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Nachricht vom 11.06.2024
Wirtschaft
Die elf größten arbeitsrechtlichen Irrtümer zum Urlaub
ANZEIGE | Im Arbeitsrecht ranken sich zahlreiche Mythen und Missverständnisse um das Thema Urlaub. Oftmals sind Arbeitnehmer unsicher, welche Rechte und Pflichten sie im Kontext ihrer Urlaubsansprüche tatsächlich haben. Dieser Artikel beleuchtet die zehn häufigsten Irrtümer und stellt klar, was gesetzlich wirklich gilt, um sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber über ihre tatsächlichen Rechte und Pflichten zu informieren.
KI generiertes BildIrrtum 1: Resturlaub verjährt immer nach drei Jahren
Entgegen einer weitverbreiteten Annahme verfällt Resturlaub nicht automatisch nach drei Jahren. Laut Arbeitsrecht Rechtsanwälte Köln ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber es versäumt, die Arbeitnehmer rechtzeitig dazu aufzufordern, ihren Urlaub zu nehmen, und sie nicht vor dem drohenden Verfall der Urlaubstage warnt. Im Dezember 2022 entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (Az. 9 AZR 266/20), dass Arbeitnehmer in solchen Fällen weiterhin Anspruch auf ihren Resturlaub haben. Dieses grundlegende Urteil stärkt die Rechte vieler Arbeitnehmer in Deutschland, die ihre offenen Urlaubsansprüche geltend machen, auch wenn diese mehrere Jahre zurückliegen.

Irrtum 2: Arbeitgeber zahlen ausstehenden Urlaub immer aus
Die Annahme, dass der Arbeitgeber unverbrauchte Urlaubstage grundsätzlich auszahlt, ist nur teilweise korrekt. Der gesetzliche Urlaubsanspruch dient primär der Erholung des Arbeitnehmers, weshalb generell der Anspruch auf Freizeit im Vordergrund steht. Arbeitgeber können für Zusatzurlaubstage, die über den gesetzlichen Anspruch hinausgehen, vertragliche Regelungen treffen, die den Arbeitnehmer dazu verpflichten, diese Tage tatsächlich zu nehmen. Eine Auszahlung der Urlaubstage ist jedoch rechtlich geboten, wenn der Arbeitnehmer seine Urlaubstage aufgrund von Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen kann.

Irrtum 3: Führungskräfte müssen im Urlaub erreichbar sein
Die Annahme, dass Führungskräfte im Urlaub erreichbar sein müssen, ist rechtlich nicht korrekt. Der Urlaub dient grundsätzlich der Erholung von der beruflichen Tätigkeit, und das gilt auch für leitende Angestellte. Wer während des Urlaubs auf Diensthandy und -laptop verzichtet, ist rechtlich abgesichert. Trotzdem zeigt die Praxis oft ein anderes Bild. Viele Führungskräfte fühlen sich verpflichtet, auch im Urlaub erreichbar zu sein, da längere Abwesenheiten als hinderlich für die berufliche Weiterentwicklung angesehen werden können. Diese Haltung wird von vielen Arbeitgebern stillschweigend erwartet, obwohl sie nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.

Irrtum 4: Arbeitgeberwechsel bringt neuen Urlaubsanspruch
Die Vorstellung, dass beim Wechsel des Arbeitgebers automatisch ein neuer Jahresurlaub entsteht, ist ein Irrtum. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verhindert doppelte Urlaubsansprüche. Um dies zu vermeiden, ist es hilfreich, dem neuen Arbeitgeber eine Übersicht der bereits genommenen Urlaubstage vorzulegen. Der neue Arbeitgeber gewährt dann entsprechend des neuen Arbeitsvertrages Urlaubstage, die möglicherweise von den gesetzlichen Mindestanforderungen abweichen. So kann es etwa sein, dass anstelle der gesetzlichen 24 Urlaubstage bei einer Sechs-Tage-Woche, der neue Arbeitgeber 30 Urlaubstage gewährt.

Sollten im bisherigen Arbeitsverhältnis mehr Urlaubstage genommen worden sein, als dem Arbeitnehmer zustehen, kann der neue Arbeitgeber diese Tage nicht rückwirkend einfordern. Wenn der Urlaubsanspruch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vollständig ausgeschöpft wurde, erfolgt ein finanzieller Ausgleich.

Irrtum 5: Arbeitgeber kann Urlaub immer unterbrechen
Die Vorstellung, dass der Arbeitgeber den Urlaub seiner Mitarbeiter jederzeit abbrechen kann, ist falsch. Nur in äußersten Notfällen darf der Arbeitgeber seine Angestellten aus dem Urlaub zurückholen. Laut Bundesarbeitsgericht sind dafür zwingende Notwendigkeiten erforderlich, die keine andere Lösung zulassen. Wenn das Fortbestehen des Unternehmens gefährdet ist, kann es notwendig sein, dass Mitarbeiter ihren Urlaub abbrechen. In einem solchen Fall trägt der Arbeitgeber die Kosten für die Stornierung der Reise. Dies gilt jedoch auch in umgekehrter Richtung. Wenn ein Arbeitnehmer seinen genehmigten Urlaub nicht antreten möchte, benötigt er die Zustimmung seines Arbeitgebers. Eine einseitige Absage des Urlaubs ist nur mit der Zustimmung beider Parteien möglich.

Irrtum 6: In der Probezeit ist Urlaub nicht erlaubt
Der Glaube, dass während der Probezeit kein Urlaubsanspruch besteht, ist weitverbreitet, aber falsch. Nach dem Gesetz entsteht der volle Urlaubsanspruch erst nach sechs Monaten im Unternehmen. Bis dahin hat der Arbeitnehmer jedoch Anspruch auf anteiligen Urlaub. Dieser beträgt für jeden vollen Kalendermonat ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Obwohl Urlaubstage in der Probezeit beim Arbeitgeber möglicherweise nicht gerne gesehen sind, sind sie dennoch rechtlich zulässig. Das bedeutet, dass auch während der Probezeit Urlaubsansprüche geltend gemacht werden können und dürfen.

Irrtum 7: Arbeitgeber bestimmt allein die Urlaubsdauer
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass der Arbeitgeber allein über die Dauer des Urlaubs seiner Mitarbeiter entscheidet. Tatsächlich genießen Arbeitnehmer nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ein Mitspracherecht bezüglich ihres Urlaubszeitraums. Arbeitgeber sind zudem verpflichtet, mindestens zwei Wochen zusammenhängenden Urlaub zu gewähren. Betriebliche Gründe, die einer längeren Abwesenheit des Arbeitnehmers entgegenstehen, stellen hierbei eine Ausnahme dar. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber nachvollziehbar darlegen, warum der gewünschte Urlaub nicht gewährt werden kann.

Irrtum 8: Am 31. März verfällt nicht genommener Urlaub
Gemäß dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss der bezahlte Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Es gibt jedoch Ausnahmen, die es ermöglichen, den Resturlaub bis zum 31. März des Folgejahres zu übertragen. Dies ist möglich, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe vorliegen, die eine rechtzeitige Inanspruchnahme des Urlaubs verhindern. Ein wichtiger Aspekt ist die Informationspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitnehmer über den Ablauf des Urlaubsanspruchs und die möglichen Verfallsfristen zu informieren. Unterlässt der Arbeitgeber diese Information, verfällt der Resturlaub nicht und kann auch nach dem 31. März des Folgejahres genommen werden.

Irrtum 9: Jahresurlaub kann nicht am Stück genommen werden
Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass Arbeitnehmer ihren gesamten Jahresurlaub nicht auf einmal nehmen dürfen. Tatsächlich haben Arbeitnehmer laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) das Recht, den Zeitraum ihres Urlaubs frei zu wählen, einschließlich der Möglichkeit, den gesamten Jahresurlaub am Stück zu nehmen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dieser Entscheidung grundsätzlich zuzustimmen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn betriebliche Gründe dagegen sprechen. Solche Gründe liegen vor, wenn zu viele Mitarbeiter gleichzeitig Urlaub nehmen wollen und dadurch der reibungslose Ablauf des Betriebs gefährdet wäre. In diesem Fall hat der Arbeitgeber das Recht, den Urlaubsantrag abzulehnen, muss jedoch eine klare und nachvollziehbare Begründung dafür liefern.

Irrtum 10: Arbeitgeber müssen Urlaubsgeld zahlen
Ein weitverbreiteter Irrtum im Arbeitsrecht ist die Annahme, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Urlaubsgeld zu zahlen. Tatsächlich ist Urlaubsgeld eine freiwillige Leistung und nicht gesetzlich vorgeschrieben. Verpflichtungen zur Zahlung können sich jedoch aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, individuellen Arbeitsverträgen oder betrieblicher Übung ergeben. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen legen häufig konkrete Beträge fest, während Arbeitsverträge individuelle Vereinbarungen treffen können. Bei betrieblicher Übung entsteht ein Anspruch, wenn der Arbeitgeber über Jahre hinweg regelmäßig Urlaubsgeld zahlt. Die Höhe des Urlaubsgeldes variiert je nach den jeweiligen Regelungen. Arbeitnehmer sollten ihre vertraglichen und betrieblichen Regelungen sowie Tarifverträge prüfen, um ihren Anspruch und die Höhe des Urlaubsgeldes zu klären. Arbeitgeber sollten klare Regelungen treffen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Irrtum 11: Langzeiterkrankte verlieren Urlaubsansprüche
Grundsätzlich verfällt der Urlaubsanspruch bei langwieriger Krankheit 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Allerdings hat ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt die Rechte der Arbeitnehmer in diesem Punkt gestärkt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, langzeiterkrankte Beschäftigte auf den drohenden Verfall ihres Urlaubsanspruchs hinzuweisen. Unterlässt er dies, verfällt der Resturlaub auch bei Krankheit oder Erwerbsminderung nicht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte, dass eine Verjährung des Urlaubsanspruchs nicht zulässig ist, wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachkommt. Die genaue Frequenz und der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber diese Hinweise geben muss, wurden jedoch nicht spezifiziert. (prm)

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