nicht mehr so wird, wie es war, hoffen wir doch, dass alles wieder aufgebaut wird.“ Um die paar Tage in Katzwinkel sind sie froh und danken Erika und Eckehard Schneller für die gute Aufnahme und Versorgung.

Auch Ortsbürgermeister Hubert Becher, der die beiden im Landgasthof Schneller besuchte, dankte den Schnellers für ihr Engagement und ihren Einsatz. An Maria Weidenbach und Rüdiger Fahrmeyer überreichte er die Chronik aus Katzwinkel zur Erinnerung und lud sie zum Seniorennachmittag Anfang November in die Glück-Auf-Halle ein, damit sie dort von den Geschehnissen berichten können. Vielleicht auch dies ein Stück „Aufarbeitung“ der traumatisierenden Geschehnisse nach der Katastrophe. (KathaBe)

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