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Nachricht vom 08.01.2025 |
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Region |
Für die Region von unschätzbarem Wert: Das Gebhardshainer Urkundenbuch |
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Unter dem Titel "Adelsgeschlecht, Gericht und Pfarrei Gebhardshain im Mittelalter" erscheint in Kürze ein umfangreiches zweibändiges Urkundenbuch, das von dem Historiker Norbert Lorsbach verfasst und von der Ortsgemeinde Gebhardshain herausgegeben wird. Dabei beleuchtet das Werk nicht nur die Historie von Gebhardshain - dem Geburtsort des 73-jährigen Historikers, sondern bietet auch spannende Einblicke in die Geschichte weiterer Westerwälder Ortschaften wie beispielsweise Selbach, Schutzbach, Scheuerfeld, Wissen, Hachenburg, Betzdorf und Daaden. |
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Gebhardshain. Auf rund 1.390 Seiten bietet das Werk einen umfassenden Überblick über die mittelalterliche Geschichte des Gebhardshainer Landes. Mit diesem bedeutenden Beitrag zur Geschichtsforschung präsentiert die Ortsgemeinde Gebhardshain ein beeindruckendes Zeugnis regionaler Historie.
Der Historiker Norbert Lorsbach hat ein zweibändiges Urkundenbuch erstellt, das die Vergangenheit der Region in völlig neuem Licht erscheinen lässt. Die Idee, ein solches Buch zu verfassen, kam Lorsbach, nachdem er in den 1970er-Jahren erstmals das Urkundenbuch der Abtei Marienstatt in Händen hatte. Davon inspiriert begann er, mittelalterliche Urkunden zu sammeln, die in Zusammenhang mit dem Gebhardshainer Land und den dort lebenden Menschen stehen.
Anlässlich der für 2020 geplanten 800-Jahrfeier von Gebhardshain wurde er vom damaligen Ortsbürgermeister Jürgen Giehl gefragt, ob er als Historiker einen Beitrag zu diesem Fest leisten könne. Da er das Urkundenbuch neben weiteren Projekten bereits in Vorbereitung hatte, intensivierte sich seine Arbeit daran.
Akribische Spurensuche in die Vergangenheit
Die geplante Veranstaltung zur 800-Jahrfeier fiel jedoch aufgrund der Corona-Pandemie aus, wodurch Lorsbach unerwartet mehr Zeit für seine Arbeit erhielt. Die umfassende Recherche in diversen Archiven erstreckte sich insgesamt über 15 Jahre. Dabei spürte er unter anderem den Verbleib eines im Jahr 1870 in Gebhardshain gemachten Fundes mittelalterlicher Münzen auf, der heute im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin aufbewahrt wird.
Mit Akribie und Leidenschaft hat Lorsbach europaweit aus über 30 Archiven rund 930 Urkunden zusammengetragen, die zur Geschichte Gebhardshains, der umliegenden Ortschaften und seiner Bewohner im Zeitraum von 914 bis 1520 berichten. Zu diesen Archiven zählen unter anderem das Vatikanische Geheimarchiv in Rom, das Archiv der Provinz Gelderland im niederländischen Arnheim und das Deutschordenszentralarchiv in Wien. Besonders erwähnenswert ist die älteste noch im Original erhaltene Urkunde aus dem Jahr 1218, deren Spur Lorsbach über mehrere Stationen und Länder hinweg bis nach Schloss Büdingen verfolgte.
Ein Werk für Gebhardshain und die Region
Das Urkundenbuch gibt Einblicke in das Leben des Adels, der Amtmänner und der einfachen Leute. Besonders bemerkenswert ist seine regionale Dimension. Neben der Geschichte der Pfarrei Gebhardshain und der ihrer ursprünglichen Filialen - darunter Elkenroth, Nauroth, Rosenheim, Schutzbach und Selbach - enthält das Buch auch wertvolle Informationen zu den benachbarten Pfarreien Daaden, Kirburg, Kirchen, Kroppach, Hachenburg, Marienstatt, Niederfischbach und Wissen sowie zu weiter entfernten Gebieten wie etwa das Herzogtum Jülich-Berg.
Überdies berichtet das Werk in Wort und Bild zu prähistorischen Funden auf dem Gebiet der mittelalterlichen Pfarrei Gebhardshain, wie beispielsweise zu einer latènezeitlichen Pendelmühle und zu Bodendenkmälern, wie etwa Resten von Grenzgräben. Das Urkundenbuch bietet zahlreiche spannende Entdeckungen. Auch die detaillierte Schilderung von Grenzstreitigkeiten und der Tätigkeit der Gerichte bereichert das Verständnis für die mittelalterliche Welt. Hervorzuheben sind die Informationen zu den im Gebhardshainer Land ansässigen adeligen Familien, wie den Herren von Gebhardshain und den bislang unbekannten Familien der Fuchs von Gebhardshain und der Scholl von Steinebach.
Lorsbach erklärt: "Die Familie der Herren von Gebhardshain ist für die hiesige Region von besonderer Bedeutung, da ihr erster namentlich bekannter Angehöriger, Rorich I. von Gebhardshain, der in einer Urkunde als "Herr von Gebhardshain" bezeichnet ist, Anteil an der Landesherrschaft über das Gebhardshainer Land hatte. Dieser Sachverhalt führte dazu, dass er höchster Beamter des Grafen Heinrich III. von Sayn werden konnte, was die Bedeutung seiner Familie im Westerwald und im Rheinland für die Zeit des Mittelalters unterstreicht."
Einblicke in das Leben im Mittelalter auf zwei Bände verteilt
Der erste Band des Werks widmet sich der thematischen Aufbereitung der rund 930 Urkunden. Auf rund 760 Seiten werden unter anderem die Geschichte des Reiches, der Grafschaft Sayn, der Pfarrei Gebhardshain und der Besiedlung des nordöstlichen Westerwaldes beleuchtet. Hierbei wird auch auf die Auswirkungen historischer Ereignisse, wie etwa die Schlacht bei Worringen im Jahr 1288, auf die Geschicke des Gebhardshainer Landes eingegangen.
Darüber hinaus enthält der Band 1 die Zusammenfassung der Spuren, die Angehörige der Familie der Herren von Gebhardshain, der Fuchs von Gebhardshain und der Scholl von Steinebach in der geschriebenen Geschichte hinterlassen haben. Dieser Band ist mit 290 teils doppelseitigen farbigen Abbildungen reich illustriert - darunter Schätze aus der Britischen Nationalbibliothek in London, der Königlichen Bibliothek in Brüssel und der Estnischen Nationalbibliothek in Tallinn.
Der zweite Band enthält die Urkunden selbst: Auf 630 Seiten werden sie sowohl im Originalwortlaut als auch als Regesten (Inhaltsbeschreibungen) präsentiert. Diese Dokumente sind größtenteils erstmals veröffentlicht und bieten einen detaillierten Einblick in das Leben und die Machtstrukturen im Mittelalter.
Große Herausforderungen und besondere Entdeckungen
Die Erstellung des Werks war eine gewaltige Aufgabe, die 15 Jahre in Anspruch nahm. Lorsbach erzählt von den Herausforderungen der Archivrecherche: "Die Archivrecherche nahm etwa die Hälfte der gesamten Zeit in Anspruch." Die größte Herausforderung sei es gewesen, zu ermitteln, wo Urkunden mit Bezug zu Gebhardshain aufbewahrt werden. Oft habe die Suche auch ins Leere geführt, wie im Fall des Hatzfeldt-Trachenbergischen Archivs in Wrocław (Breslau). Besonders schwierig sei die Beschaffung eines Digitalisates der ältesten noch im Original erhaltenen Urkunde zu Gebhardshain aus dem Jahr 1218 gewesen, die sich ursprünglich im Besitz des französischen Adeligen de Francq befunden habe. Über mehrere Stationen, darunter ein Archiv im französischen Toulon, habe die Spur schließlich zum Fürstlich Isenburg-Büdingischen Archiv auf Schloss Büdingen geführt, wo die Urkunde heute verwahrt wird. Diese Suche habe sich fast ein Jahr hingezogen.
"Eine überraschende Entdeckung war, dass Bertram I. von Gebhardshain ein persönliches Verhältnis zu Kaiser Maximilian I. pflegte. Als hoher Beamter des Herzogs Wilhelm zu Jülich-Berg nahm er an mehreren Reichstagen teil und verhandelte auch außerhalb dieser Versammlungen mit dem Kaiser", resümiert der Historiker. Bertram I. von Gebhardshain habe ihn besonders beeindruckt: "Seine Rolle als Verhandlungsführer mit Kaiser Maximilian I. und seine tragische Ermordung durch den Schwiegersohn seiner Schwester geben seiner Vita eine besondere Dimension."
Zusammenarbeit mit Experten
Lorsbach arbeitete eng mit Experten zusammen, darunter Dr. Peter Orth (Professor für Lateinische Philologie des Mittelalters an der Universität zu Köln), Dr. Andreas Heinz (Prof. em. an der Theologischen Fakultät der Universität zu Trier), Dr. Dr. Hauke Horn (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz), Dr. Dieter Heckmann (Mitglied der Internationalen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens), Dr. Andreas Kronz (Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Geowissenschaften und Geografie der Georg-August-Universität zu Göttingen), Dr. Konrad Bund (Wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Glockenmuseums in Gescher) und Dr. Jörg Voigt (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom).
Ein unverzichtbares Werk für Geschichtsinteressierte
Das Gebhardshainer Urkundenbuch verspricht, eine wertvolle Quelle für Historiker, Heimatforscher und alle Geschichtsinteressierten zu sein. Mit einer grafischen Darstellung der Genealogie der Herren von Gebhardshain, einem ausführlichen Orts- und Personenverzeichnis sowie zahlreichen Abbildungen ist das Werk nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch anschaulich gestaltet.
Ortsbürgermeisterin Beate Straka hebt die Bedeutung des Werks für die Ortsgemeinde hervor: "Ich finde, das ist eine Sammlung, die unfassbar ist. Noch nie hat sich jemand die Mühe gemacht, so in die Tiefe zu gehen und so viele Dokumente zu sammeln und zu erforschen, und ich glaube, da gibt es wirklich nichts, was da noch fehlt. Für die Vergangenheit unschätzbar. Ein unfassbarer Schatz." In Planung sei noch eine besondere Veranstaltung zur Herausgabe des Buches. Derzeit lege man nach dessen Fertigstellung den Fokus auf dessen Bekanntmachung und beschäftige sich mit der Festlegung der Höhe der Auflage. Ein Rechenexample sei: Bei einer Auflage von 100 Stück könnten Interessenten das Werk für etwa 100 Euro erwerben. Bei höheren Auflagen sinke der Preis auf bis zu rund 36 Euro. Orientierung zur Höhe der Auflage erwartet Ortsbürgermeisterin Straka aus den Rückmeldungen derjenigen, die sich für das Gebhardshainer Urkundenbuch begeistern.
Interessierte werden gebeten, sich an die Ortsgemeinde Gebhardshain unter den Telefonnummern 02747-912007 oder 01511-4908180 oder per E-Mail an ortsbuergermeister@gebhardshain.net zu wenden. Die Veröffentlichung des Urkundenbuches markiert einen Meilenstein in der Erforschung der Historie des Westerwaldes. Es ist ein Werk, das die Menschen dieser Region mit ihrer Vergangenheit verbindet. (Eva Maria Hammer)
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