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Nachricht vom 04.10.2007
Region
Weiterbildung Schlüssel zum Erfolg
Dem, was ohnehin schon jeder weiß - oder auch nur ahnt - muss die wissenschaftliche Weihe verliehen werden. So auch beim Bildungsgipfel in Wissen. Klar ist: Die kleinen und mittleren Beriebe investieren zu wenig in die Weiterbildung, die Zusammenarbeit mit den regionalen Hochschulen ist ein wichtiges Werkzeug, um dies zu ändern.
bildungsgipfel diskussionWissen. Sie ist zwar erst seit einigen Tagen an der Universität Siegen angestellt, aber für Professorin Dr. Petra Moog ist klar: Die kleinen und mittleren Unternehmen ("KMU") investieren zu wenig in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Offenbar, so die Wirtschaftswissenschaftlerin, sei die "Relevanz der Qualifikation und der Weiterbildung" bei den KMUs noch nicht erkannt worden. Etwa 75 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen seien im Bereich Weiterbildung und Qualifikation inaktiv. Das, so Moog, müsse dringend geändert werden, um die Region voranzubringen - und zwar durch Kooperation zwischen den verschiedenen Unternehmen. Die Bedeutung von Weiterbildung, so Moog, habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Dies hätten auch viele Betriebe inzwischen erkannt, müsse aber in Zukunft besser koordiniert werden. So kann sich die Professorin vorstellen, dass mehrere Betriebe einen gemeinsamen Trainer einstellen. Grund: Viele Kleinbetrtieb haben weder Zeit noch Geld, um Weiterbildung gewährleisten zu können. Und falls Kleinberiebe weiterbilden, handele es sich überwiegend um informelle (nicht zertifizierte) Maßnahmen, da diese kostengünstiger seien. Oft seien "KMUs" auch der Meinung, die Qualifikation ihrer Mitarbeiter sei ausreichend. Dies könne sich aber als Fehlschluss erweisen.
Als Lösung für diese Probleme schlägt Moog vor, Arbeitszeitkonten einzurichten. Die Erfahrung zeige, dass Unternehmen, in denen es Arbeitszeitkonten gibt, erheblich mehr auf Weiterbildung setzen als Unternehmen ohne. Wichtig für Unternehmen sei die Planungssicherheit, sagte Moog. Deshalb sei hier auch Hilfe von außen gefragt, etwa wie durch die Bildung von Netzwerken, denn "die Mitarbeiter bei KMUs lechzen förmlich nach Weiterbildung." Und hätten Mitarbeiter sich erst einmal weiter qualifiziert, werde für diese Fachkräfte die Bleibewahrscheinlichkeit in der Region auch entsprechend größer. Deshalb, so das Fazit von Professorin Moog, stelle die Weiterbildung für die KMUs eine besondere Herausforderung dar: "Die KMUs brauchen vor allem auch strategische Beratung."
Hier seien die Hochschulen ein wichtiger Katalysator, bekräftige Dr. Klaus Sauerborn von der Universität Trier. Hier seien eindeutig positive Effekte für die Entwicklung der Region zu erwarten wie Wissenstransfer und auch Unternehmensgründungen, oder wie es im kalten Wirtschaftsdeutsch heißt: "Verbesserung der regionalen Humankapitalausstattung". Enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft hält Sauerborn deshalb auch für unerlässlich. Welche Auswirkungen das auf Forschung und Lehre hat, sagte er nicht. Sein Fazit lautet: Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben starke Auswirkungen auf Einkommen und Beschäftigung sowie vielfältige positive Wirkungen auf Wachstum, Innovationsfähigkeit, Unternehmensgründungen, Weiterbildung, Wissens- und Technologietransfer sowie das "Image" einer Region. Sauerborns Empfehlung: Die regionalen Aktivitäten im Bereich des Hochschulstandortes und des Weiterbildungszentrums müssen auf den Bedarf der Region abgestimmt werden.
In der von Lore Mertens (SWR) moderierten Diskussion sagte Professor Dr. Horst Idelberger (Uni Siegen), eine "Lernfabrik", wie von Landrat Michael Lieber vorgeschlagen, habe den Vorteil, dass dort Projekte, die auch schon von TTA (Technologie Transfer Agentur) oder ANSIT angestoßen, gebündelt werden könnten. Mit einer entsprechenden Ausrüstung könnte eine solche Einrichtung den praktischen Bogen schaffen zwischen Facharbeitern und Hochschulabsolventen, wovon vor allem auch kleinere Betriebe profitieren würden. Es müsse darum gehen, mehr Durchlässigkeit von der beruflichen zur akademischen Bildung zu schaffen. Jungen Menschen, so Idelberger, müsse es durch entsprechende Projekte ermöglicht werden zu lernen, "wie der Betrieb funktioniert." Idelberger: "Wir müssen versuchen, den Standort hier zu stärken, dann ist mir nicht bange."
Dr. Edelbert Dold, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Kolenz. sagte, die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Betrieben sei eine "wesentliche Voraussetzung für ein gutes Ergebnis". Zwar gebe es schon einige Akteure in Sachen beruflicher Bildung, aber vor allem die kleineren Betriebe müssten verstärkt erreicht werden. Wichtig sei zunächst, hier für Transparenz zu sorgen: Wie kann das Angebot wahrgenommen werden. In diesem Zusammhang ergänzte Landrat Michael Lieber: Es gehe darum, die vorhandenen Netzwerke jetzt zu koordinieren und unter dem Dach einer übergeordneten Bildungseinrichtung zu bündeln.
Karl-Ernst Starfeld, Leiter der Arbeitsagentur Neuwied, sagte, der Ansatz zur Schaffung einer Lernfabrik sei auch angesichts des drohenden Mangels an Fachkräften ein zukunfstweisender Ansatz. Und: Man müsse möglichst schnell handeln, denn im Wettbewerb der Regionen habe man nicht mehr viel Zeit zu verlieren.
Froh zeigte sich Dr. Ulrich Bernhardt, Vorsitzender des IHK-Beirats, Geschäftsstelle Betzdorf, und Geschäftsführer der Westerwälder Eisenwerke, über die Minister-Botschaft der gewünschten engen Anbindung der Region an die Universität Siegen. Bernhardt: "Das ist eine riesige Chance."
Auch Bernd Hammes, Leiter der Akademie des Handwerks der HwK Koblenz, und Hans-Peter Vierschilling, Kreishandwerksmeister, setzten sich für eine Aufweichung der strikten Trennung von Studium und Ausbildung ein. Das Handwerk wolle in Zukunft verstärkt mit den Schulen zusammenarbeiten, kündigte Hammes an. Eine ganze Menge, so Hammes, müsse aber zunächst für die berufliche Erstausbildung getan werden. (rs)
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Sie diskutierten beim Bildungsgipfel in Wissen (von links): Dr. Ulrich Bernhardt, Dr. Edelbert Dold, Professor Dr. Horst Idelberger, Moderatorin Lore Mertens, Landrat Michael Lieber, Karl-Ernst Starfeld, Bernd Hammes und Hans-Peter Vierschilling. Fotos: Reinhard Schmidt

 
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