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Pressemitteilung vom 11.01.2025 |
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Region |
Wissen: Stadtrat beschließt Steuererhöhungen und Haushaltsmaßnahmen |
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In der Stadtratssitzung vom 8. Januar 2025 wurden finanzpolitische Beschlüsse gefasst. Dazu gehörten die Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern sowie die Verabschiedung des Haushaltsplans für 2025. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt Wissen trotz steigender Belastungen zu sichern. |
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Wissen. Die Stadtratssitzung am 8. Januar 2025 brachte klare Beschlüsse: Die Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern wurde mit 20 Ja-Stimmen und 4 Nein-Stimmen (aus den Reihen der SPD-Fraktion) angenommen. Der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan für das Jahr 2025 stimmten die Ratsmitglieder einstimmig (eine Enthaltung) zu. Stadtbürgermeister Berno Neuhoff erklärte, dass diese Maßnahmen notwendig seien, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt Wissen trotz großer Herausforderungen zu sichern.
Dramatische Haushaltslage durch Vorgaben von Bund, Land und Kreis
In seiner Rede beschrieb Bürgermeister Berno Neuhoff die finanzielle Situation der Stadt Wissen als dramatisch. Er verwies auf einen Bericht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DSTGB), der die aktuelle Finanzsituation der deutschen Städte und Gemeinden als "prekär" bezeichnet. Freiwillige Ausgaben machen in Wissen lediglich 0,37 Prozent des gesamten Haushaltsvolumens von 22 Mio. Euro einschließlich aller Investitionen aus. Das entspricht rund 63.000 Euro.
"Die strukturelle Unterfinanzierung vieler Kommunen – so auch Wissen – schränkt die kommunale Selbstverwaltung erheblich ein. Dies sei eine Gefahr für die Demokratie", warnte Neuhoff und zitierte aus einem aktuellen Papier des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in Berlin. "Kommunen wie Wissen, sind nicht nur Garanten der Daseinsvorsorge vor Ort, sondern übernehmen auch wesentliche Aufgaben der Politikvermittlung. Zugleich steigen die von Bund und Land vorgeschriebenen Ausgaben kontinuierlich, während die Einnahmen kaum zunehmen." Neuhoff zitierte aus der aktuellen Pressekonferenz des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und dem ganz aktuellen Papier "Bilanz 2024 und Ausblick 2025", das am 3. Januar in Berlin vorgestellt wurde. "Die Kommunen erbringen derzeit 25 % der gesamtstaatlichen Ausgaben, erhalten aber nur 14 % der Steuereinnahmen." Das mache aus, woran die Finanzierung kranke, so der Stadtchef. "Wir stehen vor Ort in Wissen aufgrund der Belastungen aus Berlin, Mainz und Altenkirchen und der Notwendigkeit zur Sicherstellung der Infrastruktur im Wisserland vor einer finanziellen Abbruchkante", so der Bürgermeister.
Mittelzentrum mit überregionaler Bedeutung und hohen Belastungen
Als Mittelzentrum des Kreises Altenkirchen trägt Wissen eine große Verantwortung: Der RegioBahnhof dient Tausenden von Pendlern und Schülern, während das kulturWERK jährlich rund 40.000 Besucher und das Siegtalbad etwa 41.000 Gäste anzieht. Insbesondere das Schwimmbad ist für den Schwimmunterricht von Schülerinnen und Schülern auch aus benachbarten Verbandsgemeinden unverzichtbar. Dennoch erhält Wissen weder vom Kreis noch von den Nachbargemeinden finanzielle Unterstützung für diese Leistungen. Neuhoff stellte die Frage: "Ist das fair?".
Auch der Landesfinanzausgleich bringt kaum Entlastung. Im Rahmen des "Zentralen-Orte-Ansatzes" erhielt Wissen 2024 noch 590.000 Euro, 2025 sind es nur noch 170.000 Euro – ein Rückgang von 420.000 Euro. Ursache hierfür ist die gestiegene Steuerkraft der Stadt, die zugleich zu höheren Umlagen an Kreis und Verbandsgemeinde führt.
Steigende Ausgaben und notwendige Steuererhöhungen
Die finanzielle Schieflage der Stadt zeigt sich deutlich im Stadthaushalt 2025: Gegenüber dem Vorjahr fehlen mehr als eine Million Euro auf der Einnahmeseite. Dies resultiert aus dem Rückgang der Zuweisungen im Landesfinanzausgleich und den Auswirkungen der Grundsteuerreform, die aufgrund niedrigerer Steuermessbeträge Einnahmeverluste von 620.000 Euro verursacht.
Um den Haushalt dennoch auszugleichen, sah sich der Stadtrat gezwungen, die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern deutlich zu erhöhen. Grundsteuer A und B steigen von 660 auf 945 Prozentpunkte, die Gewerbesteuer von 470 auf 500 Prozentpunkte.
Zusammenfassung: Drei Gründe für die Erhöhung der Steuerhebesätze
1. Grundsteuerreform von Bund und Ländern (Entscheidung Bundesverfassungsgericht von 2018): Durch die Reform der Grundsteuer ab 1. Januar fehlen der Stadt Wissen bei gleichbleibenden Hebesätzen rund 620.000 Euro. Daher müssen diese erhöht werden, um die "Aufkommensneutralität" in der Kasse der Stadt Wissen zu sichern. Dies entspricht etwa 800 Prozent Hebesatz bei den Grundsteuern A und B.
2. Erhöhung der Kreisumlage für 2025 um 2,5 Prozent: Dies bedeutet für Wissen 330.000 Euro zusätzliche Belastungen, verursacht durch gestiegene Personal- und Sozialkosten sowie der Jugendhilfe beim Kreis und fehlenden Einnahmen des Landes. Das entspricht nochmals einem Plus von 151 Prozent bei Grundsteuer A und B. Dadurch ergibt sich rechnerisch ein Hebesatz von insgesamt 945 Prozent bei der Grundsteuer A und B.
3. Gestiegene Steuerkraft der Stadt Wissen: Dies führt zu einer Mehrbelastung von 1,3 Millionen Euro an Umlagen an Kreis und Verbandsgemeinde. Insgesamt zahlt die Stadt Wissen mehr als 12 Millionen Euro an Kreis und Verbandsgemeinde. Das sind 95 Prozent der Einnahmen.
"Wir muten unseren Bürgerinnen und Bürgern und den Gewerbetreibenden mit dem Stadthaushalt 2025 viel zu", räumte Neuhoff ein. Dennoch sei dies notwendig, um den Haushaltsausgleich zu gewährleisten, ohne zentrale Aufgaben einschränken zu müssen.
Grundsteuerreform: Unsicherheiten und Nachbesserungen notwendig
Die Grundsteuerreform, die seit dem 1. Januar 2025 gilt, sorgt weiterhin für Unsicherheiten. Neuhoff wies darauf hin, dass die Bescheide für die Grundsteuer bis zum 30. Juni dieses Jahres nochmals angepasst werden müssten. Dies hängt von der Entscheidung über das Landesgesetz ab, welches aktuell im Landtag noch beraten wird. Offen ist, ob und wann eine Differenzierung der Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngebäude beschlossen wird. Für Gewerbetreibende könnte dies zu einer höheren Belastung führen, während private Eigentümer möglicherweise entlastet würden. Hier könne man aber noch keinen zuverlässigen Zeitpunkt nennen, wann das Gesetz wie genau komme. Dazu müssten die 4500 Bescheide in der Stadt dann alle nochmals "angepackt" werden. Als Beispiel nannte er Gebäude in der Rathausstraße, die gewerblich und für Wohnen genutzt werden.
"Leider liegt das Landesgesetz nur im ersten Entwurf vor. Auch liegen noch nicht alle Steuermessbescheide vom Finanzamt vor", kritisierte Neuhoff und betonte die Unsicherheiten, die dies für die städtische Planung mit sich bringt und erheblichen Mehraufwand im Rathaus verursache wie überall in Rheinland-Pfalz in den Verwaltungen und zu vielen Widersprüchen führen würde.
Das "Umlageunwesen": Belastung für die Kommunen
Ein wesentlicher Belastungsfaktor sind die Umlagen an Kreis und Verbandsgemeinde, die wie gesagt 95 % der Einnahmen der Stadt Wissen beanspruchen. Neuhoff zitierte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, das diese Belastung als "erdrosselnd" bezeichnete. Die Verbandsgemeinde hat ihre Umlage für 2025 stabil gehalten, doch Neuhoff forderte auch vom Kreis Einsparungen, zumindest keine Erhöhungen mehr. "Wir erwarten Einsparungen von allen staatlichen Ebenen", erklärte er. Andernfalls drohten Einschnitte in städtischen Leistungen.
Fazit: Handeln ist unverzichtbar
Neuhoff schloss seine Rede mit einem Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann: "Wer nichts verändern will, der wird auch das verlieren, was er bewahren möchte." Die Stadtratssitzung verdeutlichte: Um die finanziellen Herausforderungen zu bewältigen und die Lebensqualität in Wissen zu sichern, sind entschlossene Maßnahmen unverzichtbar.
Anschließend äußerten sich die Fraktionsvorsitzenden und sahen ebenfalls die Alternativlosigkeit. Sebastian Papenfuß (CDU) sagte, dass Wissen ein attraktives Angebot biete mit Regiobahnhof, Siegtalbad, wo Kinder aus verschiedenen Schulen schwimmen lernen könnten, sowie das kulturWERKwissen und sehr viele aktive Vereine. Frank Röck (SPD) sagte, man könne die Schuld nicht alleine beim Land suchen und müsse nach vorne blicken. Karin Kohl (Bündnis 90/Grüne) sprach sich dafür aus, als weitere Möglichkeit der Einführung der Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke zu prüfen. Paul Nickel (FWG) zeigte sich erbost aufgrund des verantwortungslosen Verhaltens von Bund und Land und stellte die Frage, warum man überhaupt hier sitze, wenn man nichts mehr zu entscheiden habe. (PM/Red)
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Pressemitteilung vom 11.01.2025 |
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