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Nachricht vom 03.02.2024 |
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Region |
Containerdorf bei Isert für Geflüchtete: Maximale Aufenthaltsdauer zwölf Monate? |
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Der geplante Bau des Containerdorfes für bis zu 40 Geflüchtete in der Gemarkung der Ortsgemeinde Isert bleibt in der Diskussion. Die Aufenthaltsdauer der wohl in erster Linie jungen Männer zwischen 20 und 40 Jahren stuft die Kreisverwaltung zwischen sechs und zwölf Monaten ein, wie aus Antworten von Landrat Dr. Peter Enders auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im Altenkirchener Kreistag hervorgeht. |
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Altenkirchen. Der geplante Bau eines Containerdorfes für Geflüchtete in der Gemarkung der kleinen Ortsgemeinde Isert stößt auf wenig Gegenliebe. Massiv wird gegen das Projekt, das rund 40 Flüchtlingen jeweils ein Dach über dem Kopf gewähren soll, aus verschiedenen Gründen mobil gemacht. Es wird davon ausgegangen, dass in erster Linie Männer zwischen 20 und 40 Jahren untergebracht werden sollen. Das ins Auge gefasste Areal im Außenbereich befindet sich im Besitz der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und ist durch einen Wirtschaftsweg erschlossen, den die Ortsgemeinde Isert ihr Eigen nennt. Der Kreis soll als Bauherr fungieren und muss parallel den Bauantrag genehmigen, dem die Ortsgemeinde Isert das Einvernehmen bereits versagt hat. Sie jedenfalls scheint bereit, alle ihr möglichen rechtlichen Schritte gegen die in ihren Augen viel zu große Wohnstätte gehen zu wollen. Per Anfrage an Landrat Dr. Peter Enders ließ sich die SPD-Fraktion im Altenkirchener Kreistag Fragen zu dem Projekt beantworten:
Gibt es ein weitergehendes Konzept für die Nutzung des Gebäudes und den
Betrieb der Unterkunft? Wird diese Planung mit den Kreisgremien erörtert?
Es ist keine verschriftlichte Konzeptionierung für den Betrieb der Einrichtung vorgesehen. Die Containerlösung dient als Ersatz für nicht vorhandenen Wohnraum im Kreisgebiet, da der Landkreis gesetzlich verpflichtet ist, Asylbewerber aufzunehmen. Eine soziale Betreuung dieses Personenkreises ist hingegen gesetzlich nicht verankert. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel für Personal und Ausstattung sind schlicht nicht vorhanden. Es gibt im Kreisgebiet verschiedene größere Unterkünfte, für die jeweils auch keine Konzeptionierung stattgefunden hat. Als Beispiel können hier das ehemalige Hotel „Fuchshof“ in Niederfischbach mit in der Regel mehr als 30 Bewohnern und das ehemalige CJD in Wissen mit derzeit mehr als 60 Bewohnern genannt werden. Das Zusammenleben der Asylbewerber in diesen Unterkünften wird über Hausordnungen und allgemeine Verhaltensvorschriften geregelt. Ansonsten müssen die Bewohner alleinverantwortlich in der Lage sein, für sich selbst die Unterstützung einzufordern, die sie benötigen. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Sozialämter von Verbandsgemeinden und Kreisverwaltung agieren als Ansprechpartner und sind zeitweise vor Ort. Sie sind alle im Arbeitsgebiet verankert und können den Asylbewerbern bei allgemeinen Fragestellungen weiterhelfen oder eine Verweisberatung anbieten. Darüber hinaus sind verschiedene Beratungsstellen im Landkreis vorhanden wie Asylverfahrensberatung oder Migrationsberatung. Für die asylrechtlichen Belange steht die Ausländerbehörde als Ansprechpartner zur Verfügung. Den Asylbewerbern werden die genannten Informationen frühzeitig zur Kenntnis gegeben.
Soll die Liegenschaft für dauerhafte Aufenthalte genutzt werden oder eher
als Puffer für die Fälle, dass dezentraler Wohnraum nicht ad hoc zur Verfügung
steht?
Die Containerlösung in Isert soll als Ersatz für nicht vorhandenen Wohnraum im
Kreisgebiet dienen. Wir befinden uns derzeit in einer Situation, in der nicht bloß „ad hoc“, sondern permanent dezentraler Wohnraum für den Großteil der Geflüchteten fehlt. Es ist eine wöchentliche Kraftanstrengung, die zugewiesenen Menschen angemessen unterzubringen. Die Frage nach einem Puffer verkennt daher die akute Lage. Der Wohnraum wird nach derzeitigem Sachstand umgehend benötigt und gleich nach Eingang der Verteilungsverfügungen durch die ADD besetzt. Es wird zwar ein sensibles Augenmerk daraufgelegt, mit welchen Nationalitäten die Unterkunft belegt werden kann, um keine grundsätzlich erwartbaren Konfliktpotenziale zu befördern. Daraus ergibt sich ein Teil der Antwort auf die Frage nach dauerhaften Aufenthalten: Es wird erst knapp 14 Tage im voraus bekannt, wer von der ADD zu den jeweiligen Daten zugewiesen wird. Die Kreisverwaltung hat auf die Zusammensetzung der Asylbewerber keinen Einfluss und kann damit auch deren Erfolgsaussichten im Asylverfahren bei der Wohnraumverteilung nur in geringem Ausmaß vorhersagen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterkunft in Isert größtenteils von allein reisenden Männern genutzt wird, da für Familien durchaus noch Wohnraum aufgetan werden kann und Frauen und Kinder dort nicht untergebracht werden sollen. Dabei handelt es sich um eine sehr flexible Personengruppe, die nach einem abgeschlossen Asylverfahren verschiedenste Perspektive hat. Wir gehen daher nicht von einer „dauerhaften“ Belegung, sondern von einer eher kurzfristigen und eher wechselhaften Wohnsitznahme durch die Asylbewerber aus. Es wäre verwunderlich, wenn einzelne von ihnen länger als sechs bis zwölf Monate vor Ort verweilen würden, ausgeschlossen werden kann es aber natürlich nicht.
Soll die Liegenschaft vorzugsweise für Asylbewerber mit geringen Erfolgsaussichten genutzt werden?
Wie erwähnt hat die Kreisverwaltung keinen Einfluss auf die Auswahl der zugewiesenen Asylbewerber und kann damit auch nicht die Erfolgsaussichten von deren Asylverfahren vorhersagen. Natürlich gibt es Personengruppen, deren Aussichten für ein Verfahren höher sind als bei anderen. Da wir aber aufgrund der derzeitigen Situation mehr oder weniger gezwungen sind, den knappen freien Wohnraum, zu dem ja dann die Unterkunft in Isert gehören würde, umgehend zu besetzen, werden die Erfolgsaussichten der Asylbewerber bei der Besetzung der Unterkunft weniger eine Rolle spielen können. Grundsätzlich wollen wir auf die Belegung durchaus ein Auge haben und bestimmte Nationalitäten oder Religionen nicht vermischen. Da die Erfolgsaussichten eng mit dem Herkunftsland verknüpft sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass eine Gemengelage entsteht, durch die sich immer eine gewisse Anzahl von Asylbewerbern mit eher geringeren Aussichten auf ein positives Asylverfahren in der Einrichtung befinden werden. Eine eindeutig präferierte Vorgehensweise in diesem Zusammenhang gibt es von Seiten der Verbandsgemeindeverwaltung und der Kreisverwaltung allerdings nicht.
Wird es eine soziale und ausländerrechtliche Betreuung vor Ort geben?
Aufgrund der räumlichen Nähe und der guten Anbindung der Unterkunft an den ÖPNV ist die Anreise nach Altenkirchen zu Verbandsgemeindeverwaltung und Kreisverwaltung leicht möglich und in jeder Hinsicht zumutbar. Die Ausländerbehörde wird den Asylbewerbern in Isert im Rahmen ihrer Öffnungszeiten für eine asylrechtliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Fall genauso zur Verfügung stehen wie allen anderen Asylbewerbern, die sich bereits im Kreisgebiet aufhalten oder zukünftig in andere Unterkünfte zugewiesen werden. Gleiches gilt für die zuständigen Sozialämter der Verbandsgemeinde und der Kreisverwaltung. Durch klare Kommunikation wird den Asylbewerbern bewusst gemacht, an wen sie sich im Bedarfsfall wenden können. Mitarbeiter der genannten Sozialämter werden aber in regelmäßigen Abständen persönlich in der Unterkunft zu Beratungszwecken zur Verfügung stehen. Für Gewaltprävention wird darüber hinaus ein Sicherheitsdienst beauftragt, der in unregelmäßigen Abständen Präsenz vor Ort zeigen wird.
Inwieweit wird es Ihrer Einschätzung nach gelingen, die Integration durch die
Einbindung ehrenamtlichen und kommunalen Engagements zu fördern?
Leider sehen wir derzeit, dass das freiwillige Engagement für geflüchtete Menschen allgemein eher rückläufig ist, weshalb eine fundierte Einschätzung kaum möglich ist. Grundsätzlich ist die Kreisverwaltung in Person des Ausländerbeauftragten gerne bereit, die Einbindung des Ehrenamts in die soziale und integrative Arbeit fachkundig zu begleiten und zu unterstützen. Nach unserem aktuellen Kenntnisstand bemüht sich die Flüchtlingshilfe Flammersfeld derzeit darum, mit den Akteuren im Bereich Isert und Eichelhardt ins Gespräch zu kommen.
Wie viele Menschen haben in den zurückliegenden Monaten bislang Zuflucht im Kreis Altenkirchen gesucht?
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine haben mehr als 2500 Menschen aus der
Ukraine Zuflucht im Kreisgebiet gesucht. Allein in 2023 sind zudem rund 480 Asylbewerber aus anderen Staaten dem Kreis Altenkirchen von der ADD zugewiesen worden. Dabei lässt sich lokale Unterstützung in unterschiedlicher Ausprägung feststellen, wobei insbesondere die Unterstützung für die Menschen aus der Ukraine vor allem in der ersten Phase des Ukraine-Krieges enorm war. Nur mit größten Anstrengungen der beteiligten Verwaltungen von Kreis und Verbandsgemeinden ist es bis dato weitgehend gelungen, dezentral Unterbringungsmöglichkeiten zu realisieren, wobei mittlerweile eben auch größere Einheiten genutzt werden (müssen). Inwieweit deren Unterkünfte für dauerhafte Aufenthalte genutzt werden, ob es Konzepte für deren Betrieb gibt, für wen der Wohnraum vorzugsweise genutzt wird oder ob es eine soziale oder ausländerrechtliche Betreuung gibt, wurde bis dato nicht thematisiert. Die Arbeit mit den Geflüchteten bleibt an einer Handvoll Hauptamtlicher und einiger weniger Ehrenamtlicher hängen, da es von Seiten des Gesetzgebers nicht vorgesehen ist, eine besondere Form der Betreuung bei der Integration zu gewährleisten. Die Beratungsstellen im Kreis sind mehr als ausgelastet und nicht für jeden gut zu erreichen. Die Kreisverwaltung und die beteiligten Verbandsgemeinden tun in jedem Fall ihr Möglichstes, um im Sinne der Gebote der Menschlichkeit und der herrschenden Gesetze zu handeln. Alles darüber hinaus muss an anderer Stelle entschieden werden. (vh)
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Nachricht vom 03.02.2024 |
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