AK-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Altenkirchen
Nachricht vom 11.11.2022
Region
Altenkirchener „Appelhof“-Filiale schließt Ende des Jahres
Es ist (noch) das Kleinod unter den Einkaufsmöglichkeiten in Altenkirchen. Aber nicht mehr lange: Zum Ende des Jahres schließt die „Appelhof-Filiale“ in der Kölner Straße, die dann beinahe drei Dekaden lang immense „Vitaminbomben“ dank verschiedener Obstsorten „unter die Leute“ gebracht hat.
Der Verkaufsstand des „Appelhofs“ auf einem Parkplatz in der Kölner Straße in Altenkirchen wird in wenigen Wochen Geschichte sein. (Foto: vh)Altenkirchen. Er ist eher unscheinbar: Der kleine Verkaufsstand, an dem die Kunden fast unter freiem Himmel stehen und der einen winzigen Bereich des Parkplatzes des Gebäudekomplexes, in dem Beckers Fleischmarkt und Partyservice, die Drogeriefiliale Rossmann und das Bekleidungsgeschäft Ernsting’s family in der Altenkirchener Kölner Straße zu Hause sind, einnimmt, wird in wenigen Wochen für immer von der Bildfläche verschwinden. Die Minizweigniederlassung des Windecker (Herchener) „Appelhofs“, auch unter „Der kleine Hofladen“ bekannt, verabschiedet sich zum Jahresende aus der Kreisstadt, wie einer der „Appelhof“-Inhaber, Diplom-Ingenieur (Gartenbau) Rüdiger Fuhr, auf Anfrage des AK-Kuriers bestätigt. Seiner Aussage nach geht dann eine 27-jährige Präsenz zu Ende. Das Geschäft in Weyerbusch bliebe erhalten, ebenso die Möglichkeit eines Einkaufes am Firmensitz in Windeck-Herchen. Auch Fuhrs älterer Bruder Gernot (Gartenbaumeister Obstbau) ist in die Leitung des Unternehmens integriert.

Zwei gravierende Gründe zwingen zur Aufgabe
Für die Fuhrs sind es in erster Linie zwei gravierende Gründe, die zur Aufgabe der Dependance zwingen. Zum einen sei die Kündigung des Mietvertrages für den Standplatz zum Jahresende ein-, zum anderen der Umsatz seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich zurückgegangen, erläutert Rüdiger Fuhr. Grundsätzlich sei er bereit gewesen, eine Lösung mit dem Vermieter zu finden. Parallel wiegt aber auch das Geschäftliche schwer, wenn nicht sogar schwerer als die avisierte Beendigung des Kontraktes. „Corona ist eher positiv gewesen. Ich kann aber jetzt nicht jeden dritten Tag Geld drauflegen. Seit März ist Zurückhaltung angesagt. Ich möchte auch nicht irgendwas durchschleppen“, beschreibt er die aktuelle Situation rund um den Absatz von Äpfeln, Birnen, Beeren, Pflaumen als auch von Kartoffeln. Das Kaufverhalten der Kunden habe sich zudem in den zurückliegenden Jahren stark verändert. „Vor 15 Jahren beispielsweise wurden zehn Kilogramm davon, zehn Kilogramm hiervon abgenommen“, schaut er auf bessere Jahre zurück, heute dominierten nur noch kleine Mengen. Auch geplante Eingriffe in die unmittelbare Infrastruktur seien trotz Ankündigungen bislang nicht erfolgt. „Der Standort Altenkirchen hat sich immer super gemacht, es gab nie Beanstandungen“, fügt er an und verdeutlicht, dass die Entscheidung für das Aus wohl nicht so leicht gefallen sein könnte. Auf die Suche nach einer neuen Lokation im Umfeld möchte er sich nicht begeben. „Umziehen ist der Anfang vom Ende“, meint er, auch einmal in der Woche beim donnerstäglichen Markt in der Fußgängerzone die Waren anzubieten, komme nicht infrage, „vergessen Sie es“, lautet Rüdiger Fuhrs unmissverständliche Meinung. Von zwei der drei Teilzeitbeschäftigten, die schon viele Jahre als Mitarbeitende fungieren, wird er sich trennen („sie wissen bereits Bescheid"), die dritte im „Appelhof“-Hofladen in Weyerbusch einen Anschlussjob erhalten.

Hof 1969 ausgesiedelt
Darüber hinaus spielten ebenfalls steigende Kosten eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Diese kann ich doch nicht komplett an die Kunden weitergeben“, erklärt Rüdiger Fuhr, alles werde teurer. Als Beispiel nennt er den Strom, für den er inklusive des Anschlusses selbst aufkommt. Die Fuhr-Brüder betreiben nunmehr in zweiter Generation das Geschäft. Von ihrem heute 82 Jahre alten Vater gegründet, ging der Hofladen des Bauernhofes in Windeck-Herchen (der am ehemaligen Standort aus allen Nähten platzte) nach der Aussiedlung im Jahr 1969 auf eine Höhe über der Gemeinde 1970 an den Start. Bewirtschaftet werden Plantagen in der Größe von rund 20 Hektar Fläche, vor allen Dingen für den Anbau von Äpfeln und Birnen (sieben bis acht Hektar) und Erdbeeren (zwei bis drei Hektar). In den Bereich Packen, Ausliefern und Verkauf sind bis zu 16 Teilzeitbeschäftigte mit von der Partie, in Spitzenzeiten der Produktion bis zu 15. Aber auch der Familienbetrieb Fuhr spürt Probleme bei der Suche nach neuen Kräften. „Neues Personal zu finden ist eine Katastrophe“, berichtet Rüdiger Fuhr über seine Erfahrungen, „es gibt keine Leute, die arbeiten wollen, egal, wie viel bezahlt wird. Das spielt keine Rolle“. Dennoch hält er am Betrieb eines Verkaufsmobils fest, das inm benachbarten Kreis Oberberg und im "eigenen" Rhein-Sieg-Kreis Stationen beispielsweise in Waldbröl oder Gummersbach-Dieringhausen anfährt.

Direkt am Natursteig Sieg
Von langjährigen Partnerbetrieben bezieht der „Appelhof“ die Kartoffeln, die, laut eigener Homepage, auch in größeren Mengen oder zum Einkellern geordert werden können. „Beliebt bei allen Kunden ist in der Saison das Angebot an frischem Spargel. Regionale Produzenten, die auf die Natürlichkeit ihrer Produkte und Zutaten achten, steuern frisches Gemüse, Eier, Geflügel, Molkereiprodukte und Käse zum Angebot bei. Wir stellen jeden Tag für Sie das Angebot frisch und neu zusammen. Nudeln, Müsli, Marmelade, Honig, Wein, Branntweine, Säfte, Sirup, Essig und Öl runden unser Angebot ab“, heißt es im weltweiten Netz weiter. Der rund 200 Kilometer lange, gut an den Öffentlichen Personennahverkehr angebundene Natursteig Sieg führt als „Premiumwanderweg“ direkt am „Appelhof“ vorbei. Er liegt an der Etappe 6, die auf 18,3 Kilometern in einer Schleife um Windeck-Herchen durch das Naturschutzgebiet „Wälder auf dem Leuscheid“ führt. Viele Wanderer legen somit auf dem „Appelhof“ Pausen ein. (vh)
Nachricht vom 11.11.2022 www.ak-kurier.de