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Nachricht vom 05.11.2022 |
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Region |
Neuordnung des kommunalen Finanzausgleiches: Am Ende trifft es alle Bürger |
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Am Donnerstag (3. November) trafen sich Kommunalpolitiker, Ratsmitglieder, Mitarbeiter der Finanzabteilungen und weitere Interessierte aus dem ganzen Kreis Altenkirchen im Wissener Kulturwerk. Referiert wurde zum Thema der in 2023 anstehenden Neuordnung des kommunalen Finanzausgleiches. Und das erhitzt durchaus die Gemüter, denn am Ende wird es alle Bürger treffen. |
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Kreis Altenkirchen/Wissen. Wenn es so kommt wie geplant und die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleiches (KFA) zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, werden die Gemeinden und Städte zukünftig höhere Grundsteuer-Gebührenbescheide für Hausbesitzer verschicken müssen. Und das in den aktuellen Zeiten, wo die Menschen sowieso schon überall mit steigenden Kosten zu kämpfen haben. Nach den im Referat vorgetragenen Berechnungen, die auf vorläufigen Zahlen beruhen, könnte das für ein Einfamilienhaus mit durchschnittlichem Grundstück rund 80 Euro im Jahr mehr bedeuten. Die Überbringer der Botschaft, die vom Land per KFA geregelt wird, werden die vielen teils ehrenamtlichen Kommunalpolitiker vor Ort sein. Denn die müssen bis Juni 2023 ihre Haushaltssatzungen beschließen und damit auch neue Steuerhebesätze.
Doch von vorne: Anstelle des Steuerverbundes soll der KFA in ihrer Neuordnung zukünftig aufgaben- und bedarfsorientiert ausgestaltet werden, damit das Land den Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen kann. Mit dieser Mindestausstattung über Schlüsselzuweisungen, gerne auch die "Sozialhilfe für die Gemeinden" genannt, sollen Pflichtaufgaben sowie ein Mindestmaß an freiwilligen Aufgaben sichergestellt werden. "Das hört sich erst mal gut an", wie Fred Jüngerich, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen-Flammersfeld, gleichzeitig Vorsitzender der Kreisgruppe Altenkirchen des Gemeinde- und Städtebundes, während seiner Begrüßungsansprache sagte. Doch dazu müsse man wissen, woher sich diese Mittel speisen und damit beginne die "Mogelpackung". Seitens des Landes und des Bundes müsse erkannt werden, was an der Basis geleistet werde. Teils werde das Geld von Gemeinden genommen, die vermeintlich besser gestellt sind, was Jüngerich in Gänze für ein Milchmädchenrechnung hält.
Nivellierungssätze werden angehoben
Die komplexen Erläuterungen zur Neuordnung des KFA nahmen Anette Stinner und Florian Marhöfer vom Fachbereich Finanzen der VG Altenkirchen-Flammersfeld vor. Um zu verstehen, warum Städte und Gemeinden quasi gezwungen werden, die Grundsteuern zu erhöhen, muss man zuvor wissen, dass der vom Land vorgegebene sogenannte Nivellierungssatz zur Berechnung derselben maßgebend ist - zudem als Berechnungsgrundlage für Landeszuschüsse, Schlüsselzuweisungen und Umlagezahlungen der Gemeinden an die VG und den Kreis dient. Aktuell liegen der vom Land festgesetzte Nivellierungssatz bei 365 und soll zukünftig auf 465 v.H. angehoben werden. Bleibt nun der Hebesatz der Grundsteuer der Gemeinden unter dem Nivellierungssatz, werden Gemeinden quasi "reicher gerechnet als sie sind. Das hat zur Folge, dass weniger oder keine Landeszuschüsse mehr fließen und Umlagen auf Einnahmen gezahlt werden müssen, die die Gemeinde gar nicht hat. Auch könne eine Gemeinde keine Fördergelder mehr beantragen. Damit drücke man den Kommunen die Pistole auf die Brust ihre eigenen Hebesätze zu erhöhen. So treffe es am Ende jeden Bürger, erläuterte Marhöfer.
Wollen die Gemeinden wie von der Landesregierung gefordert zudem ihren Haushalt ausgleichen, wird eine Anhebung des Steuerhebesatzes über das Niveau des Nivellierungssatzes 465 v.H. erforderlich sein. Denn ohne schwarze Null müssen Gemeinden damit rechnen, dass ihre Haushaltspläne abgelehnt werden und sie damit quasi handlungsunfähig sind.
Letztendlich, so Marhöfer und Stinner bleibe aktuell abzuwarten, wie sich die neue Gesetzgebung auf die einzelnen Gemeinden und VG´n auswirke. Konkrete Haushaltsplanungen seien erst nach Beschluss über das Gesetz möglich. Anzumerken sei hier auch, das die Neuregelung des KFA nichts mit der bundesweiten Grundsteuerreform zu tun habe. Diese wird 2025 in Kraft treten.
Gastgeber und Wissens Bürgermeister Berno Neuhoff, der durch die anschließende Diskussionsrunde führte, zeigte auf, dass man sich innerhalb der Kreisgruppe des Gemeinde und Städtebundes große Sorgen mache. Es sei an der Zeit, sich deutlich in Richtung Kreis und Land zu positionieren. Kritiklos werde dies nicht hingenommen, noch sei man in der Gesetzfindung. Gemeinsam als Kreisgruppe will man ein deutliches Signal nach Mainz senden, so auch Fred Jüngerich. Erste Gespräche stehen in Kürze an.
Einige Meinungen der Kommunalpolitiker
- „Die Bürger werden das nicht verstehen.“
- „Die Neuregelung ist eine Beschneidung der kommunalen Selbstverwaltung.“
- „Die Steuererhöhungen sollte solidarisch geteilt werden, dafür könnten Umlagen an VG und Kreis gesenkt werden.“
- „Wir finanzieren die Lücken vom Land.“
- „Wir haben eine Inflation und Rezession, doch wir leben in einem gewissen Wohlstand. Diesen Wohlstand zu halten wird teurer.“
- „Der Staat hat die Corona-Krise und die Spritpreis- und Gaspreisbremse finanziert. Woher soll das ganze Geld denn sonst kommen?“
- „Damit können wir alle nicht zufrieden sein, es kommt immer mehr auf uns zu.“
- „Wir müssen fordern, das Gesetzgebungsverfahren zu stoppen.“
- „Die Steigerung bedeutet im Monat 8,80 Euro mehr.“
- „Was ist mit Gemeinden, die besser gestellt sind, weil sie vorab als Beispiel in Industriegebiete investiert haben? Da sieht man sich als Gemeinde bestraft“
- „Die Ortsgemeinderäte werden die Prügel für die Entscheidungen des Landes erhalten.“ (KathaBe)
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Nachricht vom 05.11.2022 |
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