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Nachricht vom 10.10.2022 |
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Region |
Biomüll aus dem Kreis: Transport in den Harz wird wohl Geschichte |
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Zusammenkünfte von Gremien ein und derselben Gebietskörperschaft an einem Tag und direkt nacheinander sind nicht die Regel: Der Kreis- und der Werkausschusses des Kreistages Altenkirchen trafen sich ausnahmsweise zu Sitzungen in rascher Abfolge. |
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Altenkirchen. „Hochbetrieb“ am Montagnachmittag (10. Oktober) im Altenkirchener Kreishaus: Erst „belagerten“ die Mitglieder des Kreisausschusses den Wilhelm-Boden-Saal, es folgten umgehend die des Werkausschusses des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) des Kreises Altenkirchen, der einen zuvor mehrfach konträr diskutierten Punkt mit neun Ja-^ und fünf Nein-Stimmen bei einer Enthaltung auf den Weg brachte: Der Bioabfall wird vom 1. Juli 2024 an nicht mehr zur Kompostierung von der Firma Harz-Humus Recycling GmbH abgeholt und im Anschluss quer durch die Republik nach Ditfurt (Sachsen-Anhalt) geschafft, wo er bislang teileingehaust (Halle mit Dach und zwei Wänden) kompostiert wird. Vielmehr, so das Gremien, sollen in der Ausschreibung für neue Entsorgungsdienstleistungen zwei Mengenlose (jeweils 10.250 Tonnen pro Jahr) gebildet werden, die zum einen die Verfahrensvorgabe zur Kaskadenlösung (Vergärung in einer Biogasanlage mit anschließender Kompostierung) enthält und zum anderen das Attribut „verfahrensoffen“ nach derzeitigem Stand der Technik und Genehmigungslage zugewiesen bekommt (wenn Kompostierung, dann in einer geschlossenen Anlage).
Vorgaben der TA Luft
Fred Jüngerich als neuer (dritter) Kreisbeigeordneter, in dessen Geschäftsbereich der AWB fällt, und AWB-Werkleiter Werner Schumacher hatten zuvor deutlich gemacht, dass die von Harz-Humus genutzte Technik schon heute nicht mehr auf dem aktuellen Stand sei und lediglich auf Ausnahmegenehmigungen speziell im Bereich des Immissionsschutzes - insbesondere der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) – beruhe. Alle weiteren elf Lose, die für Neuvergaben zum 1. Juli 2024 formuliert worden waren, wurden ohne Beanstandungen „durchgewunken“. Das Dutzend wird nun ausgeschrieben. Zur Seite steht dem AWB bei dem kompletten Verfahren die Kooperation teamwerk AG/teamiur Rechtsanwälte (beide Mannheim), die den Zuschlag für 21.715 Euro (netto) erhielt. Unterschiedlich sind die Vertragslaufzeiten vorgesehen: Die Lose, die sich auf Sammlung, Beförderung und Umladung beziehen, beinhalten sechs Jahre (plus zweimal einjährige Verlängerungsoptionen), die Übernahme und Verwertung beschreiben sehen drei Jahre plus einmalig eine zwölfmonatige Verlängerung vor.
Verfahrensoffen für beide Mengenlose
Die fünfköpfige CDU-Fraktion, die sich komplett gegen diesen Weg der Biomüllentsorgung aussprach, hatte laut christdemokratischem Sprecher Torsten Löhr die verfahrensoffenen Varianten für beide Mengenlose präferiert. Je höher die Einschränkungen desto mehr würden die Gebührenzahler belastet. Albert Hüsch (CDU) berichtete, dass die offene Kompostierung in vielen Bundesländern noch genutzt werde. „Warum soll das woanders gehen und bei uns nicht? Wir sind seit 2012 mit der Firma ganz gut gefahren“, fügte er an und erinnerte an „Übergangsfristen von fünf Jahren“. Auch benötige eine Kaskade sehr viel Energie. Bernd Becker (SPD) hob die maximale Vertragsdauer von vier Jahren für die Übernahme und Verwertung des Bioabfalls hervor mit dem Hintergedanken, dass „wir dann früher schlauer sind, wenn wir nicht die richtige Entscheidung getroffen haben“. Zurzeit werde das entstehende Gas im Harz einfach in die Luft geblasen. Deswegen mache der Einstieg in die Kaskade und damit in die Vergärung Sinn.
Wie hoch ist der Energieertrag?
„Grundsätzlich wollen wir den Gebührenzahler so wenig möglich belasten“, meinte Jüngerich und rief bei allen Überlegungen in Sachen finanzielles Volumen der Angebote auch die Entwicklung der „Spritkosten als Zünglein an der Waage“ ins Gedächtnis. Diesen Aspekt vertiefte Udo Piske (FDP): „Transportkosten sind schwer zu greifen.“ Udo Quarz (Die Linke) sprach von einer „Übergangszeit, denn es sind gesetzgeberische Maßnahmen unterwegs“. Wenn man alle Umstände berücksichtige, spreche alles für die (schließlich verabschiedete) Variante eins des Beschlussvorschlages. „Wenn wir uns nicht auf den Weg begeben, richten wir weiteren Schaden an“, äußerte sich Günter Knautz (FWG). Die Frage, wie der Energieertrag einer Vergärungsanlage sei, konnte ihm niemand ad hoc beantworten. Die Diskussion offenbar ein wenig fehl am Platz findend, erinnerte Michael Mückler (Bündnisgrüne) daran, dass aus der Sitzung des Facharbeitskreises Abfallwirtschaft doch einstimmig die Variante eins hervorgegangen sei. Schumacher machte schließlich noch einmal in aller Deutlichkeit klar, dass die reine Kompostierung aussterben werde.
Anleihe fristgerecht zurückgezahlt
Innerlich herrschte bei den Ausschussmitgliedern – gelinde gesagt – wohl ein gewisser Grad an Erleichterung, denn die Mercedes-Bank zahlte die nicht mündelsichere Anleihe in Höhe von fünf Millionen Euro, die der AWB bei dem Geldhaus getätigt, termingerecht inklusive Zinsen (18.000 Euro) zurück. „Das Geld ist jetzt auf einem Konto bei der Sparkasse Westerwald/Sieg gebucht“, unterrichtete Jüngerich und zertreute letzte Zweifel, dass ein weiteres finanzielles Geschäft im Desaster enden könnte. Bekanntlich kämpft der AWB gemeinsam mit anderen Kommunen darum, Einlagen, die die in die Insolvenz gegangene Greensill-Bank verwaltet hatte, zumindest in Teilen zurückzuerhalten. Für den AWB stehen 3,6 Millionen Euro auf dem Spiel.
Was der Kreisausschuss entschied
Ohne Gegenstimme wurden diese Beschlüsse gefasst: Die Firma Elektro Böhm GmbH aus Großmaischeid übernimmt den Neuaufbau der passiven Dateninfrastruktur in der IGS Hamm für rund 301.187 Euro. Es gilt, die stark veraltete und heterogen gewachsene Netzwerkinfrastruktur den Anforderungen entsprechend umzubauen. Erklärtes Minimalziel ist es, in jeden Unterrichtsraum mindestens zwei Duplexdosen (vier Anschlüsse) im Tafelbereich zu installieren, um in Zukunft flächendeckend digitale Tafeln und WLAN-Access-Points betreiben zu können. Für den Ausbau der IGS Horhausen wurden weitere Aufträge (neuntes Vergabepaket) erteilt: Prellwände an die Firma Diaplan Innenausbau GmbH aus Freilassing für 125.112 Euro; Sportboden an die Firma Top-Sport GmbH aus Rietberg für 65.529 Euro und Bodenbelagsarbeiten an die Firma Dieter Holschbach aus Morsbach für 105.659 Euro. Der Bauherr geht derzeit von Gesamtkosten für das Projekt in Höhe von 9.488.592 Euro aus. Zunächst waren 9.281.101 Euro kalkuliert worden.
Weiterförderung von Armutsprojekten
Der Kreis fördert auch weiterhin diverse Armutsprojekte in den Jahren 2023 und 2024, wie im Kreisausschuss einstimmig verabredet wurde (in Klammern Projektkosten pro Jahr): Lernküche Neue Arbeit (Altenkirchen) 18.000 Euro (22.000 Euro); Alltagshilfen Neue Arbeit (Altenkirchen) 6000 Euro (8000 Euro); Glücksspielsuchtprävention Caritasverband Rhein-Wied-Sieg (Betzdorf) circa 7000 Euro (69.000 Euro) nicht gedeckte Personalkosten des Trägers; Perspektivbüro Caritas-Dienste und Arbeit (Betzdorf) 295 Euro pro Teilnehmer maximal 32.700 Euro (128.000 Euro); Jungenthaler Börse (Möbelbörse) Caritas-Dienste und Arbeit (Betzdorf) 35.480 Euro (109.000 Euro).
Stegskopf: Mediation ausbaufähig
Seit geraumer Zeit versucht der Altenkirchener Arthur Trossen die Gruppen, denen die künftige Nutzung des Stegskopfgeländes jeweils am Herzen liegt, für eine Mediation zu gewinnen. In einem Zwischenbericht an Landrat Dr. Peter Enders äußerte sich Trossen zum Stand der Dinge (Auszüge): „Unsere Recherchen haben ergeben, dass die Mediation möglich ist und zweifellos das optimale Verfahren darstellt, um den Streit um den Stegskopf beizulegen. … Leider ist der Kreis der Teilnehmer an der Mediation noch nicht ausreichend groß, um eine Mediation zu starten. Unser Eindruck ist, dass im Grunde alle ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Interesse am Geschehen haben. Trotzdem werden die Möglichkeiten der Mediation, solche Gespräche zu ermöglichen, noch nicht korrekt eingeschätzt. … Es wird die Auffassung vertreten, dass es für eine Mediation zu spät sei. … Ihre Aufgabe besteht darin, den Streit zu überwinden und in eine sachliche Auseinandersetzung hineinzuführen. … Wir sehen noch Chancen, dass dies möglich ist und haben bereits eine Strategie dafür entwickelt, wie eine konstruktive Auseinandersetzung mit allen Beteiligten erreicht werden kann. … Wir meinen, dass Gespräche, Verfahren und Planungen, wenn sie wie bisher geführt werden, nicht bewirken, was man sich davon verspricht.“
Höheres Interesse privater Unternehmen
Der Ausbau mit Glasfaserkabel für den schnellen Weg ins und aus dem Internet in den eigenen Rechner kommt allmählich voran, wie Lars Kober als Leiter der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises vorstellte. Die Marktlage habe sich verändert, es bestehe ein höheres Interesse privater Unternehmen, die Voraussetzungen für schnelles Internet zu schaffen. „Das ist positiv zu bewerten“, verdeutlichte er. Nach Jahren des zögerlichen Fortschritts sorgen die Firmen Deutsche Glasfaser und Glasfaser Plus als Tochter der Deutschen Telekom für deutlich bessere Verkabelungsaktivitäten – teils mit und teils ohne Vorvermarktungsquote. Zudem helfe das Programm „Graue Flecken“ beim förderfähigen Breitbandausbau. Kober nannte kreisweit 54.246 Gebäude, die jeweils über einen Telefonanschluss verfügten. Davon seien nach Abzug diverser Kabelnetzkunden und bereits versorgter Gebiete (Alt-VG Betzdorf) noch 36.417 förderfähige Adressen vorhanden. (vh) |
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Nachricht vom 10.10.2022 |
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