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Nachricht vom 13.01.2023
Region
Betzdorf: Großprojekt Quartier am Eisenbahnausbesserungswerk - Abrissbagger ist angerollt
Es geht los, beim Großprojekt neues Quartier in Betzdorf: Bevor Neues entsteht und die Pläne für ein Gesundheits- und Pflegezentrum, Dienstleistungszentrum, Park- und Wohnraum realisiert werden, wird ein Teil des früheren Eisenbahnausbesserungswerks (EAW) abgerissen. Die Arbeiten sind nun dran.
Das Schicksal dieses Gebäudetils ist besiegelt. Bis an die Kante der grünen Halle wird alles abgerissen. (Fotos: tt)Betzdorf. Schweres Werkzeug liegt an dem Gebäudekomplex bereit. Betonbeißer, Schaufel und Greifzange hat sich der Bagger schon parat gelegt. Bis Ende März frisst sich der tonnenschwere Koloss durch einen Teil des Gebäudekomplexes. Die Tage der ehemaligen Schäfer-Hallen, die dem historischen Teil vorgelagert sind, und Bürogebäude werden aus dem Ortsbild verschwinden. Von zu Hause aus hatte Stadtbürgermeister Benjamin Geldsetzer vor einigen Tagen bereits den orangefarbenen Bagger ausgemacht, und zwar als dieser von Sonnenstrahl gestreift leuchtend da stand. Das Handyfoto habe er gleich dem Betzdorf Wirtschaftsförderer Michael Becher zugeschickt, mit den Worten: "Es geht los!“ Davon berichtete das Stadtoberhaupt bei einem Pressegespräch mit Peter Merz, einem der beiden Investoren, bei einem Ortstermin am Donnrstag (12. Januar) am Gebäudekomplex des früheren EAW. Im Mai vergangenen Jahres waren beide ziemlich genau an gleicher Stelle, und Merz stellte die Pläne für das Großprojekt vorgestellt.

Benjamin Geldsetzer: "Es geht mein Herz auf, wir haben einen nächsten Meilenstein erreicht".

"Ich bin froh, dass wir hier stehen können“, sagt Geldsetzer nun. Das meinte er nicht nur allein deshalb, weil das Vordach an diesem regnerischen Donnerstag noch nicht von der Greiferzange des Baggers abgebrochen wurde. Froh ist er vor allem deshalb, weil man schon soweit ist. Vor noch nicht einmal drei Jahren habe er noch unter den Pandemieeinschränkungen mit Maske auf dem Gesicht die Unterschrift für den Kauf des EAW beim Notar geleistet. Bei der folgenden Ausschreibung habe man einen Investor gefunden. "Und drei Jahre später steht hier ein Bagger“, freut sich Geldsetzer: "Es geht mein Herz auf, wir haben einen nächsten Meilenstein erreicht.“ In die gleiche Kerbe schlägt Merz, der mit Marcel Kremer an diesem Standort in der Sieg-Heller-Stadt investiert. "Der Zeitablauf für ein solches Projekt ist schon sensationell“, sagt Merz. Alle würden an einem Strang ziehen, trotz der Widrigkeiten die vorherrschen, ob nun wirtschaftlicher oder geopolitischer Natur. Aber: "Wir gehen nicht auf die Bremse, wir bleiben auf dem Gaspedal“, betont der Investor, der exemplarisch die Zinssituation erwähnte: "Viele Projekte sterben im Moment".

An der Halle 10 macht der Abrissbagger Halt

Das EAW ist die "Keimzelle“ für das, was Betzdorf groß gemacht und über die Grenzen hinaus als Eisenbahnerstadt bekannt gemacht hat. Dieser Teil steht unter Denkmalschutz und wird auch stehen bleiben. Ebenso die Halle 10. Die mit grünem Trapezblech verkleidet Halle sollte ursprünglich auch die Wirkungsweise eines Abrissbaggers kennenlernen. Die "Halle 10“ wird nun als überdachte Zufahrt zu dem neu geschaffenen Parkraum in den historischen Hallen genutzt. Der bestehende Gebäudekomplex ist in drei Bauabschnitte gegliedert. Der Bereich der alten Schäfer-Hallen, die bis zu der grünen Halle nun abgerissen werden, ist der Abschnitt "Ost“. Für diesen gibt es seit Dezember einen rechtskräftigen Bebauungsplan, den der Stadtrat verabschiedet hat, berichtet Merz. Diese Gebäude sollen nun dem Erdboden gleich gemacht werden. Die Bodenplatte bleibt zunächst in der Erde liegen. Man will erst ein Bodengutachten abwarten, hieß es. In den früheren Nutzungszeiten von Schäfer und beim Bahnbetrieb seien Lösungsmittel in den Boden gesickert, antwortet Merz auf die rage nach Altlasten. Deshalb läuft hier einen Pumpsystem mit Aktivkohlefilter, der das Wasser filtert. Das wird auch künftig voraussichtlich so bleiben. Es wurden auch Bohrungen vorgenommen, wobei die daraus resultierende Faktenlage in das Gutachten einfließt. Es soll ein Sanierungskonzept erstellt werden, was auch mit der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord abgestimmt werden muss. Nach Einschätzung von Merz würde des kostenmäßig den Rahmen sprengen, alles komplett auszukoffern. Stehen bleiben soll auch ein etwas vorgelagertes, kleineres Einzelgebäude. Hier soll die Energie- und Technikzentrale entstehen.

Vorhaben in drei Bereiche gegliedert: Ost, Mitte und West

Beim Ortstermin packt Merz einen Plan aus, auf dem der vordere Bereich, an dem nun der Abrissbagger sein Werk beginnt, gelb eingefärbt ist. Demzufolge wird etwa ein Drittel des gesamten Gebäudekomplexes zurückgebaut, zwei Drittel bleibt erhalten. Und das sind neben der grünen Halle die historischen EAW-Hallen. Dieser Bereich ist als Abschnitt "Mitte“ deklariert. Wie der AK-Kurier berichtete, soll hier unter anderem Parkraum und ein Anlieferbereich geschaffen werden. Im hinteren Teil des Areals werden zwei nicht erhaltenswerte Kleingebäude auch noch weichen. Dieser Bereich ist der Abschnitt "West“. "Für diesen ist noch nicht viel geplant“, so der Investor. Hier soll Wohnraum geschaffen werden, auch als Studentenwohnsitz.

Mineralischer Bauschutt wird zwischengelagert, zerkleinert und wieder eingebaut

Es geht los: Das wird sich nun an den alten Schäfer-Hallen sichtbar, wenn der Bagger in diesen Tagen an den Mauerwerk knabbert. Der Bauschutt wird fraktioniert, wobei mineralischer Bauschutt, beispielsweise Steine, hinter den historischen Hallen gelagert wird. Wenn das Material durch einen Zerkleinerer gewandert ist, soll es an Ort und Stelle wieder eingebaut werden. Bereits bei dem Pressegespräch im Mai vergangenen Jahres war von Investorenseite berichtet worden, dass man von der "EAW“-Seite eine Anbindung an den Bahnhof schaffen möchte. Bei dem Pressegespräch am Donnerstag äußert Volker Bredler, der bei dem Großprojekt Projekt- und Entwicklungssteuerer ist, dass man das Gefühl habe, dass es nicht mehr unmöglich ist, eine solche Anbindung zu schaffen. Mit der Deutsche Bahn müsste man auch noch klären, was mit einem parallel zu den Hallen verlaufenden Gleis geschieht. Zur Hälfte sei man bereits Eigentümer. Es geht hier um die Gleisnotwendigkeit, die gegebenenfalls an anderer Stelle realisiert werden könnte. Hier müsste man das dickste Brett bohren, meint Bredler. Es sei ein Wartegleis für Züge. Allerdings möchte man die Fläche des Gleises gerne für die Zufahrt zum Parkraum nutzen.

Beim Denkmalschutz ist alles "in trockenen Tüchern“

Eingebunden bei dem Projekt ist auch der Denkmalschutz, und Merz antwortet in diesem Zusammenhang: "Hier ist alles in trockenen Tüchern.“ Es sei beispielsweise angeregt worden, dass historische Kräne erhalten werden, und Merz zeigt sich angetan: "In der Höhe tangieren die Kräne uns nicht". Und Bredler ergänzt: "Wenn das Ding mal fertig ist, hat es einen besonderen Charme". Auf dem Arbeitsplan stehen auch Dach- und Fassadensanierung. Aber los geht es im Bereich "Ost“, den Schäfer-Hallen. Sowohl mit dem Abriss wie auch dem Neubau. Hier soll ein Gesundheits- und Pflegezentrum entstehen. Zum Zeitablauf berichtet Merz, dass er hofft, dass man im April die Baugenehmigung vorliegen habe. Die Bauzeit schätzt er mit eineinhalb bis zwei Jahren ein. Während bei dem Ortstermin der Bagger im strömenden Regen noch Pause hatte, waren die Mitarbeiter des Abbruchunternehmens damit beschäftigt, in dem historischen Hallen bereits Dämmmaterial wie Styrophorplatten und Dämmwolle aus den Wänden herauszunehmen und in geeigneten Säcke zu entsorgen.

Ende 2026 soll alles fertig sein

Neben dem ehemaligen EAW-Standort soll die Verlängerung der Viktoriastraße - der Schotterparkplatz am EAW mit einem Dienstleistungszentrum gestaltet werden. Oberhalb der Straße Höfergarten soll auf einem Parkplatz betreutes Wohnen entstehen. Auf die Frage, wann das Gesundheits- und Pflegezentrum, der Parkraum, "Wohnen West“ und eben auch das Dienstleistungszentrum fertiggestellt sind, nennt Merz ein heeres Ziel: Ende 2026.

Absperrung wird einfach umgangen: "Es ist viel zu gefährlich“, betont Peter Merz

Für die nun beginnenden Abrissarbeiten ist der fußläufige Verbindungsweg, eine Treppe, zwischen der Moltkestraße und dem Höfergarten, derzeit eigentlich gesperrt. Dennoch suchen sich Passanten immer wieder einen Weg, um trotzdem die Treppe zu nutzen. Am Höfergarten ist beispielsweise der als Absperrung aufgestellte Bauzaun komplett umgeworfen. Merz betont, dass bei dem Bauarbeiten der Weg definitiv geschlossen ist: "Es ist viel zu gefährlich". Wenn das Gesundheits- und Pflegezentrum fertiggestellt ist, wird die Anbindung zwischen Moltkestraße und Höfergarten wieder möglich sein, und zwar sogar mit einem öffentlich nutzbaren Aufzug: "Es soll ja auch Anschluss an den Bahnhof geben".

Fledermausturm aufgestellt und 20 Nisthöhlen für unterschiedliche Vogelarten installiert

Im Übrigen hat man sich auch bereits um Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen des Naturschutzes gekümmert: Es wurde ein Fledermausturm aufgestellt. Desweiteren sind 20 Nisthöhlen für unterschiedliche Vogelarten angebracht wurden. Von Merz war zu erfahren, dass das Hotel "Gässchen“ jüngst auch von den Investoren erworben wurde. Und es wird bereits genutzt: Die Bauarbeiter, die aus der Pfalz kommen, haben sich dort bereits einquartiert, teilte Investor Merz mit. (tt)
       
   
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