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Nachricht vom 20.04.2025
Region
Leserbrief zur Absage der Lesung von Hamed Abdel-Samad
Die Lesung von Hamed Abdel-Samad in Altenkirchen am 15. Mai wurde abgesagt. Grund dafür sind seine Äußerungen bezüglich des Gaza-Konfliktes. Unser Leser Werner-Christian Jung äußert sich dazu.
Altenkirchen. Hamed Abdel-Samad sollte am 15. Mai aus seinem Buch "Der Preis der Freiheit" in Altenkirchen lesen. Diese Veranstaltung wurde allerdings abgesagt. Die Kuriere berichteten. Kuriere-Leser Werner-Christian Jung teilt dazu seine Meinung.

"Von Karfreitag und den Kreuzen der Gegenwart her betrübt mich die Absage der Vortragsveranstaltung mit dem Islamkritiker Abdel-Samad durch unseren Landrat. Seine Begründung: Keine Bühne für den Vorwurf des Völkermords in Gaza. Wie auch viele jüdische Intellektuelle kritisiert der Deutsch-Ägypter, wie die rechtsradikale israelische Regierung auf den Terror der Hamas reagiert. Denn die Zivilbevölkerung in Palästina wird bombardiert, vielfach herumgetrieben, ausgehungert - hunderttausendfach. Und selbst Rettungskräfte und Journalisten in Nahost werden getötet und zivile Infrastruktur, wie Krankenhäuser und die Wasserversorgung, gezielt zerstört. Gerade in der Passionszeit müssen uns doch Bilder vom Grauen und Leiden der Menschen aufrütteln!

Nach Bewertung einer UN-Sonderkommission, von Amnesty sowie Medico International und weiteren Hilfsorganisationen verstößt auch die Regierung Netanjahu in Gaza gegen die Völkermordkonvention. Letztere verbietet Handlungen, die mit der Absicht begangen werden, nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppen im Ganzen oder teilweise zu vernichten. Dementsprechend hat der IStGH gegen Netanjahu und Galant Haftbefehle wegen vermuteter Kriegsverbrechen verhängt. Aber Netanjahu respektiert weder die Vereinten Nationen noch ihren Generalsekretär.

Gerade unsere Stolpersteine in Altenkirchen mahnen, rechtzeitig die Stimme zu erheben, wenn neue Vertreibungen und Schikanen begangen werden, sei es durch Hamas-Terror oder durch Riviera-Phantasien eines amerikanischen Präsidenten. Wir müssten als Deutsche verzweifeln an der Regierung Netanjahu, die ihr eigenes Volk verrät, indem sie laufend gegen jüdische Werte verstößt, aber seine Menschen nicht schützte, als die Hamas ihren Terror über Israel brachte. Stattdessen war die Staatsgewalt damit beschäftigt, gewalttätige Siedler in der Westbank zu schützen.

Nicht erst die Bergpredigt fordert, Rachestrategien aufzugeben. Schon in der hebräischen Bibel wird zur Mäßigung im Konflikt aufgefordert (5 Mose 32,35). Stattdessen erleben wir eine ins Unvorstellbare übersteigerte Vergeltung. Wie soll diese Eskalation je wieder in friedfertige Nachbarschaft münden?

Die Stolpersteine mahnen uns: Völkermord darf sich nicht wiederholen, weder an Juden noch an Palästinensern - auch das muss deutsche Staatsräson sein.
Es wäre menschenrechts- und demokratieförderlich, wenn entgegen aller Boykottaufrufe doch noch Abdel-Samad islam- und israelkritische Stimme in Altenkirchen gehört werden könnte!"
Werner-Christian Jung, Altenkirchen
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