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Pressemitteilung vom 22.07.2024
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Zeitfahr-Ass Michael Graben vom RSC Betzdorf: 1000 Wettkämpfe in 25 Radsportsaisons
Zeitfahrspezialist Michael Graben vom Team Schäfer Shop des RSC Betzdorf hat am Sonntag seinen eintausendsten Wettkampf absolviert. Er errang als Spätstarter und trotz eines schlimmen Unfalls beachtliche Erfolge im Radsport.
Möglich machten es eine ganz harte Schule und ein konsequenter wissenschaftlicher Ansatz.
Michael Graben vor seiner Trophäenwand. (Foto: Verein/Michael Graben)Betzdorf. "Ich hätte niemals gedacht, dass ich diese Zahl irgendwann mal erreichen würde", sagt der 57-jährige Kfz-Sachverständige aus Fluterschen, der seine "Radrennsport-Karriere" erst mit 33 Jahren im Jahr 2000 begann, allerdings noch eine beachtliche Anzahl von Erfolgen einfuhr. 151 Siege stehen in seinem Palmarès, wie im Radsport die listenförmige Aufstellung von Top-Ergebnissen genannt wird.

Eines seiner ersten Rennen war der "Große Preis von Altenkirchen 2001", den er in der Jedermann-Klasse sofort auf dem zweiten Platz absolvierte. Graben fuhr zu dieser Zeit lange Distanzen, startete als "Jedermann" bei Klassikern in Belgien und den Niederlanden sowie beim Ötztaler Radmarathon. Auch nach dem Einstieg bei den Lizenzrennen waren längere Rennen wie "Köln-Schuld-Frechen" oder "Rund im Odenwald" die erste Wahl. "Das Herumheizen um die Ecken und die vielen Antritte bei Rundstreckenrennen auf kurzen Rundkursen waren nie mein Ding", erklärt Graben, der 2003 überraschend die erste Austragung von "Rad am Ring" auf dem Nürburgring auf der Nordschleife gewann.

Veränderung nach Sturz
Nach einem schweren Sturz im September 2004 begann Graben sich auf Einzelzeitfahren zu konzentrieren und den mitunter chaotischen, teils ungestümen Positionskampf in den "normalen" Rennen zu meiden, wenngleich sein Unfall durch eine gebrochene Kurbel damit nichts zu tun hatte. "Ich musste regelrecht zusammengeflickt werden und konnte dann auch lange nur auf der Rolle trainieren. Das war so stark im Kopf drin, dass für mich keine Rundstreckenrennen mehr gingen. Die Sorge um die Gesundheit, der Kopf fuhr immer mit", blickt Graben zurück.

Glück im Unglück: Sportlich gesehen passte der Wechsel in der Ausrichtung zum Talent und zur Neigung des Westerwälders, der schon zuvor eine hohe Wattleistung über lange Zeit halten konnte und sowohl für Solofahrten im Training als auch für das Arbeiten an den technischen Feinheiten offen war. Da es vor 20 Jahren noch nicht viel an Zeitfahrmaterial auf dem Markt gab, wurden zunächst normale Straßenrennräder entsprechend dem Einsatzzweck umgebaut.

Beim Ausreizen der Schwelle zur Übersäuerung der Beine, der großen Kunst im Zeitfahren, setzte Graben schon auf die heute gängige Wattmessung, als die Orientierung an Pulswerten im Radsport noch gängig war. "Ich hatte jemanden an der Sporthochschule Köln, der mir Messgeräte zur Verfügung stellen konnte. Damit habe ich die Sache gezielt verbessert", sagt Graben. "Ohne ist das alles zu unpräzise."

Drangsaliert von der Trainerlegende
Auch bei Sitzposition und dem Material vertraute der 57-Jährige nicht dem Gefühl, sondern begab sich unter die Fittiche von Trainerlegende Horst Teutenberg. "Er hat mir das erst richtig beigebracht. Als Horst mit mir fertig war, konnte ich von jetzt auf gleich zehn bis 15 Prozent schneller fahren. Dafür hat er mich den ganzen Tag drangsaliert", berichtet Graben von achtstündigen Optimierungstagen, die er auf der 250-Meter-Holzbahn in Büttgen am Niederrhein durchlief. "Er hat ständig Anweisungen geschrien: Kopf runter, Beine ans Oberrohr und so weiter. Dazu wurde jede Runde eingepfiffen, immer nach knapp 20 Sekunden. Dann hattest du gefälligst an der Linie zu sein."

Sobald sich dies eingependelt hatte, begann eine Messserie zur Optimierung. "Verschiedene Armhaltungen, Sattel nach vorne, Sattel nach hinten und so weiter. Wir haben alles ausprobiert. Man hat die richtige Position nicht einfach so, man muss sich dazu zwingen", stellt Graben fest. Nach der Sitzposition, die in dieser Disziplin beinahe eine Liegeposition ist, ging es um das Material. Graben: "Lenker, Helm, Brillen, Laufräder - wir haben alles getestet, was ohne Windkanal ging." Nebenbei drückte Teutenberg aufs Tempo: "Er hat dann schrittweise früher gepfiffen und es so schneller gemacht."

Erfolg durch Effizienz
Ausgezahlt hat sich das Ringen um Effizienz und das Einsparen von Kraft, denn 2008 wurde Graben erstmals Landesmeister im Einzelzeitfahren, was ihm später drei weitere Male gelang. Auf internationaler Ebene trat Graben fünfmal bei der Master-WM in Sankt Johann an und erreichte mit dem siebten und neunten Platz zwei Top-Ten-Ergebnisse. Zwischenzeitlich hatte sich im Norden und Westen Deutschlands eine große Zeitfahrszene mit fast dreistelligen Starterzahlen pro Rennen etabliert. Zeitweise fanden in fünf Serien drei bis vier Wettbewerbe pro Woche statt, bei denen Graben immer am Start stand und bei denen bald kein Weg mehr an ihm vorbeiging. 60 Rennen pro Jahr waren zu dieser Zeit keine Seltenheit für ihn.

Siebenmal gewann er den "Cycletec Cup" in Krefeld und ebenso den "Horst-Niewrzol-Cup" am Niederrhein, dazu kommen drei Gesamtsiege beim "Cloc.C-Zeitfahrcup" in Nieukerk und ein Doppelsieg bei der "Crono-Trofee" in der niederländischen Provinz Limburg. Ganz besonders stolz ist Graben auf den Gesamtsieg 2010 beim traditionellen "Zeitfahren auf der Panzerstraße" rund um den Kölner Flughafen, einer fast 100 Jahre alten Rennserie. Das Zeitfahren "op d´r Panzerstross" ist Kult, hier testeten auch ehemalige Profis wie zum Beispiel Rudi Altig oder Nachwuchsrennfahrer ihre Wettkampfform. "Es gab Tage, da waren dort drei Weltmeister am Start", hat Graben, der seine Radkilometer akribisch dokumentiert, im Trainingsbuch notiert.

Wie geht's weiter?
Als Fachwart Rennsport im RSC - "nebenbei" ist er Geschäftsführer - gibt Graben seine Expertise nun an jüngere Fahrer weiter. Ob nun nach 1.000 Wettkämpfen Schluss ist? "Ich habe darüber nachgedacht, doch ohne Wettkämpfe geht es irgendwie doch nicht. Das Schlimmste war das erste Corona-Jahr, als es keine Rennen gab und man zu Hause saß und nicht so genau wusste, wozu man den ganzen Trainingsaufwand im Winter und im Trainingslager betrieben hat."

Obendrein ist der Segen der exakten Leistungsmessungen in zweierlei Hinsicht auch ein Fluch. Graben: "Sie zeigt klar, wie ich im Laufe schlechter werde. Das ist Biologie, da kann man nichts machen." Und ein wenig gehe die Sache auf Kosten der Romantik im Radsport: "Manchmal brauchen wir eigentlich gar nicht zu starten, weil jeder schon weiß, wie viel Watt er selbst und wie viel die anderen treten können." Dennoch soll es wohl noch ein oder zwei oder drei Saisons weitergehen. Solange die Gesundheit es erlaubt, wird Graben weiterhin bei Lizenz-Zeitfahren starten. (PM)
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