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Nachricht vom 27.03.2024 |
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Region |
Klinikreform: Weit über 2000 Unterschriften an Kreisverwaltung übergeben |
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Was für ein Erfolg: Innerhalb nur weniger Tage sind die erforderlichen 2000 Unterschriften für einen Einwohnerantrag zusammengetragen worden. Mit ihm soll erreicht werden, dass sich der Altenkirchener Kreistag vor dem Hintergrund der Möglichkeit des "Heimfalls" mit der Situation der insolventen DRK-Krankenhäuser im AK-Land befasst. |
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Altenkirchen. Auf den ersten Blick scheint die Hürde ziemlich hoch zu sein. Nach Paragraf 11d der rheinland-pfälzischen Landkreisordnung sind mindestens 2000 Unterschriften erforderlich, um einen Einwohnerantrag einzureichen, der im Anschluss in einer Kreistagssitzung auch behandelt werden muss, wenn alle Vorgaben erfüllt sind. Wie flugs indes diese Zahl der Namenszüge erreicht worden ist, hat die Initiatorin einer Sammlung, die Bürgerinitiative (BI) „Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“, wahrlich erstaunt. Nach nur wenigen Tagen schon war die magische Grenze überschritten – und das mit rund 2800 überaus deutlich. Nach intensivem Check, um Mehrfachnennungen und Unterzeichner aus angrenzenden Kreisen zu eliminieren, übergaben am Mittwochmorgen (27. März) Corinna Simmerkuß, Mitbegründerin der BI, Dr. Isabella Jung-Schwandt, stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrates des Altenkirchener DRK-Hospitals sowie Ärztin für Anästhesie im Komplex am Leuzbacher Weg, und Rechtsanwalt Ralf Käppele die Listen im Kreishaus an Norbert Schmauck, den Büroleiter der Kreisverwaltung. Um eine bessere Prüfung zu gewährleisten, wurde vereinbart, dass die BI über Ostern die Unterschriftenlisten nach Verbandsgemeinden sortiert und noch einmal der Verwaltung zur Verfügung stellt. Gibt es nach einer Abnahme das Okay, kann sich der Kreistag in einer seinen nächsten Sitzungen mit diesem Einwohnerantrag beschäftigen. Das Begehren zielt darauf ab, das Thema „Heimfall“, also die Rücknahme der Krankenhäuser von der gemeinnützigen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH in die Trägerschaft des Kreises Altenkirchen, zu erörtern, da die Bedingung für einen solchen Schritt, die Insolvenz des Trägers, nach wie vor gegeben ist. Auf Anfrage vertiefte die Kreisverwaltung den weiteren Verlauf: „Ab Eingang des Einwohnerantrags und erfolgter Prüfung durch Kreis- und Verbandsgemeindeverwaltungen beginnt eine Drei-Monats-Frist, in der sich der Kreistag mit dem Thema befassen muss. Da die Prüfung der Unterschriften sehr arbeitsintensiv ist und mit Beteiligung der VG-Verwaltungen erfolgen muss, kommt aus heutiger Sicht die Kreistagssitzung am 8. April für die Behandlung nicht in Frage. Darüber ist die BI als Initiator informiert. Wir gehen davon aus, dass wir einen der noch anstehenden Termine für den Kreisausschuss zu einem Kreistagstermin umwandeln.“
Trio ist bereits benannt
Für die Vorsprache vor dem großen Gremium müssen drei Vertreter der BI benannt werden. Sie stehen mit Simmerkuß, Jung-Schwandt und Käppele bereits fest. Zum Hintergrund: Der Kreis hatte die beiden Krankenhäuser in Altenkirchen und Kirchen, die er ehemals selbst betrieben hatte, im Juli 2003 an das DRK übertragen und darüber hinaus noch die damals existierenden Schulden beider Hospitäler beglichen. Geschlossen worden war ein Erbbaurechtsvertrag über 99 Jahre für Gebäude und die Flächen, auf denen sie stehen. Vereinbart wurde parallel das sogenannte „Heimfallrecht“, also die Rückübertragung auf den Kreis für den Fall einer Insolvenz des Betreibers, der gemeinnützigen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH. Im Jahr 2020 verzichtete der Kreis auf das „Heimfallrecht“ für den Fall, dass das DRK das neue Westerwaldklinikum in Müschenbach zu bauen gedenkt/gedachte. Bei dieser juristischen Entscheidung saß jedoch der falsche Vertragspartner von Seiten des DRK am Tisch: nämlich nicht die gemeinnützige DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH, die die Kliniken übernommen hatte, sondern als übergeordnete Institution die DRK-Trägergesellschaft Süd-West, was zum damaligen Zeitpunkt offenbar so gut wie niemandem aufgefallen war. Grundsätzlich, so hatte Käppele vor kurzem betont, hätte der Kreis durchaus „Heimfall“ reklamieren können, zumal sich die DRK Rheinland-Pfalz gGmbH immer noch in der Insolvenz befinde. Also wäre die Möglichkeit entstanden, einem neuen Träger beide Häuser anzuvertrauen.
Grandioses Echo
„Wir bedanken uns bei allen Helfern und vor allem bei der Geschäftswelt in Altenkirchen, die uns tatkräftig bei der Sammlung der Unterschriften unterstützt haben“, freute sich Käppele wenige Minuten vor der Abgabe und fügte an: „Und ich bedanke mich auch bei Landrat Dr. Peter Enders, denn ohne seine missverständlichen Äußerungen zum Petitionsrecht wären wir auf den Paragrafen 11d überhaupt nicht gekommen.“ Jung-Schwandt blickte auf die vielen Stunden des Sortierens und Auswertens zurück: „Wir haben bei 2500 aufgehört zu zählen, aber auch festgestellt, dass viele von außerhalb des Kreises unterschrieben haben.“ Diese Menschen hätten so ihre Unterstützung symbolisiert. Selbst aus Kirchen („relativ häufig“) und „ein bisschen“ aus Betzdorf seien Signaturen registriert worden. Simmerkuß zeigte zudem Listen, die fein säuberlich per PC neu erfasst worden waren, und wusste darüber hinaus, dass sich noch weitere im Umlauf und auf dem Rückweg befänden. In Sachen Presse, die nicht bei der direkten Übergabe vertreten war, berief sich die Kreisverwaltung auf eine defensive Einstellung: „Es war für uns überhaupt kein Thema. Wir haben bei Übergabe von Petitionen etc. zuletzt grundsätzlich keine Veröffentlichungen betrieben, beispielsweise bei den Anliegen der BI Eichelhardt und der Ortsgemeinde Isert zur Flüchtlingsunterkunft oder bei Petitionen im Sinne Tierschutz. Zudem wäre für eine medial angemessene Übergabe kurzfristig auch kein Mitglied des Kreisvorstandes greifbar gewesen. Im Rahmen der Übergabe wurde lediglich über Verfahrensfragen gesprochen.“ Dass solch ein Gesuch nichts Alltägliches für die Kreisverwaltung darstellt, bestätigte sie: „In der Vergangenheit gab es hier keine Einwohneranträge.“
Insolvenz in Eigenverwaltung
Die gemeinnützige DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH mit ihren fünf Kliniken in Altenkirchen, Hachenburg (beide zählen als Verbundkrankenhaus), Kirchen, Neuwied und Alzey meldete im August des zurückliegenden Jahres Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) in Eigenverwaltung an. Um letztendlich Kosten zu senken, wurde vom DRK die Beraterfirma WMC Healtcare engagiert (DRK: „Geld spielt keine Rolle“), ein Konzept für den Fortbestand der Häuser zu entwickeln. Letztendlich steht unter dem Strich ein Kahlschlag des medizinischen Angebots in der Kreisstadt vor allem zugunsten des Hachenburger Hospitals. Nichts gezählt hatte für WMC bei der Ausarbeitung des Konzepts beispielsweise die deutlich bessere Infrastruktur des Krankenhauses Altenkirchen (Bettentrakt, OP-Säle) inklusive zertifiziertem Traumazentrum (Schockraum) gegenüber der maroden in Hachenburg. Was nach vielen Kündigungen von Mitarbeitern und Versetzungen an andere DRK-Standorte bleibt, ist die Frage, die niemand beantworten kann (oder will): Wie ist die in Altenkirchen geplante Klinik mit „1-i-*-Status“ überhaupt definiert und schließlich auch ausgestattet?
Das steht in der Landkreisordnung
Ein Blick in die Landkreisordnung (LKO) von Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 31. Januar 1994 – Paragraf 11d – Einwohnerantrag: „(1) Die Bürger und die Einwohner des Landkreises, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können beantragen, daß der Kreistag über bestimmte Angelegenheiten der Selbstverwaltung, für deren Entscheidung er zuständig ist, berät und entscheidet (Einwohnerantrag). Dem Antrag braucht nicht entsprochen zu werden, wenn dieselbe Angelegenheit innerhalb von zwei Jahren vor seiner Einreichung bereits Gegenstand eines zulässigen Einwohnerantrags war. (2) Der Einwohnerantrag muß ein bestimmtes Begehren mit Begründung enthalten. Er muß schriftlich bei der Kreisverwaltung eingereicht werden und bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, den Einwohnerantrag zu vertreten. (3) Die Zahl der für einen Einwohnerantrag erforderlichen Unterschriften beträgt 2 v.H. der Einwohner des Landkreises, höchstens jedoch 2 000. (4) Jede Unterschriftenliste muß den vollen Wortlaut des Einwohnerantrags enthalten. Eintragungen, welche die Person des Unterzeichners nach Namen und Anschrift nicht zweifelsfrei erkennen lassen, sind ungültig. (5) Die Voraussetzungen der Absätze 1 bis 4 müssen im Zeitpunkt des Eingangs des Einwohnerantrags bei der Kreisverwaltung erfüllt sein. (6) Über die Zulässigkeit des Einwohnerantrags entscheidet der Kreistag. Zuvor prüft die Kreisverwaltung die Gültigkeit der Eintragungen in die Unterschriftenlisten, wobei die Verwaltungen der großen kreisangehörigen Städte, der verbandsfreien Gemeinden und der Verbandsgemeinden des Kreisgebiets die erforderliche Amtshilfe leisten. Ist der Einwohnerantrag zulässig, so hat der Kreistag ihn innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Eingang zu beraten und darüber zu entscheiden. Der Kreistag hat die nach Absatz 2 Satz 2 im Einwohnerantrag genannten Personen zu hören. Die Entscheidung des Kreistags ist mit den sie tragenden wesentlichen Gründen öffentlich bekanntzumachen.“ (vh) |
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Nachricht vom 27.03.2024 |
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