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Nachricht vom 05.04.2024
Region
Vor Kreistagssitzung: BI Eichelhardt sorgt sich um Begriff "Notsituationen"
Die Bürgerinitiative Eichelhardt, die sich per „Petition“ gegen den Bau einer Containeranlage auf einem Grundstück in der Gemarkung Isert zur Unterbringung von Geflüchteten ausgesprochen hatte, ist trotz der Absage des Projekts weiterhin in tiefer Sorge. Sie stört sich am Begriff "Notsituation", der Bestandteil einer Beschlussvorlage für die nächste Kreistagssitzung ist.
Im Altenkirchener Kreishaus wird am Montag, 8. April, der Kreistag zu einer weiteren Sitzung zusammenkommen. (Foto: vh)Altenkirchen. Der Bau eines Containerdorfes in der Gemarkung Isert ist bekanntlich vom Tisch. In der Nähe der kleinen Gemeinde wollte der Kreis Altenkirchen als Bauherr auf einem Grundstück der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld eine Unterkunft für Geflüchtete errichten lassen. Letztendlich scheiterte das Vorhaben, weil die Ortsgemeinde Isert das Einvernehmen zur Erschließung des Areals über einen ihrer, also gemeindeeigenen, Wirtschaftswege nicht erteilte. Andere Erschließungsmöglichkeiten, beispielsweise über das benachbarte Grundstück des Landesbetriebs Mobilität oder direkt von der Bundesstraße 256 aus, seien intensiv geprüft worden, ließen sich aber nicht realisieren, hatte die Kreisverwaltung weiterhin als K.-o.-Kriterium für das Konzept genannt. Neben der Ortsgemeinde Isert hatte sich auch die Bürgerinitiative (BI) Eichelhardt gegen die Verwirklichung ausgesprochen und in einer, an den Kreis Altenkirchen gerichteten „Petition zur Feststellung, dass die Örtlichkeit Gemarkung Isert Flur 4 Flurstück 201/106 zur menschenwürdigen Unterbringung von Asylbegehrenden durch die Errichtung und Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft in Container-Bauweise ungeeignet ist, und Anwendung eines die Zumutbarkeit definierten Zuteilungsschlüssels (z.B Königsteiner Schlüssel) bis zur Ebene der Ortsgemeinden“ ihre ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht.

Antrag gemäß Paragraf 11b der LKO
Nun wird sich der Kreistag in seiner nächsten Zusammenkunft am Montag, 8. April, 16 Uhr, mit dieser BI-„Petition“, die in Wirklichkeit ein Antrag gemäß Paragraf 11b der Landkreisordnung (LKO) von Rheinland-Pfalz ist (die Landkreisordnung kennt den Begriff der „Petition“ nicht), als Tagesordnungspunkt 12 beschäftigen, obwohl der BI bereits die schriftliche Antwort von Landrat Dr. Peter Enders vorliegt. Der BI geht es in erster Linie aber um den Tagesordnungspunkt 13 „Umsetzung Paragraf 1 Absatz 2 Landesaufnahmegesetz“, und sie zitiert als Grundinformation in ihrem Schreiben diesen: „Das Landesaufnahmegesetz von Rheinland-Pfalz (AufnG RP) regelt die Aufnahme und Verteilung von Asylbegehrenden. Nach § 1 Abs. 2 kann die Kreisverwaltung die dem Landkreis zugewiesenen Personen weiter zuweisen an kreisangehörige Städte, verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden. Die Verbandsgemeindeverwaltung ist berechtigt, die der Verbandsgemeinde zugewiesenen Personen den Ortsgemeinden zuzuweisen.“

Probleme mit dem Begriff „Notsituationen“
Letztendlich stört sich die BI an dem Begriff „Notsituationen“, der in der Beschlussvorlage auftaucht. Der Kreistag solle darüber abstimmen, ob in „Notsituationen“ nicht mehr Kreistag oder Kreisausschuss, sondern alleine der Kreisvorstand, bestehend aus dem Landrat und den drei Beigeordneten, „fehlende Unterbringungsmöglichkeit auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 Landesaufnahmegesetz … schaffen“ dürfe. Dabei solle die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten durch Anmietung, Ankauf oder Nutzung eigener Grundstücke geschehen und auch die Errichtung von Aufbauten in Modulbauweise möglich sein. Die BI zitiert den Beschlussvorschlag in ihrem Text: „Der Kreistag ermächtigt unter Einschluss der Zustimmung nach § 3 der Hauptsatzung den Kreisvorstand, unter Aufhebung des Beschlusses des Kreisausschusses vom 20.11.2023 und unter Anerkennung der vorrangigen Zuständigkeit der Verbandsgemeinden, in einer Notsituation fehlende Unterbringungsmöglichkeit auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 Landesaufnahmegesetz zu schaffen. Die Schaffung von vorstehenden Unterbringungsmöglichkeiten kann durch Anmietung, Ankauf oder der Nutzung eigener Grundstücke, einschließlich einer damit einhergehenden Errichtung von Aufbauten in Modulbauweise, erfolgen und steht unter der Priorisierung einer rechtlichen, ökonomischen, integrativen und gesellschaftspolitischen Abwägung.“

Drängende Fragen an der Landrat
Für die BI stellten sich, so geht aus dem Schreiben weiter hervor, angesichts einer solchen geplanten Vollmacht zur Ermächtigung in „Notsituationen“ drängende Fragen an Enders: „1. Paragraf 3 der Hauptsatzung sieht keine Übertragung von Befugnissen vom Kreistag auf den Kreisvorstand vor. Auf welche genaue Regelung des Paragrafen 3 stützen Sie die Beschlussvorlage? 2. Wie wird eine ,Notsituation’ definiert? 3. Wer bestimmt die Definition einer ,Notsituation’? 4. Wer bestimmt, ob eine ,Notsituation’ vorliegt? 5. Wird der Kreistag – die Vertretung der Kreisbürger – noch in die Entscheidungsfindung einbezogen? 6. Falls Frage 5 mit einem ,Nein’ beantwortet wird: Wer vertritt die Interessen der Kreisbürger? 7. Wird im Rahmen der Entscheidung des Kreisvorstands die von einer Entscheidung betroffene Ortsgemeinde in die Entscheidungsfindung einbezogen bzw. im Vorfeld angehört? 8. Werden die Bürger, die von der Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft betroffen sind, in angemessener Frist vor der Entscheidungsfindung angehört und über die Entscheidung informiert? 9. Gibt es Möglichkeiten für den Kreistag bzw. Kreisausschuss, die Entscheidung des Kreisvorstands in Frage zu stellen?“ Die BI appelliert an die Mitglieder des Kreistages: „Bitte stellen Sie sich schützend vor die Bürger und erlauben Sie nicht, dass die Bürger des Landkreises - und damit unsere Interessen, die sie vertreten sollen - durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den – mit Ausnahme des Landrats – von uns nicht direkt gewählten Kreisvorstand in dem für die Bürger des Landkreises so wesentlichen Aspekt der Flüchtlingsunterbringung übergangen und ausgeschlossen werden!“ (vh)
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