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Nachricht vom 21.07.2022
Kultur
Skulpturengarten Wortelkamp „im Tal“ bei Hasselbach: Kunst als „Gegendteil“
Der Künstler Erwin Wortelkamp hat seit 1986 etwa 50 anerkannte Künstler, Landschaftsarchitekten, Bildhauer, Schriftsteller, und Musiker eingeladen, den Landschaftsraum „Im Tal“ zwischen Hasselbach und Werkhausen zu gestalten, mit Rücksicht auf die Natur und im Dialog mit der Landschaft. Auf über 100.000 zusammengekauften Quadratmetern wurden circa 60 ortsbezogene vielgestaltige Kunstwerke integriert.
Von links: Sandra Köster, Erwin Wortelkamp, Ulla Wortelkamp, Dr. Peter Enders und Fred Jüngerich. Fotos: Wolfgang TischlerHasselbach. Die Region Westerwald nach innen und außen bekannt machen, indem Leuchttürme aus unterschiedlichen Bereichen publiziert werden, sei das Anliegen der Regionalinitiative „Wir Westerwälder“ der drei Landkreise Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis, erläuterte Landrat Dr. Peter Enders.

Fred Jüngerich, Verbandsbürgermeister von Altenkirchen-Flammersfeld ergänzte, wer das Tal kenne, komme gern zurück. Seine Verbandsgemeinde sei froh, der Wertschätzung Nachdruck verleihen zu können, auch wenn die Werke Erwin Wortelkamps weltberühmt seien. Die Verbindung Kunst und Natur sei einzigartig. Die Baumpflanzaktion auf Initiative von Wortelkamps Sohn Kim am 18. Januar des Jahres sei eine großartige Maßnahme gewesen. Die über 100 käferbefallenen Fichten, die gefällt werden mussten, wurden durch robustere Gehölze von Eichen bis Heckenpflanzen ersetzt und werden nun eifrig gegossen.

Das Gesamtwerk des Künstlers ist gigantisch, denn es umfasst neben dem Kunst-Tal ein Schaulager in Weyerbusch, das „Depositum“ und im „Haus der Kunst“, der Alten Schule in Hasselbach, in der der Künstler mit seiner Frau Ulla wohnt und arbeitet, einen Archivraum in der ehemaligen Turnhalle, der Besuchern durch einen separaten Eingang zugänglich ist. Dort findet man die Kataloge der Künstler, die im Tal gewirkt haben und die Dokumentation der Entwicklung des Tals selbst, einer ökologisch artenreichen Aue mit Wiesen und Teichen.

Die Papierarbeiten Erwin Wortelkamps sind in Schubladen mit Jahreszahlen ihrer Entstehung archiviert. Alte Dokumente werden aufbewahrt, diese Sammlung wird unentwegt fortgesetzt. Wortelkamp selbst hat 50 eigene Kataloge und Bücher erstellt.

Ein vom berühmten Westerwälder Fotografen August Sander (1876–1964) gefertigtes Porträtfoto gehört der Tochter, die einen Großteil des Sander-Nachlasses geerbt hat und als Theaterwissenschaftlerin und Fotografin von Tanzbewegungen damit in Paris eine große Ausstellung zum Thema „Neue deutsche Sachlichkeit“ kuratiert. Bei der Einweihung des Sander-Hauses im Tal, überreichte der Urenkel Sanders eine Fotografie von Wortelkamps Vater mit August Sander, weil Sander keinen sehnlicheren Wunsch hatte, als in der Heimat museal geehrt zu werden. Inzwischen gibt es den „August-Sander-Weg“ mit dem weltweit einzigen Gebäude für einen Fotografen.

Die Anerkennung in der Region ist für Kunstschaffende ein Problem. „Wir Westerwälder“-Vorständin Sandra Köster zitierte den Molsberger Galeristen Emmanuel Walderdorff, dass Kunden aus Hamburg und München anreisen und für sie eine passende Gastronomie gesucht wird, aber die Nachbarn das naheliegende Kunstangebot gar nicht kennen. Erwin Wortelkamp bestätigte genau das. Als der aus Hamm/Sieg stammende Künstler und Kunsterzieher 1975 von Frankenthal wegzog und die zum Verkauf stehende Alte Schule, die zwischen drei Dörfern steht, erwarb, stieß er bei den Hasselbachern nicht auf Unterstützung. Seine Vision war es, dass Menschen mehrere Tage lang im Gasthof wohnen und die Region genüsslich erkunden.

Die Kunstanlage im Tal sieht der Gründer als Programm für die Möglichkeit einer Demokratie: Auf kleiner Zelle mit Individualisten, die respektvoll umgehen mit dem, was sie vorfinden (Landschaft) und Rücksicht nehmen auf andere im Dialog mit den anderen Künstlern. Es sei notwendig, eine Autonomie zu erzeugen, denn der Künstler arbeite in der Regel im luftleeren Raum ohne Auftrag, das bedeute, man müsse Obsession haben. „Der Künstler lässt sich nicht zwingen, er tritt schutzlos mit dem, was er macht, in die Öffentlichkeit.“ Die Autonomien im Tal sind Rücksichtnahme und pädagogische Absicht.

2006 wurde der Förderverein des Kunstvereins Hasselbach e. V. gegründet, um die Anlage „im Tal“ dauerhaft zu erhalten und weiterzuentwickeln. Die ehemalige Familieninitiative ist zwischenzeitlich mithilfe des Kunstvereins Hasselbach übergegangen in die Familienstiftung „im Tal - Stiftung Wortelkamp“ mit dem Ziel, in der Zukunft die Werke aus der Anlage „im Tal“, ebenso wie einen wesentlichen Bestandteil des persönlichen künstlerischen Werkes von Erwin Wortelkamp in die Stiftung zu überführen und beides damit nachhaltig der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Bürgermeister Jüngerich betonte die Akzeptanz in der Bevölkerung: „Die Ortsgemeinden stehen wie eine Mauer hinter dem Tal!“

Landrat Enders, der durch den Kunstunterricht in der Schule bereits sensibilisiert wurde und in der Kreisverwaltung ein August-Sander-Zimmer hat, hatte sich bei seinem Amtsantritt vorgenommen, die Mitbürger für Kunst zu sensibilisieren. Eine Ausstellung im Kreishaus sieht Wortelkamp kritisch, weil die Menschen nicht sensibel sind und nicht zwischen Hobby- und Profi-Kunst unterscheiden. Er vermisse seit 40 Jahren eine Koordination der Kunstszene im Kreis mithilfe einer Fachkraft. Für den systematischen Aufbau müsse Geld zur Verfügung gestellt werden.

Enders nahm die positive Kritik des engagierten Künstlers auf und beschloss spontan, die nächste Kulturausschuss-Sitzung im Haus der Kunst durchzuführen. Erwin Wortelkamp solle den Anstoß geben für eine/n Kulturbeauftragte/n. Da die beiderseitigen Interessen zum Programm der Initiative „Wir Westerwälder“ passen, setzte das Schlusswort des Landrats einen Startschuss: „Lassen Sie uns neu anfangen!“

Informationen zum Tal, das gegen geringes Entgelt (Erwachsene 5 Euro, Kinder, Jugendliche und Studierende 2 Euro) stets zugänglich ist, auf der Website www.im-tal.de. (htv)
     
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