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Nachricht vom 16.12.2024
Region
Insolvenz der Krankenhausgesellschaft: Folgen für Minister Hoch noch nicht absehbar
Die Auswirkungen der erneuten und damit zweiten Insolvenz der DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz sind für den rheinland-pfälzischen Minister für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), noch nicht absehbar. Das erklärte er in der letzten Sitzung des Altenkirchener Kreistages in diesem Jahr.
Inzwischen altbekannte Szene im Kreishaus: Neben Landrat Dr. Peter Enders (rechts) sitzt Gesundheitsminister Clemens Hoch. (Foto: vh)Altenkirchen. Erst war es die zweite Zahlungsunfähigkeit der DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft mbH Rheinland-Pfalz mit ihren Kliniken in Kirchen, Hachenburg, Neuwied und Alzey (früher auch Altenkirchen), die am 6. Dezember offiziell wurde; nun kam eine weitere hinzu: Seit Montag (16. Dezember) ist eine Tochter eben jener Gesellschaft insolvent. Auch die DRK Gemeinnützige Gesundheitsbetriebsgesellschaft Südwest mbH, unter der die Medizinischen Versorgunsgzentren beheimatet sind, musste diesen Umstand in Mainz anzeigen. Es war die passende „Begleitmusik“ zur „Stippvisite“ des rheinland-pfälzischen Ministers für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), in der Sitzung des Altenkirchener Kreistages am Montagnachmittag (16. Dezember) – der zweiten Teilnahme an der Zusammenkunft dieses Gremiums innerhalb von gut zwei Monaten (8. Oktober). „Es ist für mich ein echter Anlass, dass es sich lohnt, frühzeitig in Kontakt zu kommen, auch wenn im Moment der Insolvenzverwalter sich einen Überblick verschaffen muss. Es wird darum gehen, die Zukunft der Grundversorgung im Landkreis Altenkirchen im Zusammenspiel der beiden Krankenhäuser in Hachenburg und Kirchen zu sichern“, erklärte Hoch. Welche Auswirkungen die Insolvenz für den Betrieb beider Häuser haben werde, „kann ich Ihnen naturgemäß noch nicht sagen. Wichtig ist: Der Betrieb läuft weiter, die Versorgung ist gesichert, vor allem sind die Gehälter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die nächsten Monate auch sichergestellt“. Der Verlauf der Sanierungsbemühungen in den zurückliegenden anderthalb Jahren sei nicht der gewesen, den „wir uns gewünscht hätten“. Hoch ergänzte: „Was wichtig ist, dass wir beide Häuser brauchen, Kirchen vor allem wegen der Geburtshilfe und der Pädiatrie.“ Es könne aber auch passieren, dass der Sicherstellungsauftrag nach Landeskrankenhausgesetz an den Landkreis zurückfiele. „Ich möchte aber auch noch deutlich machen, dass es nach der Krankenhausreform sehr sinnvoll wäre über den Tellerrand hinauszublicken und ein Westerwald-Klinikum weiter stringent zu verfolgen“, sagte Hoch, ohne speziell den vom DRK ausgeguckten Standort Müschenbach explizit zu erwähnen. Wenn das Deutsche Rote Kreuz nach einem Sanierungserfolg über die ersten Monate keine Betriebsfortführung garantieren könne, müsse der Kreis Verantwortung übernehmen.

Vertrauen in Trägergesellschaft längst verloren
„Es ist schon merkwürdig, was da alles so passiert oder nicht“, bewertete Anna Neuhof (Bündnisgrüne) das aktuelle Geschehen um die Trägergesellschaft. Sie stellte dem Minister diverse Fragen: „Planen Sie, bis der neue Krankenhausplan umgesetzt ist, einen Übergangsfonds? Bleibt die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Altenkirchen in ihrer jetzigen stationären Form erhalten? Sehen Sie nach wie vor die Versorgungssicherheit in Altenkirchen gegeben, wie Sie bei Ihrem letzten Besuch positiv bewertet haben? Geben Sie eine Bestandsgarantie für das Krankenhaus in Kirchen in seiner jetzigen Form mit allen Abteilungen?“ Sie könne ihm versichern, dass die Menschen im Kreis Altenkirchen und vor allem die Beschäftigten in den medizinischen Einrichtungen das Vertrauen zur Trägergesellschaft schon lange verloren hätten. „Wenn ein Arbeitnehmer, eine Arbeitnehmerin, das Vertrauen verliert, dann gibt es Abwanderungstendenzen. Dann wird besonders der Standort Kirchen geschwächt“, erläuterte Neuhof. „Es ist jetzt neun Wochen her, dass Minister Hoch hier war, und rausgekommen ist nichts, was uns in unserer Situation hilft“, beklagte Bernhard Cürten (AfD). Nach wie vor sei in der Kreisstadt Altenkirchen kein funktionstüchtiges Krankenhaus mehr. Es seien rund 132.000 Menschen im Kreis, die sich die Frage stellten, wie es mit der Versorgung weitergehe, „es gibt wieder keine konkrete Lösung, weil durch die erneute Insolvenz die Lösung erschwert ist.“

Sachverhalt zurecht gerückt
Ralf Käppele (gleichnamige Wählergruppe) rückte den Sachverhalte um die Rheinische Zusatzversorgungskasse (RZVK) zurecht. Das DRK habe keine Beiträge geschuldet, sondern hätte als Absicherung eine Sicherheitsleistung des Insolvenzrisikos erbringen müssen. Aus der Satzung der RZVK gehe weiter hervor, dass mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die „dortige Mitgliedschaft endet. Wird die Gesellschaft fortgeführt, wie vorliegend geschehen, bedarf es der zuvor geschilderten Aussetzung, um die Mitgliedschaft zu erlangen. Aus diesem Prozedere wird deutlich, dass - die Satzung der RZVK war dem DRK bekannt - mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dieses Problem aktiviert wird“. Käppele folgerte, dass ein Weiterführen der Häuser im Kreis Altenkirchen unter der insolventen Gesellschaft ausgeschlossen erscheine. Die Wählergruppe Käppele setze sich ein für einen neuen Träger der Krankenhäuser Altenkirchen und Kirchen unter dem Titel Raiffeisenklinik Kreis Altenkirchen gGmbH oder AöR (Anstalt öffentlichen Rechts) mit verschiedenen Gesellschaftern wie dem Land Rheinland-Pfalz, dem Landkreis Altenkirchen oder den Verbandsgemeinden ein. Dr. Klaus Kohlhas (FDP) merkte an, dass nicht nur Gynäkologie, Geburtshilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie unabdingbar, im Kreis Altenkirchen und Westerwald essentiell seien. „Wir brauchen auch Krankenhausplätze für Krankheitsbilder, die wir gerne in Altenkirchen angesiedelt hätten. Ich nenne das Kurzlieger mit notwendigen Krankenhausbehandlungen“, ergänzte er und zeigte die Kehrseite der Medaille mit weiten Fahrten zu anderen Krankenhäusern in Siegen, Limburg oder Koblenz auf. „Uns als Mediziner stellen sich die Fragen nach einer sicheren Versorgung wie auch der besorgten Bevölkerung, wie ich es in täglichen Gesprächen erfahre“, so Kohlhas, der dafür plädierte, kurzfristig Sicherheit herzustellen.

Land wird sich nicht beteiligen
Hoch seinerseits verneinte, dass das Land, wie von Käppele angeregt, sich in einer Trägergesellschaft beteilige. Auch andere Gebietskörperschaften seien nicht zuständig, sondern einzig und allein ein Landkreis. „Ausdrücklich halte ich, wenn sich die kommunale Familie einig ist, ein Westerwald-Klinikum zu etablieren für einen gangbaren Weg“, erläuterte er und spielte auf ein Treffen Anfang des kommenden Jahres an, zu dem sich die Landräte der Kreise Altenkirchen, Neuwied und Westerwald zu einem Gespräch verabredet hätten. Er könne keine Einzelfragen beantworten und keine Bestandsgarantie abgeben. Für den Standort Kirchen, wenn er denn ersatzlos schließen würde, wäre die medizinische Versorgung nicht mehr gesichert. Deswegen würde die Pflichtaufgabe den Landkreis treffen. „Was wir in unserer Verantwortung tun können, tun wir auch“, meinte Hoch, „ich würde uns gemeinsam nur raten, keinen Träger auszuschließen, es sei denn, Sie sind sich total einig. Ich kann gut damit leben, wenn Sie sagen, Sie wollen die Rekommunalisierung.“ Darüber hinaus habe sich nach seiner Kenntnis das DRK mit allen anderen Versorgungskassen geeinigt – nur mit dieser einen nicht. Ob das der einzige Grund für die Insolvenz sei oder ob es weitere gebe, wisse er nicht. „Mein Eindruck ist, dass das DRK die Krankenhäuser betreiben will, nicht, weil es Krankenhäuser haben will, sondern weil es für die medizinische Versorgung der Menschen etwas tun möchte“, vermutete Hoch.

SPD-Fraktion plädiert für Rücknahme
„Die neue Finanzierung für die Krankenhäuser ist in Aussicht gestellt worden für 2027“, machte Dr. Josef Rosenbauer (CDU) deutlich, „es kann nicht der Weg der Rekommunalisierung sein, weil die Probleme nicht behoben werden. Wir müssten jede Menge Geld aufbringen, um den Zeitraum zu überbrücken. Wir sind dazu gar nicht in der Lage. Das gilt nicht nur für unsere Kommune, sondern für alle Kommunen.“ Es sei auch die Frage, wie die Trägergesellschaft die Insolvenz verkrafte. Andreas Hundhausen (SPD) lenkte den Blick intensiv auf die gesetzlichen Vorgaben, die das Landeskrankenhausgesetz beschreibe. „Wir sind jetzt im Insolvenzverfahren und müssen uns der Realität stellen. Wer in Gottes Namen übernimmt derzeit Krankenhäuser?“, fragte er in die Runde und gab sich die Antwort selbst: „Vermutlich niemand oder nur Gesellschaften, insbesondere Aktiengesellschaften, die wir hier nicht haben wollen. Und aus Sicht der SPD-Fraktion wird es nur einen einzigen Weg geben: Der Kreis muss jetzt Verantwortung übernehmen und die Häuser in Kirchen und Altenkirchen zurücknehmen und im Zweifelsfall jemand für das operative Geschäft verpflichten, wer auch immer es sein wird.“ Das DRK müsse es nicht unbedingt sein. „Je länger wir mit der Entscheidung warten, umso unsicherer werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich gegebenenfalls auch andere Arbeitsplätze suchen“, betonte Hundhausen.

Antrag deutlich abgelehnt
Schließlich wurde mit vier Ja- und 31 Nein-Stimmen bei neun Enthaltungen ein Antrag der Bündnisgrünen-Fraktion abgelehnt, der darauf abgezielt hatte, den Landrat und die Verwaltung „zeitnah und offensiv nach einem anderen Träger für die Krankenhauslandschaft suchen zu lassen“ und gleichfalls eine „Arbeitsgruppe Krankenhausstruktur“ zu gründen. (vh)
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