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Nachricht vom 26.03.2025 |
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Wirtschaft |
Cannabis Social Clubs in Rheinland-Pfalz: Stehen sie durch CDU-Regierung bald vor dem Aus? |
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RATGEBER 18+ | Hinweis: Dieser Artikel ist für ein erwachsenes Publikum bestimmt und behandelt Themen (beinhaltet ggf. Links), die sich an Personen ab 18 Jahren richten. Der Wahlsieg der CDU im vergangenen Februar dürfte den Cannabis Social Clubs übel aufgestoßen sein. Die Rücknahme der Cannabis-Teillegalisierung galt als eines der wesentlichen Themen im Parteiprogramm. Müssen wir nun schon bald auf die neugewonnen Freiheiten verzichten? Verlieren die Cannabis Social Clubs ihre Existenzberechtigung?
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Cannabis Social Clubs, die aktuellen Bedingungen
Bereits vor Inkrafttreten des Legalisierungsgesetzes am 1. Juli 2024 war unter den Cannabisanhängern in Deutschland eine zunehmende Geschäftigkeit zu beobachten. Mit Herzblut und Eigeninitiative wurden Räumlichkeiten organisiert, Spezialisten angeworben und möglichst perfekte Anbaubedingungen geschaffen.
Allein in Rheinland-Pfalz konnten so bisher laut Rhein-Zeitung inzwischen 10 Cannabis Social Clubs genehmigt werden, 35 weitere Betreiber warteten Anfang 2025 noch auf eine entsprechende Genehmigung. Vorreiterstädte sind Lambrecht, Wörrstadt, Trier, Diez, Lambsheim und Römerberg.
Die Bedingungen für Neugründungen sind eng umrissen. Ziel ist grundsätzlich ein gemeinschaftlicher, nicht kommerzieller Anbau von Cannabis. Interessenten müssen sich als Verein eintragen lassen, Anbaulizenzen beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung beantragen und verpflichtend Beratungsangebote schaffen.
Die Genehmigung sieht das Erstellen eines ausführlichen Gesundheits- und Jugendschutzkonzeptes vor. Der Anbau muss in nicht einsehbaren Räumen geschehen, selbstverständlich unter kontrolliertem Zugang. Die Clubs liegen fernab von Kindereinrichtungen. Werbemaßnahmen sind nicht erlaubt, die Abgabe erfolgt nur an Mitglieder; in Reinform und neutraler Verpackung. Der Konsum in den Clubräumlichkeiten ist nicht gestattet.
Im Monat dürfen maximal 500 Mitglieder ihren Anteil beziehen. Dieser beträgt auf den gesamten Monat gerechnet maximal 50 g, Mitglieder zwischen 18 und 21 Jahren erhalten lediglich 30 g. Die ausgegebene Ernte wird streng kontrolliert. Es sind Labortests und aussagekräftige Beipackzettel vorgesehen. Der THC Gehalt darf sich indes auf maximal 10 % belaufen.
Wo liegt das Problem mit der CDU?
So gesehen, ein solides Konzept, sollte man meinen. Leider sieht die CDU das anders. Während der Debatten zur Legalisierung in den letzten Jahren hat die Partei ihren Standpunkt mehr als deutlich gemacht. Die Einrichtung der Clubs galt für die eher konservative Partei als indiskutabel. Sie schien darauf zu hoffen, mit dem Abgang der Ampelregierung eine schnelle Abschaffung der gefundenen Reglungen durchsetzen zu können.
Friedrich Merz betonte mehrfach, er wolle die bisherigen Regelungen prüfen und, wo möglich, anpassen lassen. Als Ideal wird eine rigorose Streichung der neu etablierten Regelungen kommuniziert.
Neben der Schließung der Clubs sollen Besitz und Erwerb von Cannabisprodukten wieder strafrechtlichen Konsequenzen unterliegen. Man würde sich tatsächlich sogar eher für erhöhte Kontrollmaßnahmen einsetzen. Im Minimum soll es aber um eine Verschärfung der bestehenden Regelungen und Gesetze gehen.
Ein Sonderthema sind dabei Medizinprodukte. Derzeit lässt sich auch in Rheinland-Pfalz relativ unkompliziert Cannabis online bestellen. Legale Optionen bieten in diesem Kontext Apotheken mit angebundenem, niederschwelligen Zugang zu Onlineverordnungen. Kontrollbestimmungen, THC Gehalt und Abgabebedingungen unterscheiden sich jedoch von der freien Abgabe über Cannabis Social Clubs.
Könnte die CDU ihr Vorhaben durchsetzen?
Nun ist die CDU, Wahlsieg hin oder her, aber nicht alleinige Entscheidungsmacht in unserem demokratisch ausgerichteten Staat. Entscheidungen, vor allem solche, die mit bereits verankerten Gesetzen kollidieren, müssen unter Einbeziehung aller Parteien zur Diskussion gestellt werden. Und hier ist durchaus mit Gegenwind zu rechnen.
Politische Grenzen
Unter den führenden Parteien befinden sich hauptsächlich Befürworter der Teillegalisierung. Die Grünen etwa betonen den Vorteil einer kontrollierten Abgabe, gegenüber dem illegalen Cannabishandel. Auch die SPD spricht sich klar für die Entkriminalisierung des Konsums aus. Ebenso hat sich die Linke in der Vergangenheit positiv zum Thema geäußert, auch wenn nichts dazu im aktuellen Programm zu finden ist. Unter vielen weiteren Parteien wie FDP und BSW herrscht ein positiver Konsens zur progressiven Drogenpolitik.
Nicht ganz außer Acht lassen darf man allerdings die eindeutige Haltung der AFD. Unter Umständen fände die CDU hier stärkende Verbündete. Trotz kontroverser Meinungen bezüglich der Verfassungstreue erhielt die AFD im Rahmen der letzten Wahlen überraschend viel Zuspruch. Man darf annehmen, dass ihre ablehnende Haltung gegenüber der aktuellen Drogenpolitik im Zweifellfall Gehör finden könnte.
Rechtliche Einschränkungen
Abgesehen davon, ob die Idee an sich Anklang findet oder nicht, stellt sich natürlich die Frage, wie umsetzbar eine Umkehrung der bisherigen Entwicklung sein könnte. Schließlich ginge es um eine komplexe Gesetzesänderung. Solche Prozesse brauchen Zeit. Entwürfe müssten ausgearbeitet werden, die Zustimmung von Bundesrat und Bundestag müsste eingeholt werden.
Eine Änderung, die abweichend von der Gesamtentscheidung lediglich Rheinland-Pfalz betrifft, wäre dementsprechend eher schwer zu rechtfertigen. Zumal, wenn man bedenkt, dass es in Rheinland-Pfalz mitunter Bürgermeister mit christdemokratischem Hintergrund sind, die der Gründung von Cannabis Social Clubs in ihrer Stadt zugesagt haben.
Auch wäre nicht allein die Lage der Konsumenten zu betrachten. Schwerwiegender sind Verträge und Lizenzvereinbarungen, die bereits mit Clubbetreibern geschlossen wurden. Eine spontane Gesetzesänderung gäbe ihnen guten Grund zur Klage.
Spontan geht gar nichts
Schließungsanordnungen und Lizenzentzug rufen das Verwaltungsgericht auf den Plan. Während der (mit Sicherheit langen) Verhandlungszeiten würden Eilanträge greifen, die einen Weiterbetrieb garantieren, bis endgültige rechtskräftig Lösungen vorliegen.
Da sich die Gründung mit all ihren notwendigen Aufwendungen bisher kaum gelohnt haben dürfte, wäre mit Schadensersatzklagen zu rechnen. Zudem können sich die Clubs auf zugesicherte Bestandsschutzregelungen berufen.
Anbaulizenzen werden für einen Zeitraum von sieben Jahren zugesichert. Dieser Zeitraum beginnt für viele Clubs in diesem Moment erst. Eine willkürliche Lizenzrücknahme ist nicht vorgesehen. Auch nicht im Rahmen politischer Veränderungen. Sollten wider Erwarten Bedingungen zum Widerruf rechtssicher erfüllt sein, ist immer noch die Klage auf Entschädigung möglich, zumindest in Bezug auf entstandene Vermögensnachteile.
Wobei rasch auch weitere Cannabisprodukte in den Fokus rücken. Was wäre mit Medizinprodukten? CBD-Erzeugnissen? Der Umfang der Diskussion ist kaum überschaubar. Eine klare Hürde für eine Politik, die auch so schon genug Probleme zu lösen hat und hart um Rückhalt in der Bevölkerung kämpft.
Das Gesetz erklärt sich selbst nicht als unanfechtbar
Im Hinterkopf haben sollte man jedoch die bereits mit Einführung im Gesetz vorgesehene Evaluierung. Mit entsprechenden Maßnahmen sollen laut diesem Unterpunkt die Auswirkungen der Teillegalisierung auf Gesundheit, Jugendschutz und Kriminalität überprüft werden. Mit dieser Idee schützt sich die Gesetzgebung grundsätzlich vor rechtlichen Einbahnstraßen, denn natürlich fehlen bisher Studien zu einem erhöhten legalen Cannabiskonsum speziell in unserer Gesellschaft.
Zeigen die Evaluierungsergebnisse nachvollziehbare Nachteile durch die freie Abgabe von Cannabis auf, können verhältnismäßige Änderungen der Gesetzeslage die Folge sein. Aber auch hier geht es nicht um spontane Verbote. Ziel sind viel mehr vernünftige und Fakten gestützte Anpassungen.
Kein Aus von heute auf morgen
Ein Verbot der gut etablierten Cannabis Social Clubs würde also eine Gesetzänderung notwendig machen. Wir alle wissen, dass eine solche sich nicht über Nacht vollzieht. Ob wir überhaupt über ein solches Szenario nachdenken müssen, hängt stark von den laufenden Koalitionsverhandlungen ab.
Diese wiederum werden sich auf Fakten stützen müssen, die sich aus Evaluationsstudien und gesellschaftliche, gesundheitliche und kriminalistische Entwicklungen ergeben.
Fundierte Ergebnisse liegen in allen Bereichen erst über längere Zeiträume hin vor. Damit ist klar: Jetzt sofort passiert wohl eher nichts. Längerfristig jedoch sind Veränderungen möglich, wobei nicht zuletzt die hohe gesellschaftliche Akzeptanz der Fortschritte der letzten Jahre zu berücksichtigen ist. (prm) |
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Nachricht vom 26.03.2025 |
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