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Nachricht vom 19.12.2021
Politik
SPD-Fraktion zur Greensill-Affäre: "Demut und Ehrlichkeit gefordert"
Die neuesten Entwicklungen zum wahrscheinlichen Verlust der "Greensill-Millionen", insbesondere das Auftauchen bisher unbekannter Dienstanweisungen, ruft auch die SPD-Fraktion des Kreistages auf den Plan. Wie deren Vorsitzender Bernd Becker, auch Mitglied im Werkausschuss des Abfallwirtschaftsbetriebs, mitteilt, sind er und seine Fraktion mit der am Samstag veröffentlichten Analyse der CDU-Fraktion weitgehend einverstanden, wie die Kreistags-SPD in einer Pressemeldung mitteilt.
Die SPD-Kreistagsfraktion äußert sich zum aktuellen Stand der Greensill-Affäre. (Foto: AWB/Greensill - Archiv AK-Kurier)Altenkirchen. „Das mag wegen der inhaltlich unbegründeten Seitenhiebe der CDU in Richtung der SPD zunächst überraschen, ist aber sachlich zutreffend“, erklärt Becker in der Pressemitteilung. Und weiter: „Ich freue mich, dass die CDU jetzt erkannt hat, dass für die Frage nach der Verantwortung für den wahrscheinlichen Verlust der 3,6 Millionen Euro schweren Einlage maßgeblich ist, ob die handelnden Personen entgegen der für sie geltenden Vorschriften gehandelt haben“. Die seit Bekanntwerden des Millionenverlusts durch die CDU immer wieder vorgetragenen Spekulationen zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt wer etwas über die instabile Lage der Greensill-Bank gewusst haben könnte oder nicht, sei nie wirklich zielführend gewesen.

Seit 2017 keine gesetzliche Einlagensicherung für Kommunen
Bis zum 29.11.2021 seien alle Fraktionen davon ausgegangen, dass lediglich die aus 2006 datierende Dienstanweisung des damaligen Beigeordneten existiere. Diese Dienstanweisung, stellt die SPD fest, sei in einer Zeit entstanden, in der auch kommunale Geldeinlagen bei Privatbanken durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt gewesen seien. Dieser Schutz, so stellen die Sozialdemokraten fest, ist zum 1.10.2017 im Gesetz gestrichen worden, ohne die Anpassung dieser Dienstanweisung nach sich zu ziehen. Allerdings hätten die jetzt überraschend entdeckten internen Dienstanweisungen bezüglich der Vorschriftenlage weitgehend für Klarheit gesorgt. Becker: „Sie lassen nur den einen Schluss zu: Das Geld wurde bei der privaten Greensill-Bank vorschriftswidrig angelegt“.

"Mündelsichere" Anlage war schon früh geregelt
Erst am 29. November dieses Jahres hätten die Fraktionen von diesen internen Dienstanweisungen erfahren, weil sie in einem internen Rechtsgutachten der Kreisverwaltung erwähnt wurden. Becker: „Auf meine Nachfrage hin wurden die letzten drei Novellierungen dieser Dienstanweisung den Fraktionen am 4. Dezember zur Verfügung gestellt. Sie datieren vom 31.5.2019, vom 25.11.20 und vom 3.5.21“. Es habe dann einer erneuten Nachfrage bedurft, um auch eine bereits vor dem 1.10.2017 geltende Dienstanweisung zu erhalten. Sie datiert im Kopf von Juli 2015, tritt aber laut Schlussbestimmung bereits am 1.3.2013 in Kraft. „Von Bedeutung ist“, so Becker, „dass bereits in dieser vom damaligen Werkleiter Wolfgang Philipp unterzeichneten Dienstanweisung die 'mündelsichere' Anlage nicht benötigter Geldmittel vorgeschrieben wird“.

Der Werkleiter habe also in eigener Verantwortung die Möglichkeiten der Geldanlage eingeschränkt. Das sei eine gute und vorausschauende Regelung gewesen, lobt die SPD. Es bleibe zwar die Frage im Raum, warum nach der gravierenden Rechtsänderung vom 1.10.2017 die grundsätzliche Regelung durch die Dienstanweisung von 2006 nicht geändert wurde. Aber diese Frage verliere – so die SPD – mit Bekanntwerden der weiteren Dienstanweisungen ihre grundlegende Bedeutung. Becker: „Im Abfallwirtschaftsbetrieb war spätestens seit der Dienstanweisung von 2013 (oder 2015) klar: Nicht benötigtes Geld ist 'mündelsicher' anzulegen“.

Für klare Regelung gesorgt
Rückblickend merkt die SPD-Fraktion an: Für die im Juni 2021 durch die Kreisgremien erarbeitete Änderung der aus 2006 datierenden Dienstanweisung sei der Millionenverlust zwar der äußere Anlass gewesen, inhaltlich sei es aber darum gegangen, die Dienstanweisung der seit dem 1.10.2017 geltenden Rechtslage anzupassen. In diesem Prozess habe die SPD die richtigen Fragen gestellt und die wichtigsten Inhalte der neuen Regelung maßgeblich beeinflusst. Auch Ausschussmitglied Anka Seelbach legt Wert auf die Feststellung: „Damit haben wir klargestellt, dass Geldanlagen bei Privatbanken ohne Institutssicherung nicht dem Haushaltsgrundsatz „Sicherheit vor Ertrag“ entsprechen“.

"Demut ist angesagt"
Bezüglich des Verhaltens des für den AWB zuständigen Beigeordneten Gerd Dittmann zeigt sich die SPD-Fraktion bestürzt. Dass man den zuständigen Ausschüssen und dem Kreistag die jetzt aufgetauchten Dienstanweisungen vorenthalten habe, setze den bisherigen Vertrauensvorschuss aufs Spiel. Die umfassenden Unschuldsbeteuerungen und die gegenüber dem Kreistag und der Presse dargestellte Opferrolle, erscheine jetzt in einem anderen Licht. Für Einsicht und Demut sei es jetzt schon fast zu spät.

Davon vollkommen unabhängig kritisiert die SPD auch den Versuch, den entstandenen Schaden zu relativieren. Kreistagsmitglied Heijo Höfer bringt es auf den Punkt: „Für die Deponienachsorge sind insgesamt 17 bis 18 Millionen Euro an Rückstellung veranschlagt. Davon sind aktuell 8,5 Millionen tatsächlich als Rücklage vorhanden. Mit den 3,6 Millionen Euro wären es über 12 Millionen.“ Man könne es drehen und wenden, wie man will, und noch so wortreich und verklausuliert darstellen, am Ende seien die Gebührenzahlenden die Verlierer. Höfer: „Weg ist weg. Wir fordern Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern“.

(Pressemitteilung SDP-Kreistagsfraktion Altenkirchen)
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