AK-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Kreis Altenkirchen
Nachricht vom 18.12.2023
Region
Kreistag: 2024er-Haushalt, höhere Umlage und auch Müllgebührenplus beschlossen
Marathonsitzung des Altenkirchener Kreistages: Nach knapp 180 Minuten und der Erledigung von 18 Tagesordnungspunkten hat das Gremium die Arbeit fürs Jahr 2023 beendet – nicht ohne den Haushalt für 2024 auf den Weg zu bringen, der Erhöhung der Kreisumlage als auch dem deutlichen Plus der Müllgebühren jeweils mehrheitlich den Segen zu erteilen.
Kräftig steigen die Müllgebühren im AK-Land vom 1. Januar 2024 an. (Foto: Pixabay)Altenkirchen. Nach rund drei Stunden sind die Mitglieder des Altenkirchener Kreistages nach der Sitzung am späten Montagnachmittag (18. Dezember) gewiss froh gewesen: Die im öffentlichen Teil 18 Punkte umfassende Tagesordnung war erledigt, so dass das Gremium die Arbeit für das Jahr 2023 zu den Akten legen konnte. Wie immer fielen zum Kehraus einer 12 Monate währenden Zeitspanne wichtige Entscheidungen. So passierten der Haushalt für die kommenden 366 Tage (drei Gegenstimmen, zwei Enthaltungen), die Erhöhungen der Müllgebühren (für einen Musterhaushalt um kräftige 29,70 Euro oder 17,57 Prozent auf nunmehr 199,34 Euro) im kommenden Jahr inklusive des Wirtschaftsplans (drei Gegenstimmen, eine Enthaltung) und der Anstieg der Kreisumlage (fünf Gegenstimmen, eine Enthaltung) jeweils mehrheitlich das Gremium. Darüber hinaus freute sich die Westerwaldbahn, dass sie bald Ersatz für ihre in die Jahre gekommenen beiden Gelenktriebwagen ordern kann. Zudem wurden Landrat Dr. Peter Enders und die Kreisbeigeordneten Tobias Gerhardus, Klaus Schneider und Fred Jüngerich (zuvor Gerd Dittmann) jeweils einstimmig entlastet, nachdem der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Josef Georg Solbach, das Ergebnis des Checks vorgestellt und die Feststellung des Jahresabschlusses 2022 beantragt hatte, die ebenfalls einstimmig über die Bühne ging. „Die Kreisumlage muss nach der erfreulichen Senkung um 4,5 Prozentpunkte für das laufende Jahr um drei Prozentpunkte auf 43 Prozent erhöht werden – ein Wert, mit dem wir noch unter dem Durchschnitt aller Kreise im Land von 44,55 liegen“, machte Enders deutlich. Nur dieser Schritt ermögliche eine solide Planung für das Haushaltsjahr 2024. Die ADD-Vizepräsidentin Luxem habe im persönlichen Gespräch in Trier signalisiert, „dass man dort diese Erhöhung erwartet, um den Haushalt genehmigen zu können“. Richtig sei auch: „Wir hatten in den ersten Planungen für 2024 eine Erhöhung der Kreisumlage auf 45 Prozent vorgesehen. Da das Land aber Mitte November eine Sonderzahlung angekündigt hat, damit Kreise und Kommunen die nötigen Kosten vor allem für die Flüchtlingsaufnahme schultern können, hat sich die Situation ein wenig entspannt. Auf den Kreis Altenkirchen entfallen dabei voraussichtlich rund 9,4 Millionen Euro, rund ein Viertel davon wird unmittelbar an die Verbandsgemeinden weitergegeben“, erklärte er.

Ein paar Zahlen aus dem Etat
So stellt sich eine Auswahl an Eckdaten des Haushaltes fürs Jahr 2024 dar: Die Kreisumlage, über die die Kommunen zum Teil den Kreis finanzieren und die für 2023 von 44,5 auf 40 Prozent gefallen war, steigt um drei Prozentpunkte von 40,0 auf 43,0 Prozent. Um den Ausgleich des Ergebnishaushalts zu erreichen, hätte die Kreisumlage um 5,7 Prozentpunkte auf 45,7 Prozent angehoben werden müssen. Denn: Im Ergebnishaushalt ist ein Fehlbedarf von 4.535.600 Euro ausgewiesen, im Finanzhaushalt beträgt der Saldo der ordentlichen und außerordentlichen Ein- und Auszahlungen jeweils 4.578.300 Euro. Die Schlüsselzuweisungen verringern sich auf 65,788 Millionen Euro (2023: 67,036 Millionen Euro). In den kommenden zwölf Monaten investiert der Kreis insgesamt 21,207 Millionen Euro. Da er diesen Betrag nicht aus Eigenmitteln stemmen kann, muss er 12,485 Millionen Euro an neuen Krediten aufnehmen. Dank Zuschüssen und Förderungen kommen immerhin 8,722 Millionen Euro an Einzahlungen für Investitionen zusammen. Positiv fällt gleichfalls auf, dass nicht ein einziger Liquiditätskredit zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit ausgewiesen werden muss – ganz im Gegensatz zu vielen Kommunen im AK-Land.

RWE-Aktien als finanzielles Pfund
Das meiste Geld fließt in den Schulbau/Beschaffungen an Schulen (9,439 Millionen Euro), den Kreisstraßenbau (7,131 Millionen Euro), den Katastrophenschutz (1,952 Millionen Euro) und die Kindertagesstättenförderung (1,381 Millionen Euro). Der voraussichtliche Schuldenstand steigt von Beginn des Haushaltsjahres 2024 in Höhe von 95,380 Millionen Euro zum 31. Dezember des nächsten Jahres auf 103,286 Millionen Euro. Die Netto-Neuverschuldung beträgt 7,91 Millionen Euro nach 5,95 Millionen Euro in 2023. Die planmäßige Tilgung von Krediten ist mit 4,578 Millionen Euro angesetzt. Die Höhe des Eigenkapitals sinkt von 77,604 Millionen Euro (31. Dezember 2023) auf 73,069 Millionen Euro (31. Dezember 2024). Als finanzielles Pfund in der Hinterhand müssen die RWE-Aktien gewertet werden: Der Kreis besitzt 2.411.234 dieser Anteilsscheine, wovon 289.000 bei den kulturellen Einrichtungen und 127.396 bei der Westerwaldbahn GmbH „geparkt“ sind. Der Börsenwert am 31. Dezember 2022 belief sich auf 99.800.975,26 Euro, die Einnahme aus der Dividende wurde mit 1.885.995,80 Euro auf dem Konto der Kreiskasse verbucht.

„Ein schmerzlicher Schritt“
„Die jetzt angepeilten drei Prozentpunkte sind ein schmerzlicher Schritt, aber ein notwendiger“, betonte Justus Brühl für die CDU-Fraktion und fügte an: „Wir erhöhen nicht, weil wir uns auf Kreisebene so viel Luxus leisten. Wir haben keinen Champagner-Haushalt. Und der Kreis tut auch viel, um solide zu wirtschaften und Kosten zu sparen.“ Bernd Becker (SPD) wollte nicht verhehlen, „dass wir in der Vergangenheit zuweilen den Eindruck hatten, dass bei der Aufstellung des Haushaltes bewusst Probleme eingebaut wurden, die dann politisch mit der Landesregierung nach Hause gehen sollten“. Jedenfalls hätten sich manche Befürchtungen im Rückblick bei den Jahresabschlüssen wesentlich besser dargestellt. Dieses Mal sei den Mitarbeitern der Finanzabteilung, allen voran Marc Schwan, gelungen, ein „hohes Maß an Vertrauen in das aufgestellte Zahlenwerk zu vermitteln“. Wer im letzten Jahr den Erläuterungen zum Haushalt aufmerksam gefolgt sei, „kann jetzt nicht verwundert sein, dass die Kreisumlage wieder erhöht werden musste“, meinte Anna Neuhof (Bündnisgrüne). Die Ausgaben im sozialen Bereich seien erheblich und stiegen kontinuierlich weiter an. Es brauche merkbar mehr strukturelle Beteiligung des Bundes, damit die delegierte Umsetzung der Sozialgesetzbücher nicht zur kommunalen Verschuldung führe.

Forderung bleibt bestehen
„Alle Haushalte stehen unter dem Motto ,Klarheit und Wahrheit’“, merkte Udo Piske (FDP) an, „klar ist, dass wir leider die Umlagesätze erhöhen müssen, also den Anteil, den Ortsgemeinden und Verbandsgemeinden an den Kreis zahlen müssen.“ Wahr sei allerdings, dass von dem Gesamtbetrag in Höhe von rund 6,2 Millionen Euro über 60 Prozent auf den Verlust des ÖPNV entfielen mit rund 3,8 Millionen Euro. „Die Hoffnung, dass die Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs eine nachhaltige Verbesserung der kommunalen Finanzen bringt, wurde nicht erfüllt“, befand für „Die Linke“ Udo Quarz. Bereits der laufende Ergebnishaushalt 2023 rutsche gegenüber der ursprünglichen Planung ins Defizit, „unsere Forderung nach einer besseren finanziellen Ausstattung der Kommunen durch Land und Bund bleibt daher weiterhin bestehen“. Hubert Wagner (FWG) bescheinigte dem Kreis, dass er seine Aufgaben „gut, sehr gut“ mache, die Finanzausstattung aber nicht auskömmlich sei. Deswegen vermutete er, dass der „Druck auf unsere Umlage ohne Ende ist“. Aus Protest gegenüber der „nicht auskömmlichen Finanzierung durch das Land“ stimmte er dem Etat nicht zu. Alle Redner führten zudem weitere Beispiele für eben solche nicht auskömmlichen Finanzierungen an, die alle mit der auf der Strecke bleibenden Konnexität überschrieben werden konnten und können. Denn wer bestellt, bezahlt nicht immer seinen Part (voll umfänglich)! Aus Reihen der AfD erfolgte keine Wortmeldung.

Am Wirtschaftsplan nichts zu mäkeln
Neben der Gebührenkalkulation des Abfallwirtschaftsbetriebes Kreis Altenkirchen für die Müllabfuhr wurde die Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes für den Zeitraum 2024 bis 2028 (eine Gegenstimme, zwei Enthaltungen) abgesegnet. Nichts zu mäkeln hatte das Gremium am Wirtschaftsplan 2024 der „kulturellen Einrichtungen“. Der Erfolgsplan der Erträge weist 1.673.951 Euro auf, demgegenüber stehen Aufwendungen in Höhe von 2.156.214 Euro, woraus sich ein Jahresfehlbetrag von 482.263 Euro ergibt. Der Vermögensplan sieht Erträge in Höhe von 529.364 Euro vor, die Aufwendungen betragen gleichfalls 529.364 Euro. Ohne Widerspruch wurde der Jahresabschluss 2022 für die Kreismusikschule, die Kreisvolkshochschule und das Bergbaumuseum) festgestellt: Der Jahresverlust beträgt 416.014,35 Euro, der ausgabenwirksame Anteil am Jahresergebnis 355.262,01 Euro, der aus Haushaltsmitteln des Landkreises ausgeglichen wird. Der nicht ausgabenwirksame Anteil am Jahresergebnis 2022 in Höhe von 60.752,34 Euro wird der allgemeinen Rücklage entnommen und mit ihr verrechnet. 

„Angemessene Unterkunftskosten“ steigen
Für das „Schlüssige Konzept zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten“ wurden einstimmig bei sieben Enthaltungen neue Obergrenzen als „abstrakt angemessen“ anerkannt. Diese gelten vom 1. Januar 2024 an für den Vergleichsraum I West (VGs Altenkirchen-Flammersfeld und Hamm) und den Vergleichsraum II Ost (VGs Betzdorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf, Wissen und Kirchen): 1-Personen-Haushalt West 430 Euro (bisher 390 Euro) und Ost 440 Euro (bisher 390 Euro); 2-Personen-Haushalt 500 (460) und 480 (450); 3-Personen-Haushalt 630 (530) und 600 (530); 4-Personen-Haushalt 650 (590) und 650 (590); 5-Personen-Haushalt 780 (670) und 780 (690). Der Kreistag hatte zuletzt mit Beschluss vom 20. Dezember 2021 die im Landkreis Altenkirchen maßgeblichen Mietobergrenzen für Bedarfszeiträume vom 1. Januar 2022 an auf der Grundlage eines von der Firma Empirica AG aus Bonn erstellten Unterkunftskostenkonzepts bestimmt. Wegen der seitdem auf dem Mietwohnungsmarkt eingetretenen Veränderungen war Empirica erneut beauftragt worden, die Mietobergrenzen unter Beibehaltung der seinerzeitigen Ermittlungsmethodik fortzuschreiben.

25 Prozent fließen in Verbandsgemeinden
Rund 1.068.110 Euro und damit 25 Prozent von 4.272.440 Euro wird der Kreis, der diese Summe als Sonderzahlung des Landes nach dem Landesaufnahmegesetz erhielt, an die Verbandsgemeinden weiterleiten, wogegen niemand Einwände hatte. Die Aufteilung unter den VGs erfolgt aufgrund deren Einwohnerzahlen mit Stand vom 30. Juni 2023. Die Westerwaldbahn (Weba) darf nach überwiegend positivem Votum (vier Gegenstimmen, eine Enthaltung) zwei Gelenktriebwagen (GTW) für den Betrieb der Daadetalbahn zwischen Betzdorf und Daaden von der Hessischen Landesbahn (HLB) kaufen. Beide Einheiten befinden sich als Mietfahrzeuge bereits im Einsatz auf dieser Strecke, weil die beiden „firmeneigenen“ GTW vermehrt ausgefallen waren und zudem „hauptuntersucht“ werden müssen, wofür Kosten in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro in Aussicht stehen. Um diese Ausgaben zu umschiffen, wurde mit der HLB zudem vereinbart, dass die bereits gezahlten Mietkosten (45.000 Euro pro Monat) auf den Kaufpreis angerechnet werden. Parallel wurde ein Makler beauftragt, die beiden Weba-GTW zu verkaufen (500.000 Euro pro Stück). Neun Unternehmen forderten bislang jeweils die ausführliche Verkaufsinformation an. Zuvor von der Gesellschafterversammlung verworfen worden waren, weil zu teuer, die Alternativen des Schienenersatzverkehrs mit Bussen (für die Zeit der umfangreichen detaillierten technischen Inaugenscheinnahme) oder des Betriebs mit Leihfahrzeugen. Der Verkehrsvertrag der Weba mit dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord endet am 31. Dezember 2029. Die Strecke wird im Stundentakt bedient.

Anträge, Anträge, Anträge ...
Bei einer Gegenstimme folgte der Kreistag einem Antrag der CDU-Fraktion, wonach die Verwaltung beauftragt wurde, eine Kostenschätzung für eine Machbarkeitsstudie zur geothermischen Grubenwassernutzung in Auftrag zu geben. Becker stellte fest, dass dieser Aspekt bereits in das Klimaschutzkonzept des Kreises eingeflossen sei, merkte aber auch an, dass die Wärmeplanung bei den Verbands- oder Ortsgemeinden anzusiedeln sei. Dem stimmte Günter Knautz (FWG) zu: „Warum zieht der Kreis diese Aufgabe an sich, wenn die Gemeinden dies zu erledigen haben?“. Auf Initiative der Fraktion der Bündnisgrünen gab die Zusammenkunft grünes Licht für eine Überprüfung der kreiseigenen Parkflächen auf Möglichkeiten einer Fotovoltaik-Überdachung inklusive der Nutzungsmöglichkeiten der gewonnenen Energie. Dieser Ansatz werde auch im neuen Klimaschutzkonzept des Kreises „als lohnende Option“ genannt. Ebenfalls einstimmig bei einer Enthaltung winkte der Kreistag einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von Bündnisgrünen, SPD und FDP durch, der darauf abzielt, vom Landrat und der Verwaltung ausloten zu lassen, ob ein wohl inzwischen sehr schwierig zu realisierender Kauf einer Teil-Fläche auf dem Stegskopf (DBU-Naturerbe) oder der eines sich direkt anschließenden Areals (außerhalb der Naturerbefläche) möglich ist, um einen Windkraftstandort zu etablieren (Becker: „Profitieren sollen die Gemeinden“) und so einen wirkungsvollen Schritt zur Verwirklichung des Klimaschutzkonzeptes des Kreises zu leisten. (vh)
Nachricht vom 18.12.2023 www.ak-kurier.de