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Nachricht vom 19.03.2025 |
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Es war kein Mord, sondern Körperverletzung mit Todesfolge – Landgericht Koblenz verhandelt ungewöhnlichen Fall |
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Vor der 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz hat ein Prozess begonnen, der durch rasende Eifersucht zum Tod eines Mannes führte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-jährigen Angeklagten vor, seinen 74-jährigen Nachbarn in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld getötet zu haben – ursprünglich als Mord angeklagt, nun als Körperverletzung mit Todesfolge eingestuft. |
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Zusammenfassung der ersten zwei Verhandlungstage
Vor der 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz hat unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin der Prozess begonnen, der möglicherweise wegen rasender Eifersucht zum Tod eines Menschen geführt hat.
Die Staatsanwaltschaft Koblenz wirft dem 45-jährigen Angeklagten vor, in einem Ort in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld einen 74-jährigen Mann aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben. Zunächst lautete der Anklagevorwurf Mord, der später bei der zuständigen Strafkammer des Landgerichts nach vorläufiger Würdigung als Körperverletzung mit Todesfolge eingestuft wurde.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz
Der Angeklagte soll seinem Nachbarn vorgeworfen haben, mit seiner Lebensgefährtin ein intimes Verhältnis geführt zu haben. Am Tattag, im Juli 2024, soll der Angeklagte den Mann in dessen Wohnung zunächst verbal und körperlich mit Schlägen und Tritten attackiert haben. Dann sei der Angeklagte in seine eigene Wohnung zurückgegangen, um von dort ein Messer mit einer Klingenlänge von zehn Zentimetern zu holen. Anschließend sei er wieder in die Wohnung des Nachbarn gegangen und soll dort mit dem Messer auf ihn eingestochen haben, dabei insbesondere den Genitalbereich des Mannes im Visier gehabt haben, um ihn zu kastrieren. Bei den Stichen habe der Angeklagte auch die große Beinvene des Nachbarn getroffen, woran der Mann wegen starker Blutungen anschließend verstorben ist. Laut der Staatsanwaltschaft sei dem Angeklagten klar gewesen, dass sein Handeln zum Tod des Nachbarn führen würde. Anschließend hätten der Angeklagte und die Zeugin, die im Kontext der Tat stehende Zeugin, Polizei und Rettungsdienste alarmiert.
Durch das Verhalten des Angeklagten nach der Tat hatte die Strafkammer Zweifel an einem bestehenden Tötungsvorsatz. Die Kammer ging nach dem Verlauf der weiteren Ermittlungen davon aus, dass der Angeklagte den Nachbarn lediglich an den Genitalien habe verletzen wollen, um ihm damit einen symbolträchtigen Denkzettel zu verpassen.
Nach Verlesen der Anklage gab Richter Stehlin bekannt, dass keine Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (sogenannter Deal) stattgefunden hätten.
Der Angeklagte, der sich in Untersuchungshaft befindet, wird in diesem Prozess durch seinen Pflichtverteidiger Jörg Weisgerber aus Altenkirchen vertreten. Er gab bekannt, dass er zu seiner Person und auch zu der Tat aussagen will. Er sei Frührentner, sei mehrmals in der Psychiatrie wegen paranoider Schizophrenie gewesen, habe auch an Wahnvorstellungen gelitten und sei medikamentös eingestellt worden, habe zudem Drogen und Alkohol konsumiert. Er sei Maler und Lackierer von Beruf; aus einer früheren Beziehung habe er einen 18-jährigen Sohn.
Eifersucht wegen angeblichen sexuellen Kontakts seiner Partnerin mit anderen Männern
Zur Vorgeschichte der Tat berichtete der Angeklagte, dass die Frau, um die sich alles drehte, die Stieftochter seines Vermieters sei. Sie habe in dessen Haus in einem Zimmer gelebt, und im Laufe der Zeit habe sich eine intime Beziehung entwickelt. Diese Frau habe ihn immer als ihren Diener angesehen; sie habe laut seiner Aussage auch zu anderen Männern sexuelle Kontakte gepflegt, unter anderem zu dem verstorbenen Nachbarn. Das Haus sei sehr hellhörig gewesen, darum habe er hören können, wenn seine Partnerin mit dem Nachbarn Sex hatte. Eigentlich habe er sich von der Frau trennen wollen, darum sei er zum Nachbarn gegangen, um mit ihm über die Situation zu sprechen. Dieser sei ausgesprochen aggressiv gewesen. Der Angeklagte: „Ich habe ihn aufgefordert, mit meiner Partnerin keinen Sex mehr zu haben. Als er darauf nicht reagierte, habe ich die Nerven verloren und angefangen, ihn zu verprügeln. Schläge gegen den Kopf, gegen die Rippen und zwischen die Beine folgten. Ich war in Rage, da ich auch vorher Kokain konsumiert hatte. Durch meine Schläge lag er auf dem Bett, ich ging in meine Wohnung und holte ein Messer. Als ich zurückkam, hatte er den Gürtel seiner Hose geöffnet, und diese hing noch an seinem Unterkörper. Ich habe mit dem Messer nur in die Hose geritzt, nicht gestochen. Danach ging ich wieder in meine Wohnung und kehrte Minuten später zurück, um nach ihm zu schauen. Nun saß plötzlich meine Partnerin bei ihm auf dem Bett und hielt etwas Weißes in der Hand. Es war nach seiner Aussage wohl ein Stuhlbein. Ich sah jetzt auch das Blut an seinen Beinen, alles war voller Blut, sie alarmierte dann Polizei und DRK.“
Die Partnerin bestreitet, mit anderen Männern Sex gehabt zu haben
Anschließend wurde die Partnerin des Angeklagten als Zeugin vernommen. Sie sagte aus, dass der Angeklagte ihr mit einem Messer in der Hand im Flur entgegenkam, als sie vom Einkaufen in Altenkirchen wieder nach Hause kam. Die Zeugin: „Er sagte zu mir, dass er ihn geschlagen hätte und mit dem Messer versucht habe, ihn in seinen Penis zu stechen, ihm wären die Sicherungen durchgeknallt. Er war immer sehr eifersüchtig, obwohl ich ihm dazu keinen Grund gab. Ich habe mit keinem der anderen Hausbewohner Sex gehabt, außer mit dem Angeklagten. Er glaubte mir nicht und behauptete, in dem hellhörigen Haus habe er mein Stöhnen beim Sex mit dem Nachbarn gehört, was nicht sein konnte.“
Zweiter Verhandlungstag
Am 19. März wurden weitere Zeugen vernommen: Kriminalbeamte, die zuerst am Tatort eintrafen, und die Spurensicherung. Im Bereich der Hose hätten sie so viel Blut vorgefunden, dass das Blut wie eine Wasserpfütze aussah. Sichtbare Verletzungen seien am Hodensack festgestellt worden sowie eine Stichwunde am linken Oberschenkel, wodurch eine große Beinvene verletzt wurde und das Blut daraus ungebremst austrat. Auf dem Weg in die JVA habe der Angeklagte gesagt, dass er das mit dem Messer nicht gewesen sei; wegen ein paar Schlägen würde man nicht zum Mörder. Einige Male habe er von einem Stuhlbein gesprochen, mit dem der Nachbar angeblich geschlagen worden sei; ein Stuhlbein wurde jedoch trotz intensiver Suche nie gefunden.
Tod durch langsames Ausbluten
Die sachverständige Ärztin von der Rechtsmedizin in Mainz erstattete ihr Gutachten und schilderte die bei der Obduktion festgestellten Verletzungen. An der Peniswurzel und unterhalb des Hodensacks habe sie jeweils eine Hautdurchtrennung von etwa einem Zentimeter vorgefunden. Die linke große Beinvene sei etwa auf einen halben Zentimeter geöffnet gewesen; an dieser Verletzung sei der Mann letztendlich verblutet. Durch den hohen Blutverlust sei der Tod höchstens nach zehn Minuten eingetreten; ob er vorher das Bewusstsein verloren hatte, konnte nicht festgestellt werden. Am Leichnam konnten keine Verletzungen festgestellt werden, die auf Schläge mit einem Stuhlbein hätten hinweisen können. Aber durch stumpfe Gewalt habe der Mann mehrere Rippenbrüche erlitten, am Auge ein Monokelhämatom und einen Bruch des Kiefers, die durch Schläge oder Tritte verursacht sein könnten. Durch einen Sturz wären die Verletzungen nicht zustande gekommen.
Im nächsten Fortsetzungstermin am 8. April sollen weitere sieben Zeugen vernommen werden. Die WW-Kuriere werden vom weiteren Verlauf des Verfahrens berichten.
Haftungsausschluss: Dieser Artikel basiert ausschließlich auf Informationen aus öffentlichen Gerichtsverhandlungen, offiziellen Pressegesprächen und Gutachten, die im Rahmen des Prozesses beim Landgericht Koblenz veröffentlicht wurden. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der zitierten Aussagen, die direkt den offiziellen Quellen entnommen sind. |
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Nachricht vom 19.03.2025 |
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