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Nachricht vom 15.04.2025
Region
Klinik-Zukunft: BI unterstellt Minister Hoch, „wissentlich die Unwahrheit“ zu sagen
Gar nicht zufrieden zeigt sich die Bürgerinitiative (BI) „Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“ mit den Antworten des rheinland-pfälzischen Ministers für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), auf die in ihrem Offenen Brief dargestellten Sachverhalte zur Krankenhaussituation im Kreis Altenkirchen und Teilen des Westerwaldkreises.
Geld ist inzwischen der einzig und allein bestimmende Faktor in der stationären  Gesundheitsversorgung. (Foto: Pixabay)Kreis Altenkirchen. Die Bürgerinitiative (BI) „Gute Gesundheitsversorgung im Raiffeisenland“ lässt nicht locker. In einem zweiten Offenen Brief an den rheinland-pfälzischen Minister für Wissenschaft und Gesundheit, Clemens Hoch (SPD), wirft sie ihm vor dem Hintergrund der stationären Gesundheitsversorgung in der Region vor: „Sie haben uns in Ihrer Antwort ausführlich Ihre Meinung zu der Situation dargelegt – allerdings sind Sie zu einem Großteil nicht auf unseren Brief eingegangen. Sie halten ein Zentralkrankenhaus weiterhin für sinnvoll – da stimmen wir Ihnen zu. Allerdings sehen wir das mit einem Neubau sehr kritisch, vor allem vor dem Hintergrund der Finanzierung und der Flächenversiegelung. Auf diese Argumente sind Sie nicht eingegangen. Wir haben den Eindruck, dass Sie hier unsere Argumente ignorieren und einer Antwort ausweichen. Sie schreiben, dass Hachenburg am geeignetsten für ein zentrales Krankenhaus sei, dann folge Kirchen, dann erst Altenkirchen. Das sehen wir ebenfalls anders.“ Weiter heißt es: „Wir leben in einer Demokratie, und wir Bürger sind der Staat. Wir halten es für unabdingbar, dass Politiker sich gegenüber den Menschen äußern, sie einbeziehen, ihnen Gehör schenken und vor allem ernst nehmen! Das vermissen viele Menschen insbesondere bei der SPD im Moment. Es kann in niemandes Interesse sein, wenn die Politikverdrossenheit weiterhin steigt und noch mehr Menschen nicht-demokratische Parteien wählen!“ Auszüge aus dem zweiten Offenen Brief:

Die Ist-Situation
„Das Krankenhaus in Hachenburg ist hochgradig sanierungsbedürftig – auch wenn die Landesregierung jetzt Millionen Euro für eine Generalsanierung zur Verfügung stellt, wie aus der Presse zu erfahren ist. Ehrlich gesagt empfinden wir das als einen Schlag ins Gesicht. … Außerdem ist das Krankenhaus nur schwer zu erreichen, es gibt nur die Zufahrt durch ganz Hachenburg, im Feierabendverkehr wird es da echt schwierig. … Das Krankenhaus in Kirchen ist ebenfalls hochgradig sanierungsbedürftig. Dazu steht es sehr nahe an der Sieg und ist hochwassergefährdet. Regelmäßig stehen mindestens die Personalparkplätze unter Wasser. Bei einem ähnlichen Hochwasser wie an der Ahr im Jahr 2021 wäre das Krankenhaus in Kirchen nicht zu retten. Aufgrund der Klimaveränderungen muss aber mit zunehmenden Hochwasserereignissen gerechnet werden, und auch solche Szenarien sollten in Planungen eingeschlossen werden. Die Intensivstation, die OP-Säle, die Sterilisationsabteilung – das alles ist im Untergeschoss angesiedelt und wäre bei einem entsprechenden Hochwasser schnell überflutet. Danach würde es Monate dauern und Millionen Euro kosten, bis das Krankenhaus wieder in Betrieb gehen könnte – falls das überhaupt möglich wäre. … Das Krankenhaus in Altenkirchen ist grundsaniert und kann sofort wieder in Betrieb genommen werden. Es ist über die Umgehungsstraße schnell erreichbar, ohne dass sich der Rettungsdienst oder Patienten durch die ganze Stadt quälen müssen. Das Krankenhaus ist auch hinsichtlich des Umweltschutzes und künftigen höheren Auflagen gut aufgestellt, denn es verfügt über eine zentrale Anlage zur Anästhesiegas-Absorption, hat Datenleitungen für einen Magnetresonanztomographen, und die Heizung ist problemlos erweiterbar für eine Aufstockung oder einen Erweiterungsbau. Das ganze Gelände ist bereits erschlossen, und es ist problemlos Platz für einen Erweiterungsbau.“

Die geografische Situation
„Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass es im Umkreis von 30 km um das Krankenhaus Kirchen herum insgesamt 1.934 Krankenhausbetten gibt - Kreiskrankenhaus Siegen: 562 Betten (Google Maps: 23,1 km – 26 Minuten), St. Marienkrankenhaus Siegen: 401 Betten (Maps 20,4 km – 25 Minuten), Jung-Stilling-Krankenhaus Siegen: 483 Betten (Maps: 19,2 km – 25 Minuten), Freudenberg: 168 Betten (Maps: 15,3 km – 18 Minuten), Waldbröl: 320 Betten (Maps: 30 km – 37 Minuten). Da macht ein Zentralkrankenhaus mit mindestens 400 Betten definitiv keinen Sinn, weil es wirtschaftlich immer in Konkurrenz zu den anderen Häusern stehen wird.“

Vier Krankenhäuser im WW-Kreis
„Sie wiederholen gerne, dass die Gesundheitsversorgung nicht an Kreis- oder Landesgrenzen endet. Das gilt aber nicht nur für den Kreis Altenkirchen, sondern dann bitte auch für den Westerwaldkreis! … Der Westerwaldkreis hatte am 31. Dezember 2023 206.709 Einwohnern. Auf diese Einwohnerzahl kommen vier Krankenhäuser mit insgesamt 690 Betten: Hachenburg: 179 Betten, Selters: 103, Dernbach: 225 und Montabaur: 183. Das entspricht 300 Einwohner je Bett. Altenkirchen hatte am 31. Dezember 2023 131.907 Einwohner und hat ein Krankenhaus in Kirchen mit 279 Betten. Das sind 473 Einwohner je Bett. Das ist ein Faktor von 1,5 mehr als im Westerwaldkreis. … Es wird von Ihnen selbstverständlich angenommen, dass die angrenzenden Landkreise die Versorgung für die Menschen aus dem Kreis Altenkirchen mit übernehmen. Zum Beispiel Eitorf: Eitorf ist ein Krankenhaus mit 85 Betten und für die Versorgung des an RLP angrenzenden Teil des Rhein-Sieg-Kreises zuständig und übrigens auch mit nur 85 Betten als bedarfsrelevant eingeschätzt. Das Krankenhaus Eitorf ist prinzipiell zuständig für Windeck, Eitorf, Uckerath, Blankenberg, Ruppichteroth, etc. Ein Krankenhaus mit 85 Betten! Aber Sie erwarten, dass dort dann auch noch Patienten aus dem Kreis Altenkirchen aufgenommen werden?! Das Gleiche gilt für das Krankenhaus in Dierdorf. Dieses Krankenhaus hat 95 Betten und ein großes Einzugsgebiet. Aber auch hier erwarten Sie, dass die Patienten aus dem Kreis Altenkirchen mitversorgt werden. Ihnen ist bewusst, dass da offenbar völlig unterschiedliche Maßstäben angelegt werden?!“

Im Kreistag ganz anders angehört
„Was wir nicht verstehen, ist Ihre Aussage, dass Sie sich gewünscht hätten, dass der Kreis Altenkirchen die Krankenhäuser übernimmt. Das hat sich bei Ihren beiden Besuchen im Kreistag ganz anders angehört. Dort haben Sie die Möglichkeit der Übernahme durch den Kreis tatsächlich angesprochen, aber Sie haben das mit mahnenden Worten getan. Tatsächlich haben viele Kreistagsmitglieder und Besucher der Sitzung Ihre Worte – die im Beisein von Herrn Gonzáles ausgesprochen wurden – als Warnung verstanden im Sinne von: ,Wenn der Widerstand hier weiter so hochgehalten wird, könnte der Träger auf die Idee kommen und das Krankenhaus in Kirchen schließen und dann musss der Kreis übernehmen. Wollt ihr das angesichts der finanziellen Situation wirklich?‘ Sie haben erzählt, Sie wüssten, was das für eine Belastung sei, eine Klinik als Kreis zu tragen, immerhin würden Sie das aus Andernach kennen. In Ihrer Antwort an uns stellen Sie es jetzt so dar, als hätten Sie die Übernahme der Trägerschaft durch den Kreis Altenkirchen als sinnvoll erachtet. Das haben wir so in keiner der beiden Sitzungen gehört.“

Keine Grundversorgung in Hachenburg
„Sie halten weiterhin daran fest, dass das Krankenhaus in Altenkirchen nicht bedarfsrelevant sei. Zitat: ,Das Krankenhaus in Altenkirchen ist deshalb und solange nicht sicherstellungsrelevant, wie es die sicherstellungsrelevanten Häuser in Kirchen und Hachenburg gibt.‘ Wir und viele andere haben Sie wiederholt darauf hingewiesen, dass Hachenburg kein Krankenhaus der Grundversorgung ist! Sie haben uns damals im Gespräch nach der Kreistagssitzung erläutert, dass die Krankenhausreform auch deshalb wichtig sei, damit die Krankenhäuser genauer melden müssten, welche Leistungen sie tatsächlich anbieten und dass derzeit ja nur ,Chirurgie’ oder ,Innere Medizin’ gemeldet werden müssten. Welche Leistungen dann tatsächlich angeboten würden, wäre nicht meldungsrelevant und läge deshalb den entsprechenden Stellen nicht vor. Sie haben jedoch die Information von uns erhalten, dass in Hachenburg keine Bauchchirurgie stattfindet, die zur Grundversorgung zwingend dazugehört. Und obwohl Sie diese Kenntnisse haben, behaupten Sie weiterhin, dass Hachenburg sicherstellungsrelevant sei. Damit sagen Sie wissentlich die Unwahrheit!“

Vorgeschobene Gründe
„Sie verhindern die Wiederaufnahme des Betriebs eines gut sanierten Krankenhauses der Grundversorgung in Altenkirchen, schließen dieses Krankenhaus aus – unserer Meinung nach – vorgeschobenen Gründen von der medizinischen Versorgung aus und nehmen in Kauf, dass viele Menschen deutlich weitere Wege zur stationären Versorgung und zur Notfallversorgung haben, obwohl Sie ganz genau wissen, dass das ,spezialisierte’ Krankenhaus in Hachenburg diese Leistungen nicht übernimmt und auch in Zukunft aufgrund zu weniger OP-Kapazitäten nicht übernehmen kann! Obwohl Sie wissen, dass die Menschen von den Notaufnahmen weggeschickt werden. Was die Sicherstellung angeht, spielt es unserer Meinung nach keine Rolle, wenn Hachenburg ab Juni Teil eines Verbundkrankenhauses wird. Denn es zählt der Standort des Krankenhauses, nicht die Trägerschaft bzw. die Organisationsform. Noch einmal zurück zur Finanzierung der Generalsanierung des Krankenhauses Hachenburg: Sie sprechen sich in Ihrer Antwort für ein Zentralkrankenhaus mit zwei Regiokliniken an den anderen Standorten aus. Sie schließen ein generalsaniertes, zukunftsfähig ausgebautes Krankenhaus von der stationären Versorgung aus. Sie genehmigen für das Krankenhaus in Hachenburg die Finanzierung der Generalsanierung.“

Eindeutige Politik gegen Altenkirchen
„Was genau machen Sie da? Sie sagen das eine (Zentralkrankenhaus) und machen das andere (Millionen für eine Generalsanierung). Sie betreiben eindeutige Politik gegen Altenkirchen und für Hachenburg. Ist Ihnen klar, wie das auf die Menschen im Kreis Altenkirchen wirkt? Da werden jetzt Millionen an Steuergeldern ausgegeben, nur weil Hachenburg ertüchtigt werden soll, während das Krankenhaus in Altenkirchen fast leer steht. Das alles nur, weil gewisse Personen nicht in Altenkirchen arbeiten wollen und andere unbedingt ein ,tolles’ Krankenhaus in Hachenburg haben wollen? Das ist aus unserer Sicht inakzeptabel. ...Auch die Menschen aus dem Kreis Altenkirchen zahlen Steuern und Krankenkassenbeiträge und sollen jetzt eine Generalsanierung mitfinanzieren, die so nicht notwendig wäre, wenn Sie das Haus in Altenkirchen wieder in Betrieb gehen lassen würden. Sie sind auch den Menschen im Kreis Altenkirchen verpflichtet, nicht nur denen im Westerwaldkreis! Die Menschen aus Hachenburg haben mit ihren Steuergeldern auch die Sanierung von Altenkirchen mitbezahlt, die jetzt völlig überflüssig erscheint, weil Sie das Krankenhaus als nicht bedarfsrelevant erachten. Das sind also im Grunde ,rausgeschmissene’ Steuergelder, die Ihre Partei zu verantworten hat. … Wir möchten, dass Sie unsere Argumente, die mehr als stichhaltig sind, anerkennen und darauf antworten. Auch wenn das Ihrer Partei nicht gefällt. Aber Sie sind als Minister in erster Linie den Menschen verpflichtet und nicht Ihrer Partei. Sie haben einen entsprechenden Eid geschworen. Unserer Meinung nach gehört zu Ihrer Verpflichtung den Menschen gegenüber auch ein verantwortungsvoller Umgang mit den Ihnen anvertrauten Steuergeldern. Ein mit Steuermitteln gut saniertes Haus wird „stillgelegt“ aufgrund falscher Tatsachen. Stattdessen wird ein anderes Haus wieder mit Steuermitteln generalsaniert, weil unbedingt daran festgehalten werden muss. Das hat nichts mit vertrauensvollem Umgang mit Steuergeldern zu tun! Wir sind inzwischen in Deutschland an einem Punkt angelangt, an dem auch Politiker erkennen sollten, dass sie auf die Menschen hören und nicht dem Parteizwang erliegen sollten.“ (vh)
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