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Nachricht vom 31.01.2025
Politik
Kandidaten zur Bundestagswahl 2025: Julia Eudenbach (Die Linke)
Am Sonntag, 23. Februar, stehen die Bundestagswahlen 2025 an. Doch wer sind die Direktkandidaten, denen wir unsere Stimme geben sollen, was sind ihre Vorstellungen und Ziele nicht nur für Deutschland, sondern auch für unsere Region? Die Kuriere haben nachgefragt und allen die gleichen Fragen geschickt. Hier die Antworten von Julia Eudenbach (Die Linke).
Julia Eudenbach tritt als Direktkandidatin für die Linke bei der Bundestagswahl 2025 an (Foto: Julia Eudenbach)Wahlkreis Neuwied/Altenkirchen. Unverfälscht und echt sollen die Antworten der Kandidaten zur Bundestagswahl sein. Deshalb sind alle Antworten original zitiert, ohne Bewertung, ohne Kommentar, ohne Kürzung oder Anmerkung. Die Aussagen der Politiker spiegeln nicht die Meinung der Kuriere wider, sondern ausschließlich die des Kandidaten. Hier sind die Antworten von Julia Eudenbach (Die Linke).

Wofür haben Sie sich bisher politisch engagiert – und wieso?
Bisher habe ich mich sehr für den Erhalt der heimischen Landwirtschaft engagiert. Die Betriebe in meinem Wahlkreis betreiben ihre Höfe mit sehr viel Herzblut und ich weiß aus erster Hand, wie viel Arbeit in der Landwirtschaft steckt. Sie verdienen Planungssicherheit für die kommenden Jahre, einen Abbau an Bürokratie und nicht zuletzt ein faires Auskommen. Heimische Landwirtschaft heißt regional, nachhaltig produziert und vor allem gut verfügbar. Die Coronajahre haben deutlich gezeigt, wie schnell der Welthandel einknicken kann und dass plötzlich auch Waren aus aller Welt nicht mehr zuverlässig ankommen, mal ganz abgesehen davon, welchen CO₂-Fußabdruck diese Waren hinterlassen. Das sind unter anderem auch Gründe, warum ich das jüngst abgeschlossene Mercosur Abkommen strikt ablehne.

Was muss sich in Deutschland dringend verändern?
In meinen Augen muss sich dringend die soziale Ungleichheit verändern. Die Statistik zeigt ganz deutlich eine steigende Spaltung der Schichtgesellschaft. Und anstatt wir das Geld da holen, wo es vorhanden ist, belasten wir weiter den Mittelstand durch beispielsweise steigende Sozialabgaben und diskutieren darüber, um wie viel man das Bürgergeld noch kürzen kann. Dies treibt nicht zuletzt auch den Populismus an und spaltet die Gesellschaft noch mehr. Daher darf das Bürgergeld nicht ausschließlich am Existenzminimum angesetzt werden. Vor allem Arbeitende müssen aber auch wieder merken, dass sich Arbeit wirklich lohnt. Dies geschieht nicht zuletzt über steuerlich entlastende Reformen zugunsten der Mittelschicht.

Dem gegenüber müssen dann aber die Steuer der Vermögenden angehoben werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Spitzensteuersatz im Mittelstand höher ist, als der der Vermögenden. Ein großer und gut funktionierender Mittelstand, ist das, was das Land jedoch braucht um unseren Wohlstand zu erhalten.

Was wollen Sie konkret im Wahlkreis verändern? Wie wollen Sie vorgehen?
Um noch einmal die Landwirtschaft in den Fokus zu nehmen, möchte ich, dass landwirtschaftliche Fläche auch landwirtschaftliche Fläche bleibt. Das heißt, sie ist primär dafür gedacht, Lebensmittel zu produzieren. Spekulationen um Fläche und auch die Nachfrage als PV-Standorte treiben jedoch die Pacht- und Grundstückspreise in die Höhe. Dies ist kontraproduktiv, will man kleinbäuerliche Strukturen erhalten. Nicht zuletzt fallen aber auch landwirtschaftliche Flächen der Versiegelung zum Opfer, sei es als Baufläche oder aber auch als Ausgleichsflächen. Hier muss dringend die neu versiegelte Fläche, die aktuell pro Tag entsteht, reduziert werden. Natürlich ist es mir auch ein Anliegen den Ausbau erneuerbaren Energien Vorschub zu leisten. Anstatt hierfür allerdings landwirtschaftlich genutzte Fläche zu nutzen, schlage ich vor, den Ausbau von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden voranzutreiben und auch auf Neubauten attraktiver zu machen.

Was sollte sich ändern, damit die Gesundheitsversorgung im Wahlkreis stabil und zuverlässig bleibt?
Das Gesundheitswesen ist ein sehr komplexes Geflecht. Ich versuche ein paar Punkte zum Erhalt unserer Gesundheitsversorgung vor Ort herauszuarbeiten. Grundsätzlich sehe ich die Budgetierung im Gesundheitswesen als äußerst kritisch. Alle Leistungen im Gesundheitswesen müssen fair und gut bezahlt werden, auch ihrer eigentlichen Aufwandsdauer entsprechend. Anstatt von der Minimalzeit pro Leistung auszugehen, muss der zeitliche Aufwand, der erlaubt ist, deutlich angehoben werden, genauso wie die dementsprechende Bezahlung des Leistungserbringers. Natürlich müssen dafür Vorgaben existieren, aber sowohl Patient als auch Leistungserbringer müssen davon profitieren. Dies ist nicht der Fall, hangeln wir uns an einem Minimum entlang

Unser Gesundheitssystem vor Ort funktioniert aber auch nur so lange gut, solange wir gut ausgebildetes und motiviertes Personal haben. Dazu muss der Pflegeberuf deutlich attraktiver gestaltet werden durch beispielsweise individuellere Gestaltung der Arbeitszeiten, familienfreundlicher, faire und gut auskömmliche Löhne. Aber auch das Klima auf der Arbeit muss stimmen und dies entscheidet sich mitunter auch an der Zeit, die man am Patienten verbringen darf, anstatt die Zeit im Nacken zu haben und Patienten als Nummern möglichst schnell abzuarbeiten hat. Nun bringt uns das ganze System aber auch nichts ohne die behandelnden Ärzte. Zum einen muss dringend der Zugangserwerb zum Studium erleichtert werden, zum anderen Studiengänge attraktiv finanziert werden, wenn die Studierenden sich anschließend vor Ort, auf dem Land, dazu verpflichten, beispielsweise eine Hausarztpraxis zu führen.

Natürlich betrachte ich auch die Versorgung, besonders im Kreis Altenkirchen, mit Sorge. Das Land sollte nun dringend handeln, damit vor allem die stationäre Versorgung der Patienten dort gesichert ist. Zum Abschluss möchte ich noch erwähnen, wie wichtig mir auch die Frauengesundheit vor Ort ist. Nachdem in den letzten Jahren vor allem die Kreißsäle und Geburtsstationen vielerorts geschlossen wurden, sorgen sich zum einen nicht nur die Schwangeren, ob ihre medizinische Versorgung weiterhin gewährleistet ist, vor allem aber die wohnortnahe Versorgung. Auch das betreuende Personal steht vor der großen Herausforderung, einer großen Nachfrage an Gebärenden eine gute und sichere Begleitung während und nach der Geburt zu erbringen. Vor allem die Schließung innerhalb der Geburtshilfe aus finanziellen Gründen (Geburtshilfe rechnet sich finanziell nicht) zeigt mir eindeutig, dass das Gesundheitswesen nicht dem Kapitalismus, aber auch nicht der Privatwirtschaft unterliegen darf. Patienten dürfen keine Kostenfaktoren sein und Angestellte keine Rädchen im Getriebe.

Deshalb sind Sie in die Partei eingetreten, für die Sie als Kandidatin antreten:
Meine ganz persönliche Lebensgeschichte hat mich sehr geprägt und im Zuge dessen gibt es für mich ganz klar nur eine einzige Partei, die meine sozialen Ideale vertritt. Eins davon Antifaschismus. Schon in meiner Jugend hat mich jegliche Ausgrenzung gestört, ganz besonders, wenn diese rassistischer Natur war. Der zunehmende Populismus, Fremdenhass und die offensichtliche Verschiebung des noch Sagbaren macht mir zu Weilen sogar Angst und im Zuge dessen sehe ich es als Pflicht, unsere freiheitlichen demokratischen Strukturen vehement zu verteidigen. Auch habe ich schon oft erfahren, dass unsere Inklusions- und Antidiskriminierungsgesetze oft nur nette Worte sind. Die Umsetzung dieser oft mangelhaft, manchmal gar nicht gewollt. Ich bin überzeugt davon, dass wir von einer wirklichen inklusive Gesellschaft alle profitieren und vor allem benachteiligte und auch behinderte Personen mitten in unsere Gesellschaft gehören anstatt an den Rand der Gesellschaft. Es gibt aber noch soviel mehr, was mich bewegt, Mitglied der Linken zu sein.

Beruflich komme ich aus dem Gesundheitswesen und die Bedingungen sowohl für Patienten als auch für Arbeitende im Gesundheitswesen sind in meinen Augen stark dadurch geprägt, dass erbrachte Leistungen Profit bringen müssen. Dies ist für mich grundverkehrt. Zusätzlich bin ich der Landwirtschaft sehr nahe. Hier beschäftigt mich auch sehr das bisherige Sozialsystem innerhalb der Landwirtschaft, welches etwas anders ist als in anderen Branchen. Meines Erachtens ist das aktuelle System nicht mehr zeitgemäß und gehört dringend reformiert. Dazu gibt es innerhalb der Landwirtschaft sicherlich verschiedene Positionen, ich jedoch bevorzuge auch hier ein sozial auskömmliches System, welches Stabilität und Sicherheit auch in der Altersklasse gewährleistet.

Und last, but not least: Feminismus. Unsere Strukturen sind zum Nachteil von Frauen ausgelegt. Und auch wenn es von mach einem negiert wird, es ist wie es ist. Unser System benachteiligt Frauen. In Gehalt, in Sozialversicherung, im Gesundheitswesen (Medizinprodukte nur an Männern getestet, Frauen werden mit Beschwerden nicht ernst genommen) selbst die DIN sind an Männern ausgelegt. Daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, gegen diese Ungleichheiten anzukämpfen.

Worüber können Sie lachen?
Herzlich amüsieren kann ich mich über Kindermund und Situationskomik

Was löst bei Ihnen Frust aus oder macht Sie sogar wütend?
Politisch gesehen gibt es soviel, was Frust und Wut auslöst. Rassismus, zunehmender Populismus, das Treten nach Unten, soziale Ungleichheit, Ausgrenzung und Diskriminierung Benachteiligter. Aber auch außenpolitisch gibt es Frust und Wut. Dinge, die ich nicht ändern kann, weil sie nicht in meiner Hand liegen, aber trotzdem stören sie mich, weil Menschen leiden. Zum Beispiel Frauen in Afghanistan, die von völlig absurden Erlassen drangsaliert werden, allgemein Menschen in Krisen- und Kriegsgebieten, Menschen, die einer Minderheit in ihrem Land angehören und deswegen Repressalien unterliegen. Meine Liste ist lang. Müsste ich ein Wort nennen, welches mich wütend macht, dann ist es Ungleichheit.

Welche Schlagzeile würden Sie gerne mal lesen?
Linken Kandidatin gewinnt Direktmandat vor der CDU!

Was betrachten Sie als Ihre größte Fehleinschätzung bezogen auf Ihre eigene politische Arbeit und/oder Partei?
Das Thema Solidarität innerhalb der Partei. Ich habe eine ganz klare und ziemlich genaue Vorstellung was dieses Wort bedeutet, mitunter in etwas strenger Auslegung. Genau hier stoße ich aber auch an Grenzen, da nicht jeder so eng gestrickt ist in der tatsächlichen Ausübung von Solidarität wie ich es, auch als Kreisvorsitzende, oft erwarte. Dies kann mitunter frustrieren.

Deshalb sollten die Wähler mir Ihre Stimme geben:
Weil ich mich konsequent gegen soziale Ungleichheit stark mache. Ich Benachteiligten eine Stimme gebe und mich für die Durchsetzung ihrer Rechte stark mache. Weil Chancengleichheit für alle, für mich nicht nur leere Floskeln sind. Weil ich eine soziale Sicherheit für alle als notwendig betrachte, wenn wir auch in Zukunft Gemeinschaft gemeinsam gestalten und erleben wollen, anstatt Gesellschaftsschichten zu spalten und Stimmungsmache zu Lasten einer stabilen und zufriedenen Gesellschaft Platz machen.

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Kurzer Steckbrief

Wohnort: Roßbach/Wied Ortsteil Reifert
Geburtsdatum: 13. Dezember 1989
Familienstand: verheiratet

Ausbildung: Physiotherapeutin
Politischer Werdegang: Kreisvorsitzende seit 10/2023
Kreistagsmitglied seit 07/2024
Gesellschaftliches Engagement/Vereine: Mitglied freiwillige Feuerwehr Waldbreitbach, Netzwerkerin und Beutelbunker für das Beuteltier-Netzwerk e.V.

Hobbies: Lesen, Politik, Sprachen lernen

Lieblingsorte: Die Luh (Waldbreitbach), die Bank oberhalb von unserem landwirtschaftlichen Betrieb, das Eiscafe im grauen Container am Rhein in Linz

Vorbilder: alle (links-)politischen Frauen und Suffragetten die sich konsequent, stark und einzigartig für die Rechte von Frauen eingesetzt haben, die eine klare Haltung gegenüber Rassismus und Diskriminierung hatten, die klare soziale Ideale hatten und bei allem gesellschaftlichen Druck ihren Forderungen nicht nachgegeben haben.

Kontaktdaten: juliaeudenbach@gmail.com

Eine kurze Übersicht aller Direktkandidaten für den Wahlkreis 196 und den Bundestagswahlen finden Sie hier. (Red)
     
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