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Nachricht vom 21.02.2025 |
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Region |
Klinik-Zukunft: „Task Force“ kämpft für Erhalt und Ausbau des MVZ Altenkirchen |
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Stillstand bedeutet bekanntlich Rückschritt - oder: Wer nichts tut, den bestraft das Leben. Vor diesem Hintergrund ist in Altenkirchen eine sogenannte "Task Force" gegründet worden, die sich auf die Fahne geschrieben hat, die derzeit rudimentäre Gesundheitsversorgung nach der Schließung des Krankenhauses zu sichern und, mittelfristig betrachtet, vielleicht sogar auszubauen. |
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Altenkirchen. Was ist eine „Task Force“? Die Internetpräsenz „Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute“ erklärt: „Eine für eine begrenzte Zeit gebildete Arbeitsgruppe mit umfassenden Entscheidungskompetenzen zur Lösung komplexer Probleme.“ Solch ein locker zusammenarbeitendes Kollektiv, dem unter anderem lokale Politiker und weitere Bürger angehören, befasst sich seit Bekanntwerden der ersten Insolvenz des Trägers des DRK-Krankenhauses in Altenkirchen, der gemeinnützigen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH, mit der Zukunft der stationären Gesundheitsversorgung in und rund um die Kreisstadt, nachdem das Hospital inzwischen zu einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) herabgestuft wurde. Es steht indes genauso vor einer ungewissen Zukunft wie weitere Kliniken unter dem Dach des DRK, weil auch dessen Träger, die DRK gemeinnützige Gesundheitsbetriebsgesellschaft Südwest mbH als Tochtergesellschaft der gemeinnützigen DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz mbH, Zahlungsunfähigkeit anmeldete und das DRK nichts mehr mit dem Betrieb von Krankenhäusern im Land zu tun hat. „Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass in Altenkirchen die Lichter ausgehen“, formuliert Stadtbürgermeister Ralf Lindenpütz den Arbeitsschwerpunkt der „Task Force“. Wenn das MVZ nur für eine oder zwei Wochen „in der Luft hängt, dann sind die Beschäftigten weg, dann sind die Patienten weg, dann kommt keiner mehr dahin“. Das wieder neu aufzubauen, ginge nur mit einem großen Träger. Am Krankenhaus selbst solle weiterhin medizinische Versorgung stattfinden, „das war einer der Gründe, warum wir diese Gruppe hierachisch neutral aufgestellt haben“.
Rechtliche Situation analysiert
Die „Task Force“ ist in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht untätig geblieben, datiert die erste Insolvenz der DRK-Krankenhausgesellschaft RLP von Mitte August des Jahres 2023. Damals sei im Stadtrat der Gedanke formuliert worden, dass „wir etwas machen müssen, um die medizinische Versorgung sicherzustellen“, geht der Blick von Lindenpütz rund anderthalb Jahre zurück. In einem ersten Schritt sei innerhalb der Gruppe die rechtliche Situation von drei Rechtsanwälten analysiert worden. Unter anderem sei der Sachverhalt rund um einen möglichen „Heimfall“ erörtert worden. Zudem galt es, das Thema im Team loszulösen vom politischen Alltagsgeschäft. „Im Anschluss haben wir Experten bemüht, um Informationen zu erhalten, wie jeweils eine Trägerschaft eines Krankenhauses und eines MVZ funktioniert“, erläutert Lindenpütz, „als Folge dessen ergab sich die Frage, wie ein kommunales Engagement aussehen kann. Wir haben aber auch erkannt, dass die Trägerschaft eines Krankenhauses letztendlich nicht Sache einer Stadt oder einer Verbandsgemeinde sein kann. So etwas ist bestenfalls Sache des Kreises, so dass wir uns zunächst darauf konzentriert haben, den Standort am Leben zu erhalten.“ Die beste Möglichkeit in dieser Richtung sei die Stärkung des MVZ.
Besuch in Ulmen
Eine Station der weiteren Überlegungen war der Besuch des kommunal betriebenen MVZ in Ulmen, das jedoch eine andere Basis hatte, da die hausärztliche Versorgung vor dem Kollaps stand. Nunmehr würden für mehrere Ärzte „die administrativen von den ärztlichen Dingen getrennt. So wird das MVZ von zwei Angestellten der Verwaltung geleitet, die Kommune sponsert mit vorhandenem Personal das MVZ in einer Anstalt öffentlichen Rechts“. Das MVZ sehe sich guten Perspektiven gegenüber, inzwischen schreibe es eine „schwarze Null“. In einer guten Organisation sei ein MVZ in ein Krankenhaus eingegliedert, „beide befruchten sich gegenseitig“. In einem Gespräch mit Dr. Thomas Strohschneider, Autor des Buches „Krankenhaus im Ausverkauf“ und vor dem Hintergrund dieses Werkes schon Gast in Altenkirchen, ließ sich Lindenpütz informieren, inwieweit ein genossenschaftliches Modell eine Variante für den Betrieb eines Krankenhauses oder eines MVZ sein könne. So entstand ein Kontakt zu einer Beratungsfirma, die selbst genossenschaftlich organisierte MVZ leitet. Dabei kamen Vor- und Nachteile einer gemeinnützig aufgestellten Genossenschaft auf den Tisch, „ein interessantes Modell, das es schon gibt“. Eine medizinische Genossenschaft dürften nur Gemeinden und Ärzte gründen. Geldgeber könnten die Kommunen, Arztpraxen oder ein Förderverein sein, „aber in diesem Punkt sind wir noch nicht soweit“, stellt Lindenpütz fest. Geklärt werde müsse beispielsweise auch, ob Firmen Anteile zeichnen könnten, die aber dann in der Genossenschaft kein Stimmrecht hätten. Er könne sich vorstellen, dass sich auch Unternehmen aus der Region über Einlagen beteiligen würden. „Gute MVZ finanzieren sich selbst“, fügt Lindenpütz an und ergänzt die Schattenseite: „Die Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung geschieht immer ein Quartal später. Man muss bei einem MVZ zum einen das Investment stemmen können, sofern man keine Praxis übernimmt, zum anderen eine Zwischenfinanzierung vornehmen.“ Auch die Gründung einer normalen GmbH sei möglich, man könne Ärzte abstellen, habe aber nicht die intensive Bindung wie bei einer Genossenschaft: „Wenn weitere Leute an einer GmbH beteiligt werden, muss jedes Mal der Gesellschaftervertrag geändert werden.“ Wenn es einmal schnell gehe müsse, könne der Weg über eine GmbH in eine Genossenschaft führen.
Gespräch mit privatem Träger
Mit Blickrichtung „Hospital“ schloss sich ein Gespräch mit einem privaten Krankenhausträger an (der nicht genannt werden möchte), um zu erfahren, auf welche Dinge die Firma schaue, wenn sie eine Klinik kaufe, um Geld zu verdienen. Denn: Seit einer Gesetzesänderung vor über 30 Jahren müssten Gewinne aus dem Betrieb eines Krankenhauses nicht mehr ins Gesundheitswesen reinvestiert werden. Aktuell sei es sehr schwierig, dass ein gewinnorientiertes Unternehmen ein Krankenhaus übernehme. „Im Moment wird keiner das tun, auch weil niemand die Auswirkungen der Gesundheitsreform darzustellen vermag“, weiß Lindenpütz. Im Krankenhaus Altenkirchen sei die Kinder- und Jugendpsychiatrie attraktiv, es ließe sich mit der Geriatrie Geld verdienen, mit einer Notfallambulanz 24/7 dagegen nicht, „die muss sich nebenbei finanzieren. Interessant sind immer solche Leistungen, die in der höchsten Fallgruppe sind und entsprechend bewertet werden. Da muss man nur nach Hachenburg gucken“. Der private Träger habe auch unmissverständlich deutlich gemacht, an Altenkirchen und Hachenburg kein Interesse zu haben, da würden sie nicht investieren. Quintessenz: „Es wird keiner das Krankenhaus in Altenkirchen zurückholen, wenn nicht der politische Wille da ist. Konzentriert Euch auf die Sachen, die ihr habt, und seht zu, dass ihr das MVZ gerettet bekommt, wenn überhaupt.“ Das sei eminent wichtig für die Köpfe gewesen, also „lieber ein MVZ stabilisieren und so mit Funktionen erweitern, dass es vielleicht eine Keimzelle werden kann für etwas krankenhausähnliches. Vielleicht wird es ja wieder ein Krankenhaus“.
Situation in der Region bewerten
„Wie bekommen wir die Versorgungssituation unserer Region bewertet?“, knüpft Lindenpütz an einen weiteren Aspekt der bisher geleisteten Arbeit an. Nicht müde wird Landesgesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) darzustellen, dass die Versorgungssicherheit gegeben sei. Das weise, so Lindenpütz, auch der GKV-Kliniksimulator mit nur ganz wenigen weißen Flecken aus. Das sei die theoretische Versorgungssicherheit, die gefühlte aber deutlich dramatischer. Inzwischen seien die Ärzte im Umkreis von 15 Kilometer um Altenkirchen herum angeschrieben und gebeten worden, einen Fragebogen auszufüllen und bis 5. März zurückzuschicken. Zudem sei ein Treffen für Ärzte im Altenkirchener Stadtbüro geplant. Die Idee: das Abwägen der Sicht des Ministers und der der Mediziner vor Ort. Gefühlt, so Lindenpütz, fehle das Krankenhaus, ob es dramatisch fehlt, „werden wir dann sehen. Es fehlt natürlich“. Als nächster Schritt sollen Unternehmen die Situation aus ihrer Sicht bewerten, da aus diesen Kreisen bereits kommuniziert wurde, dass das Krankenhaus „schon wichtig für die Region ist“.
Krankenhaus Altenkirchen ausbauen
Nicht in Frage stellt die Task Force den Bau einer neuen und großen Westerwald-Klinik, wie sie das DRK bei Müschenbach geplant hatte. Dahingestellt sei, ob ein möglicher neuer Träger für die DRK-Häuser dieses Vorhaben überhaupt weiter vorantreibt oder das Ansinnen sterben lässt (Gelände ist schon längst gekauft). Die Alternative für die rund zwölfköpfige Gruppe sei natürlich der Standort in Altenkirchen, meint Lindenpütz, „das Krankenhaus in Altenkirchen ist baulich in einem deutlich besseren Zustand als Hachenburg und Kirchen. Dass investiert werden muss, liegt auf der Hand. Die Substanz aber bietet Möglichkeiten, das Haus schrittweise groß zu machen. Aber: Die reine Größe ist kein Erfolgsgarant. Ist überhaupt der politische Wille vorhanden, in Altenkirchen etwas zu machen seitens des Landes?“ Die Standortfaktoren mit Hubschrauber-Landeplatz, Ausbaumöglichkeiten für Parkplätze, Busbahnhof, Bahnhof sowie der Infrastruktur rund ums Krankenhaus sprächen alle für Altenkirchen. Lindenpütz sieht diese Struktur: „Klein, mit Expertise, mit ein, zwei starken Fachrichtungen, die Geld bringen, das kann sich rechnen, vielleicht mit einem politischen Okay, jährlich einen Sockelbetrag hinzu zu steuern, wir leisten uns ja auch einen ÖPNV mit Bussen, die zu 80 Prozent leer durch die Gegend fahren. Ich möchte auch, dass Kinder wieder im Kreis Altenkirchen geboren werden.“ (vh) |
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Nachricht vom 21.02.2025 |
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