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Nachricht vom 12.01.2023 |
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Altenkirchens Stadtchef Lindenpütz seit 100 Tagen im Amt: Ich fühle mich sehr wohl |
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Die 100-Tage-Frist bemisst, so erklärt es Wikipedia, die Zeitdauer, die einem neuen (politischen) Amtsinhaber oder einer neuen Regierung zugestanden wird, um sich einzuarbeiten und erste Erfolge vorzuweisen. Altenkirchens Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz ist nunmehr genau gut diese drei Monate „an der Macht“. |
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Altenkirchen. Was unter anderem einer neuen Bundesregierung zugestanden wird, darf auch Ralf Lindenpütz (CDU) als Novize auf dem Posten des Altenkirchener Stadtbürgermeisters für sich reklamieren: eine Einarbeitungszeit von 100 Tagen, ehe ein erstes Fazit seiner Tätigkeit in dem Ehrenamt gezogen werden sollte. Am 18. September 2022 gewählt und wenige Tage später (5. Oktober) vereidigt, geht die gut dreimonatige „Schonfrist“ zu Ende. Im Exklusiv-Interview mit dem AK-Kurier äußert sich Lindenpütz zu Veränderungen im persönlichen Umfeld, zur Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeindeverwaltung und zu großen Projekten in Altenkirchen, die schon umgesetzt werden oder deren jeweilige Verwirklichung nicht mehr lange auf sich warten lässt. Die Neubesetzung des Amtes abseits des Kommunalwahlzyklus war erforderlich geworden, weil Matthias Gibhardt (SPD), 2019 in einer Stichwahl gegen Lindenpütz erfolgreich, aus „persönlichen Gründen“ die Funktion zum 31. Mai 2022 abgegeben hatte. Das Gespräch im Wortlaut:
Nach 100 Tagen im Amt: Wie ist das Gefühl, „Chef“ der Stadt Altenkirchen zu sein?
Als Stadtbürgermeister der Kreisstadt Altenkirchen fühle ich mich sehr wohl, es macht mir Spaß, die Entwicklung unserer Heimatstadt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu gestalten und dabei über ganz andere Themen als in meinem Beruf zu diskutieren.
Was ist Ihnen in den ersten gut drei Monaten Ihrer Amtszeit positiv, was
negativ aufgefallen?
Besonders gefreut hat mit der Zuspruch nach meinem Amtsantritt durch die Bevölkerung in Altenkirchen und die positive Grundstimmung dazu. Für die vielen Glückwünsche zur Wahl und zur Ernennung möchte ich mich auf diesem Wege nochmals herzlich bei allen bedanken. Positiv aufgefallen ist mir das Engagement der handelnden Personen, um die Festivitäten (Herbst-Fashion, Simon-Juda-Markt und Weihnachtsmarkt) in der Stadt zu gestalten, mit viel Engagement wurde an den Konzepten und der Umsetzung gearbeitet. Schade fand ich, dass der Besuch der Herbst-Fashion und des Simon-Juda-Marktes eher zurückhaltend war, diese Veranstaltungen hätten mehr Besucher verdient. Hierzu möchte ich zukünftig mit neuen Ideen und Konzepten vor allem mehr junge Menschen ansprechen.
Wie beschreiben Sie die Stimmung in den ersten Gremiensitzungen seit Amtsantritt?
Ich empfand die Stimmung in den Gremiensitzungen als erwartungsvoll und wohlwollend. Da mein Amtsantritt in der laufenden Legislaturperiode sofort mit einer Arbeitssitzung des Stadtrates mit umfassender Tagesordnung begann, hatte ich keine Zeit, mir groß Gedanken zu machen. Der Stadtrat hat mir den Start leicht gemacht und keine Steine in den Weg gelegt. Auch dafür ein herzliches Dankeschön an den Stadtrat und die Ausschüsse!
Wenn Sie einmal als Ehrenamtler auf die Stundenzahl schauen: Verlangt
die Arbeit im Amt mehr Zeit als erwartet?
Nein, das liegt vermutlich daran, dass ich von einer hohen Arbeitszeit für dieses Ehrenamt, besonders zu Beginn, ausgegangen bin. In der Abwägung zu meiner Kandidatur habe ich verschiedene Szenarien aufgestellt, um mir sicher zu sein, dass ich dem Ehrenamt als Stadtbürgermeister parallel zu meinem Beruf auch zeitlich gerecht werden kann. Meine Einschätzung des Zeitaufwandes war zutreffend, daher hat mich die insgesamt hohe zeitliche Bindung nicht wirklich überrascht.
Hat sich das Zusammenspiel Familie/Beruf/Stadtbürgermeister inzwischen eingespielt?
Es ist schon eine Aufgabe, alles unter einen Hut zu bringen, aber bislang hat es gut geklappt. Mit meinem Arbeitgeber habe ich mich auf einen Modus verständigt, der zum einen eine Freistellung beinhaltet und zum anderen durch die Kombination aus home office und Präsenztätigkeit in Bonn mir die Flexibilität ermöglicht, die ich für mein Ehrenamt als Stadtbürgermeister brauche. Montags komplett und donnerstags nachmittags habe ich überwiegend für das Ehrenamt freigeräumt, so dass ich in diesen Zeiträumen bevorzugt Termine wahrnehmen kann.
Wie stellt sich Ihrer Ansicht nach die Zusammenarbeit mit der
Verbandsgemeindeverwaltung dar, denn die Stadt ist ganz und gar auf die
Bediensteten im Rathaus angewiesen?
Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung empfinde ich als sehr kooperativ, ohne die Zuarbeit und Unterstützung der Verwaltung geht es nicht. So sind wir zum Beispiel für die anstehende Sanierung des Postgebäudes und die Machbarkeitsstudie zur weiteren Nutzung der Stadthalle auf die koordinierende Funktion der Bauverwaltung angewiesen, damit die Fertigstellungstermine gehalten werden können, auch die Aufstellung des Haushalts kann nur durch die Verbandsgemeindeverwaltung erfolgen. Diese Beispiele zeigen, dass wir als Stadt auf eine funktionierende Verwaltung angewiesen sind. An dieser Stelle nochmals meinen besonderen Dank an das Rathaus für die Unterstützung und Erläuterungen zu meinen Fragen, auf die ich zur Erfüllung meiner Aufgaben angewiesen bin.
Ein bisschen vorausgeschaut … Die Stadt bleibt dank der Teilnahme an einem weiteren Städtebauförderprogramm für zehn Jahre im Wandel. Mein Eindruck ist, dass das Umsetzen von Maßnahmen noch nicht so richtig Fahrt aufgenommen hat, obwohl schon rund zwei Jahre seit Aufnahme ins Land gegangen sind …
Bevor Umsetzen beginnen kann, müssen jedoch die Konzepte aufgestellt, beraten und beschlossen werden. Diese Phasen sind jetzt im Groben abgeschlossen und die Feinplanung oder die direkte Umsetzung kann beginnen. Nehmen wir zum Beispiel das Thema Radverkehr: In dieser Woche geben wir die Fußgängerzone für das Fahrradfahren frei und starten eine einjährige Probezeit. Ich erinnere an lange Diskussionen im Stadtrat und Abstimmungen mit den zuständigen Behörden, aber jetzt kann es endlich losgehen. Das erarbeitete Radwegekonzept wird ausdetailliert, im Stadtentwicklungsausschuss besprochen und danach schrittweise umgesetzt. Die Fördermöglichkeiten für private Sanierungen von Bestandsgebäuden im Innenstadtbereich haben wir im beschlossen, so dass Hausbesitzer nun die Förderung beantragen können. Die Machbarkeitsstudie für eine mögliche weitere Nutzung der Stadthalle ist jetzt ausgeschrieben, ich bin sehr auf die Ergebnisse gespannt, ist dieses doch ein Thema, das uns alle bewegt. Unser City-Manager, auch im Förderprogramm der Stadtentwicklung, nimmt nach der Einarbeitungszeit Fahrt auf und setzt die ersten Akzente zur Verbesserung in der Kommunikation zwischen Stadt, dem Einzelhandel und den Gastronomen, um ein einheitliches Marketing der Stadt Altenkirchen zu erreichen. Wichtig bei diesem langfristig angelegten Städtebauförderprogramm ist ein entsprechendes Monitoring und eine Aufgaben-/Themenverfolgung und regelmäßiges Berichten dazu. Dieses zu etablieren, wird eine der wesentlichen Verwaltungsaufgaben werden, hier besteht Nachholbedarf.
Ist das geplante Baugebiet „Auf dem Eichelchen“ angesichts der Entwicklung der
zurückliegenden Monate überhaupt noch sinnvoll (Stichworte steigende
Baukosten und steigende Zinsen)?
Das Ausweisen von Baugebieten ist wichtig für die weitere städtische Entwicklung. Das Wohnen im Westerwald ist geprägt von Einfamilienhäusern und Mehrfamilienhäusern. Altenkirchen als Mittelzentrum bietet eine umfassende städtische Infrastruktur, Kitas, Schulen, Behörden, Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte, Krankenhaus und viele Arbeitsplätze in einem ländlich geprägten Umfeld. Mit diesen Attributen wird Altenkirchen attraktiv für stadtfliehende Personen und Familien, die während der Corona-Pandemie erlebt haben, wie beengt das Leben in den uns umgebenden Ballungszentren Köln, Bonn, Siegburg, Koblenz sein kann. Bezahlbare Grundstücke sind unser Wettbewerbsvorteil! Häufig bin ich in den vergangenen drei Monaten gefragt worden, wo und ob Bauplätze in Altenkirchen verfügbar sind. Die Bauplätze in der Gebrüder-Grimm-Straße in Honneroth sind alle verkauft, das kleine Baugebiet zwischen der Lise-Meitner-Straße und dem Petersbach wird demnächst erschlossen, für die weitere Entwicklung wird das Baugebiet „Auf dem Eichelchen“ benötigt. Bei dieser Diskussion nicht vergessen, dass es weiterhin einen hohen Bedarf an Wohnraum in Altenkirchen gibt. Steigende Baupreise und steigende Zinsen hemmen zwar den Wohnungsbau im Moment, allerdings fehlt weiterer Wohnraum in Altenkirchen.
Bald müssen Sie und der Rat sich mit der Erhöhung der Nivellierungssätze
der Realsteuern (vor allem Grundsteuer B auf mindestens 465 v.H.)
befassen und diesen Schritt Grundstückseigentümern verkaufen: Ist das
Land gut beraten gewesen, solch einen Quantensprung zu verlangen?
Natürlich nicht, die Erhöhung der Nivellierungssätze bedingt, dass die Ortsgemeinden gezwungen werden, die Hebesätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuern anzupassen, um den gleichen finanziellen Freiraum zu behalten. Neben der Inflation und den steigenden Energiekosten belasten wir jetzt jeden Bürger und unsere Gewerbetreibenden durch die aufgezwungene Steuererhöhung. Der Grund für die Erhöhung der Nivellierungssätze ist der kommunale Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz, mit dem bislang verantwortungsvoll wirtschaftende Gemeinden zugunsten der verschuldeten Gemeinden belastet werden. Dies ist die Sozialisierung der Schulden, die letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslandes trifft und deren Kaufkraft mindert.
Inwieweit wird das noch zu bauende Fachmarktzentrum auf dem Weyerdamm
der Stadt und dem lokalen Einzelhandel zugute kommen?
Das Fachmarktzentrum am Weyerdamm wird DER Magnet in der Einkaufsstadt Altenkirchen und kann der Katalysator für die Entwicklung der bestehenden Geschäfte werden. Das Fachmarktzentrum ist in fußläufiger Entfernung zur Innenstadt, so dass auch Besucher des Fachmarktzentrum auf kurzem Wege die bestehenden Geschäfte dort erreichen können. Zur Eröffnung wird es wichtig werden, dass sich Altenkirchen insgesamt als Einkaufsstadt präsentiert. Die Stadt Altenkirchen wird dieses entsprechend unterstützen.
Zurzeit werden Erdgeschoss und Keller des stadteigenen Gebäudes in der
Bahnhofstraße, in der viele Jahre lang Post und Postbank residierten,
für multifunktionale Zwecke (auch mit Büroräumen für Stadtbürgermeister
und City-Manager) umgebaut: Erwarten Sie durch die bessere Lage und
Erreichbarkeit im Vergleich zur Stadthalle und Ihren jetzigen Büroräumen
eine höhere „Kundenfrequenz“, wünschen Sie sich gar mehr Begegnungen von
Angesicht zu Angesicht mit den Bürgern?
Wichtig ist, dass der Stadtbürgermeister für alle Bürgerinnen und Bürger erreichbar ist und seinen festen Platz hat, dabei ist der Ort sekundär. Ob nun Postgebäude oder Stadtbüro in der Stadthalle, Altenkirchen ist eine Stadt der kurzen Wege. Ich würde mich sehr freuen, wenn mehr Bürgerinnen und Bürger zum Gespräch vorbeikommen. Vorteilhaft ist, dass im ehemaligen Postgebäude neben den Büroräumen auch ein Multifunktionsraum eingerichtet wird, der durch die Allgemeinheit, u.a. Vereine, Gesprächsgruppen, usw., genutzt werden kann.
Im kommenden Jahr stehen bereits die nächsten Kommunalwahlen an. Wann
werden Sie eine Entscheidung über eine weitere Kandidatur fürs
Stadtbürgermeisteramt und somit womöglich für eine Regentschaft in den
Jahren 2024 bis 2029 treffen?
Bis heute, drei Monate nach meiner Ernennung zum Stadtbürgermeister, habe ich mir noch keine Gedanken über die kommende Kommunalwahl gemacht, bisher hatte ich andere Themen im Fokus. Für ein gute langfristig orientierte Stadtentwicklung braucht es auch Beständigkeit der handelnden Personen. Meine Entscheidung für eine weitere Kandidatur werde ich rechtzeitig bekanntgeben, bislang bereitet mir das Ehrenamt des Stadtbürgermeisters viel Freude, und ich habe meine Entscheidung dafür nie bereut.
Das Gespräch führte Volker Held |
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Nachricht vom 12.01.2023 |
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