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Nachricht vom 19.02.2007
Region
Kreis: Kein Ermessensspielraum
Die Kreisverwaltung Altenkirchen wehrt sich im Falle des jungen Kurden Erdogan, der am Mittwoch versucht hatte, sich in der Betzdorfer Polizeiinspektion mit seinen Schnürsenkeln selbst zu strangulieren, gegen Vorwürfe der Bündnisgrünen.
Kreis Altenkirchen. Die Kreisverwaltung Altenkirchen hat sich gegen Vorwürfe der Grünen/Bündnis 90 gewehrt, sie habe im Fall des 20-jährigen Kurden Erdogan Menschlichkeit vermissen lassen. Der Vorwurf: Der Kreis sei schon seit Oktober in den Fall involviert gewesen, habe gar von der Suizidgefährdung des jungen Mannes gewusst.
Der 20-Jährigen war bei seiner Tante (nach unseren Recherchen Mitglied bei den Grünen) untergetaucht, nachdem sein Asylantrag nach der Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Lebach/Saarland abgelehnt worden war.
Erdogan hatte in seiner Heimat ein 15-jähriges türkisches Mädchen geschwängert, das, als dies bekannt wurde, offenbar von Verwandten umgebracht worden war, um die "Ehre" wiederherzustellen. Der junge Türke musste daraufhin auch um sein Leben fürchten, flüchtete nach Deutschland und stellte einen Asylantrag, wollte zu seinen Verwandten in Kirchen, tauchte dort schließlich unter. Am Mittwoch wurde er festgenommen, versuchte, sich umzubringen. In der Wissener Psychiatrie, wo er inzwischen eingeliefert wurde, soll er einen zweiten Selbstmordversuch begangen haben. Die Grünen fordern, Erdogan aus Gründen der Menschlichkeit ein Duldungsrecht zu gewähren.
Die Kreisverwaltung hat nun alle Vorwürfe der Grünen, die diese über ihre Landesvorsitzende Eveline Lemke-Ziebeil in der Rhein-Zeitung verbreiten ließen, zurückgewiesen. Landrat Michael Lieber: "Offensichtlich versuchten hier einige, ein politisches Süppchen zu kochen, um unsere Ausländerbehörde bewusst in Misskredit zu ziehen." Der Fall Erdogan sei und bleibe ein Fall der saarländischen Behörden. Der Kreis sei für diese seit dem 31. Januar nur im Rahmen der Amtshilfe tätig geworden "und hat auch keinerlei Ermessen, wie fälschlicherweise behauptet wird." In ihrem Amtshilfeersuchen hätten die Behörden zudem aktenkundig gemacht, dass der junge Mann möglicherweise in Straftaten verwickelt ist. In welche, könne man aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.
Der Asylantrag Erdogans sei nach Prüfung drch das Landesamt in Lebach als unbegründet abgewiesen worden. Deshalb habe der Mann seit dem 25. Oktober das Land unverzüglich verlassen müssen.
Landrat Lieber wirft den Grünen vor, sich einfach hinzustellen und mehr Menschlichkeit zu fordern, ohne sich über die Fakten informiert zu haben.
Bestätigt wird von Lieber, dass Erdogan im Oktober 2006 beantragt hatte, zu seinen Verwandten nach Kirchen ziehen zu dürfen, da er psychisch krank sei und diese sich um ihn kümmern sollten. Einem solchen Antrag könne aber nur zugestimmt werden, wenn es sich um Ehegatten oder Eltern mit minderjährigen Kindern handele. Der Antrag sei deshalb am 3. Januar abgelehnt worden.
Diesem Antrag sei ein allgemeinmedizinisches Attest beigefügt gewesen und nicht, wie von den Grünen behauptet, das eines Facharztes aus Kirchen, der dem 20-Jährigen psychische Zerrütung bescheinigt haben soll. Lieber: "Ausweislich unserer Akten hat es einen Brief an uns nie gegeben." Es sei auch widersprüchlich, dass seine Behörde dieses Attest schon am 18. Oktober angezweifelt haben soll, wenn es laut Zeitungsbericht vom 9. November stamme. Allerdings macht Lieber auch klar: Auch ein Attest hätte an der Entscheidung nichts geändert, denn: "Es gibt da kein Ermessen...Gäbe es das Amtshilfeersuchen nicht, wären wir überhaupt nicht tätig geworden."
Was nun aus dem jungen Kurden wird? Die Bündnisgrünen jedenfalls wollen versuchen, über einen Anwalt die drohende Abschiebung zu verhindern...(rs)
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