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Nachricht vom 03.07.2024
Region
Westerwaldbahn investiert in punktuelle Sanierung der „Stammstrecke“
Hin und wieder müssen Vertreter älterer Generationen sich einem "Face lifting" unterziehen. Zu diesem Kreis zählt auch die "Stammstrecke" der Westerwaldbahn. In den kommenden Monaten werkeln Männer vom Bau an zwei Brücken und an Abschnitten des Oberbaus. Der Verkehr zwischen Scheuerfeld und Nauroth startete zu Beginn des Jahres 1913.
Die Strecke der Weba (hier bei Steinebach) ist schon rund 111 Jahre in Betrieb. (Foto: vh)   Kreis Altenkirchen. Als aktuelle „Stammstrecke“ der Westerwaldbahn (Weba) gilt der Abschnitt zwischen Scheuerfeld und Steinebach-Bindweide (Rosenheimer Lay) mit einer Länge von etwas mehr als zehn Kilometern. Anfang des Jahres 1913 bis nach Nauroth eröffnet, muss nach wie vor immer wieder nach dem Rechten gesehen, sprich investiert, werden, um einen reibungslosen und sicheren Zugverkehr zu gewährleisten. Vor diesem Blickwinkel stehen Sanierungsarbeiten an, die, so Weba-Geschäftsführer Oliver Schrei, in den kommenden Monaten rund 1,5 Millionen Euro kosten werden. Zum einen muss der Oberbau in drei Abschnitten auf einer Gesamtlänge von rund einem Kilometer komplett ausgetauscht werden; zum anderen geht es zwei Brücken an den Kragen, die es zu erneuert gilt, wobei „wir möglichst die Außengewölbe erhalten wollen“, wie es Schrei formuliert. Die Firma Gleiskraft (Ulmen) übernimmt den Wechsel von Schienen, Schwellen und Schotter. Das Verschweißen der neuen mit den „alten“ Eisensträngen kann nur von einem zertifizierten Unternehmen vorgenommen werden. Noch erfolgen müssen Ausschreibung und Vergabe der Planung und der Arbeiten an den beiden Querungen. Ein erster Fixpunkt des Projektes ist die Einrichtung der Baustelle vom 17. Juli an. Zunächst einmal soll der Betrieb nicht unterbrochen werden. Wenn die Brücken an der Reihe sind, möchte Schrei „eine Sperrung auf wenige Wochen begrenzen“. Er hofft, dass das erste Viadukt noch in diesem Jahr im neuen Gewand daherkommt, für das zweite gibt er für die Realisierung als Anhaltspunkt Ende 2025 an.

Betriebshof nicht abkoppeln
Der Weba muss natürlich daran gelegen sein, ein Befahrverbot auf einen möglichst kleinen Zeitraum zu beschränken, um den Betriebshof „auf der Bindweide“ nicht Übergebühr abzukoppeln, weil die beiden eigenen Triebwagen, die auf der Daadetalbahnstrecke verkehren (Vertrag endet am 31. Dezember 2029), gewartet, gereinigt und betankt werden müssen. Das Spritfassen ist aber auch im Bereich des Scheuerfelder Bahnhofs bei einer Anlage der Deutschen Bahn möglich. Für andere Eisenbahnunternehmen ist der Werkstattkomplex gleichfalls ein Anfahrpunkt. Regelmäßig werden zum Beispiel Fahrzeuge einer Schienenbaufirma auf Herz und Nieren untersucht, gehen Checkaufträge bisweilen auch ohne längerfristige Bindung in die Auftragsbücher der Weba ein, für die der Kreis bereits im Jahr 1914 die Betriebsführung übernommen hat. Und auch die Holztransporte für das Werk der Firma „Westerwälder Holzpellets“ sollen so wenig wie möglich unter einer vorübergehenden Sperrung leiden. Das Rohmaterial für die Befeuerung von Heizungsanlagen wird an der Rosenheimer Lay auf Lastwagen umgeladen und zur Weiterverarbeitung nach Langenbach (bei Kirburg) gebracht. Dieser Schnittpunkt am derzeitigen Ende der Strecke will der alleinige Nutzer aus dem Nachbarkreis alsbald noch auf eigene Rechnung umbauen.

Geld aus Berlin und Mainz
Froh ist Schrei, dass der Kreis die Kosten fürs Aufpäppeln nicht allein bestreiten muss. Vom Bund fließt eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 Prozent nach dem Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz (SGFFG). Das Verkehrsministerium des Landes unterstützt die Weba ebenfalls mit einer Förderung (35 Prozent), wie Verkehrs- und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt bereits im Februar dieses Jahres mitteilte: „Wir wollen unseren Unternehmen ein vielfältiges Transportangebot unterbreiten. Deshalb investieren wir in den Schienengüterverkehr, um auch diese umweltschonende Transportvariante zu stärken und somit die Straßen vom Lkw-Verkehr zu entlasten. Eine moderne Güterinfrastruktur ist wichtig für die Attraktivität unseres Wirtschaftsstandorts.“ Die Höhe ergebe sich aus der Förderrichtlinie für nicht bundeseigene Bahnen. Mit der Sanierung der Bahnstrecke könnten dauerhaft mehr als 60.000 Tonnen pro Jahr auf die Schiene verlagert bzw. auf ihr gehalten und so die Straßen in der Region von Schwerverkehren entlastet werden. Schließlich steuert der Kreis den Rest in Höhe von 15 Prozent bei.

Einst bis auf die Lipper Höhe
Die Strecke, die sich im Besitz der Weba befindet, blickt auf eine wechselvolle Geschichte, wie Karl Arne Richter auf seiner Internetpräsenz „Die Westerwälder Bahnen“ (www.westerwaelder-bahnen.net) darstellt. Nach der Betriebsaufnahme im Jahr 1913 zwischen Scheuerfeld (Abzweig von der Siegstrecke) und Nauroth folgten Änderungen des Verlaufs als auch Verlängerungen von der Bindweide nach Weitefeld (1926), von Weitefeld nach Friedewald (1928), von Friedewald nach Emmerzhausen (1936) und schließlich von Emmerzhausen bis zur Lipper Höhe (Flughafen/1942/1943). Noch während des Zweiten Weltkriegs begann das Rückrudern mit dem Aus für den Personenverkehr zwischen Weitefeld und Emmerzhausen (März 1945). Nach und nach wurden Personen- und Güterverkehre abschnittsweise eingestellt, viele Stilllegungen schlossen sich an. Die letzte datiert aus dem Jahr 2017, als ein solches Verfahren für den Abschnitt zwischen Bindweide und Weitefeld eingeleitet wurde. Derzeit arbeitet Markus Mann als geschäftsführender Gesellschafter der „Westerwälder Holzpellets GmbH“ im finalen Stadium am Kauf des Streckenabschnitts zwischen Rosenheimer Lay und Weitefeld, den er wieder in Betrieb nehmen und für die Holztransporte nutzen möchte. Darüber hinaus schwebt ihm eine Verlängerung bis zum Firmensitz in Langenbach vor. Hatte die Weba mit eigenem Gerät bis Ende 2017 Güterverkehr auf der Strecke zwischen Scheuerfeld, Altenkirchen und Selters gefahren, besitzt sie so gut wie keinen eigenen Fuhrpark mehr. „Zwei altersschwache Lokomotiven, wovon eine museumstauglich sein könnte, und vier Waggons, in denen Material gelagert wird, befinden sich noch in unserem Besitz“, weiß Schrei. Inzwischen betreibt die LWS Lappwaldbahn Service GmbH mit Hauptsitz in Weferlingen (Sachsen-Anhalt) die Holzbachtalbahnstrecke zwischen Altenkirchen und Selters (33 Kilometer), deren Eigentümerin sie nach dem Ankauf von der Weba zum 1. Januar 2019 wurde und die sie im Anschluss sanierte. (vh)
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