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Nachricht vom 13.11.2024 |
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Region |
Klinik-Aus in Altenkirchen im Rückblick: Ein Trauerspiel in vier Akten |
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Eines ist dem DRK wahrlich nicht vorzuwerfen: mangelnde Beharrlichkeit auf dem Weg hin zur Fast-Komplett-Schließung seines Krankenhauses in Altenkirchen. Mindestens zehn (!) Jahre wurde auf vielen Ebenen gewerkelt, um das Hospital am Leuzbacher Weg mit Erfolg in die Bedeutungslosigkeit zu transferieren – ein grober Rückblick. |
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Altenkirchen. Mit dem Wissen, dass das Trauerspiel rund um das Krankenhaus Altenkirchen nicht mehr auf dem Spielplan steht, lohnt ein Blick zurück (im Zorn?): Die Erinnerungen an den Juli des Jahres 2014 sind noch präsent. Im ersten Akt eines sich damals noch nicht abzeichnenden Dramas versucht die DRK-Trägergesellschaft Süd-West gGmbH auf Grundlage eines Gutachtens, erstellt vom Institut für betriebswirtschaftliche und arbeitsorientierte Beratung in Bremen (BAB), ihr „Verbundkrankenhaus“ mit den Kliniken in Altenkirchen und Hachenburg zu verschmelzen, um an einem neuen zentralen Standort eine „Ein-Haus-Lösung“ entstehen zu lassen. Nach großem Aufschrei und Wortmeldungen zahlreicher Kenner der Szene und solchen, die sich auch dafür halten, rudert das DRK im zweiten Akt schließlich zurück: Im Februar 2015 präsentieren die Regisseure ein weiteres Kapitel, das den Fortbestand beider Häuser sowie Spezialisierungen hier und dort zum Ziel hat. Vorausgegangen ist ein Machtwort der damaligen rheinland-pfälzischen Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), die den Erhalt des „getrennten“ Zweierpacks auch als Chefin der Landes-Planungsbehörde in Sachen Krankenhäuser „befohlen“ hat. Dennoch: Altenkirchen kommt, was den Publikumszuspruch betrifft, weiterhin nie aus den roten Zahlen heraus, auch, weil lukrative, da gut honorierte Akteure lieber in Hachenburg sich die Ehre geben. Michael Lieber, damaliger Landrat im AK-Land, bemerkt lapidar nach dem Diktat aus der Landeshauptstadt: „Das war höchste Zeit!" Und Jürgen Ecker, aktuell nach wie vor Kaufmännischer Direktor beider Hospitäler, reagiert eher zurückhaltend. Für ihn ist es nur eine Frage der Zeit, wann die „Zwangsehe" als Thema erneut auf den Spielplan kommt. Wie recht er doch behalten wird!
Müschenbach wird neuer Standort
Womit wir beim dritten Akt sind: Das DRK lässt es aber nicht bei diesem Spruch, in Mainz gefällt, bewenden. Eine weitere Analyse, wiederum von BAB ausgearbeitet, präferiert erneut die Zusammenlegung zu einem Westerwald-Klinikum. Und siehe da, wie von einem Zauberer ein Kaninchen aus dem Hut gezogen wird, wird vor Weihnachten 2019 zur Überraschung vor allem der Lokalpolitik im Land an Sieg und Wied ein Areal in Müschenbach (Westerwaldkreis) als künftige neue Bühne präsentiert. „Mir ist sehr wichtig, dass ein neuer Krankenhausstandort eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat. Nur so können ein neuer Standort und die Gesundheitsregion insgesamt erfolgreich sein. Deswegen bin ich dankbar, dass unser Vorschlag von allen respektiert wird. Ich erwarte von den kommunalen Verantwortlichen nun für die Verwirklichung des Neubaus einen Schulterschluss und damit ein Bekenntnis für die gemeinsame Region. Es geht um die gute und zukunftsfähige gesundheitliche Versorgung der Menschen, die nicht an Gemeindegrenzen haltmacht“, ist Bätzing-Lichtenthäler nunmehr von ihrer einstmals gefällten Entscheidung, dem Fortbestand beider Häuser ihren Segen gegeben zu haben, komplett abgerückt. Zudem werde die Zusammenlegung zweier Standorte zu einem medizinisch und wirtschaftlich zukunftsfähigen Krankenhaus Signalwirkung für die strukturelle Verbesserung der Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz insgesamt haben. Gesagt, getan: Das DRK hat inzwischen viele Grundstücke in Sichtweite von Hachenburg gekauft, ein erster Blick auf die Finanzierung des WW-Klinikums erfasst mindestens 100 Millionen Euro. Inzwischen werden rund 400 Millionen Euro gehandelt, weil das zu planende Objekt mit deutlich mehr Betten als ursprünglich daherkommen soll.
Perfekt in die Karten gespielt?
Ob dem DRK nun die Insolvenz seiner Krankenhaus Rheinland-Pfalz gGmbH im August 2023 perfekt in die Karten spielt, um die Altenkirchener Bretter, die die Gesundheitswelt bedeuten, verrotten zu lassen, bleibt dem Urteil eines jeden einzelnen Betrachters vorbehalten. Basis für die vom DRK eingeleitete Umstrukturierung des Theaters ist die Fixierung des Zielbildes für das Zukunftskonzept, das das Team von WMC Healthcare (München) ausgearbeitet hat. Nach dem Abschluss dieses vierten und finalen Aktes der Tragödie steht das fast komplette Aus für die Einrichtung in der Kreisstadt fest. Bätzing-Lichtenthälers Nachfolger im Amt, Clemens Hoch (SPD), Minister für Wissenschaft und Gesundheit, sah und sieht die stationäre Versorgung im Unterkreis als nicht gefährdet an. Viel Beifall für dieses Statement bekommt er im Altenkirchener Kreistag nicht, ebenso wenig gibt es am Ende der „Aufführung“ beim fallenden Vorhang des Schlussaktes keinen Applaus für den vielfach nicht nur durch mangelnde Kommunikation aufgefallenen Hauptdarsteller, das DRK. Nun, Spekulationen besagen, dass als Fortsetzung der Posse die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) zum 1. Januar 2025 als Fachklinik geführt und aus der gemeinnützigen Gesellschaft des DRK herausgelöst werden könnte ebenso wie die Klinik in Hachenburg. Zudem wird gemunkelt, dies habe mit den ungeklärten Verhältnissen mit der rheinischen Zusatzversorgung zu tun. Laut Insidern könnte die gGmbH vielleicht sogar aufgelöst werden, da eine zweite Insolvenz möglich sei.
„Wussten Sie, dass …“
Unter der Überschrift „Wussten Sie, dass ...“ besteht eine Liste von Anmerkungen, die markant bekannte/nicht bekannte Umstände der Inszenierung aus den zurückliegenden rund 15 Monaten (seit Eintritt in die Insolvenz der Krankenhaus-Trägergesellschaft Rheinland-Pfalz gGmbH) beschreiben, aber nicht den Einzug ins Drehbuch geschafft haben. Ein Auszug: „Wussten Sie dass… Versetzungsbescheide am 15. August für den 16. August 2024 kamen, Widersprüche ignoriert wurden, Gespräche nicht stattfanden; … die niedergelassenen Ärzte völlig am Limit sind, weil sie Notfälle nicht mehr in Krankenhäusern unterbringen können; ... Müschenbach als ein Verbundkrankenhaus und größer geplant werden soll unter der Einbeziehung der Häuser in Altenkirchen, Hachenburg sowie Kirchen und gegebenenfalls der in Selters und Dierdorf, jedoch hierzu weder Gutachten noch Gespräche geführt wurden; … nur Abteilungen in Altenkirchen von Schließungen, kompletten Versetzungen und Kündigungen betroffen waren, es keine Versetzungslisten über beide Häuser gab, auch wenn es durchaus Mitarbeiter in Hachenburg gibt, die näher an Kirchen wohnen; … dass der Ausbau des Medizinischen Versorgungszentrums in Altenkirchen bisher nicht erfolgt ist, es dreimal eine viertel Stelle, insgesamt also eine dreiviertel Stelle, gibt; der Fortbestand alles andere als gesichert ist; … die Essensversorgung durch Gastro Service (Subunternehmen des DRK) sehr unzureichend ist. Gerade in der KJP wären ein gesundes Essen und abgestimmte Diäten nötig; … die Schuld immer bei anderen gesucht wird, die DRK-Geschäftsführung keine Fehler gemacht hat. Im Fußball hätte man eher den Trainer ausgetauscht; … dass BRL (Anm. der Red.: Beraterfirma des DRK im Insolvenz- und Sanierungsrecht) und der Arbeitgeber noch nicht einmal Mitarbeiter im Haus zuordnen konnten, die seit über 40 Jahren dort arbeiteten; … dass Hachenburger Abteilungsleiter in sehr herablassender Weise gegenüber den Mitarbeitern in Altenkirchen durchs Haus fegten und aussuchten, was sie vom Inventar für Hachenburg brauchen konnten; … es über 100 Eigenkündigungen von Fachkräften gegeben hat!“ (vh) |
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Nachricht vom 13.11.2024 |
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