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Nachricht vom 31.05.2012
Region
Kreis-Grüne besuchten Westerwald-Werkstätten
Der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen besuchte in Wissen einen der vier Standorte der Westerwald-Werkstätten, die Westerwald Industrie Service GmbH, deren Arbeit psychisch Kranken Halt und Normalität bieten soll. Die Einrichtung beschäftigt und betreut eine Vielzahl von Menschen und bereitet diese auf den Übergang zum Arbeitsmarkt vor.
Jochen Krentel (links) erläutert Tobias Müller-Roden (zweiter von links) den Montageablauf. Im Vordergrund die Besucher von Bündnis 90/Die Grünen Markus Holschbach, Friedrich Hagemann, Dr. Rudolf Beyer und Volker Schütz (vorne dritter bis fünfter von links). Im Hintergrund Fertigungsleiter der WIS Mike Junghanns im Gespräch mit Anja Höhler, Leiterin des Sozialen Dienstes der WIS.Wissen. Der Kreisverband von Bündnis 90/Die Grünen hat das Angebot der Westerwald Industrie Service GmbH(WIS), sich vor Ort einen Einblick in die Arbeit und Probleme des Ablegers der Westerwald Werkstätten GmbH zu verschaffen, dankend angenommen. Dazu besuchte der Kreisverband eine der ehemaligen Hoesch-Hallen (heute Brucherseifer GmbH) in Wissen.

Die Westerwald Industrie Service GmbH ist den Westerwald Werkstätten GmbH angegliedert, einer Gesellschaft des Vereins Lebenshilfe im Kreis Altenkirchen, der zurzeit 88 Menschen mit psychischer Erkrankung mit einem breiten Angebot zur beruflichen Qualifikation beschäftigt, betreut und behutsam auf einen Übergang hin zum Arbeitsmarkt vorbereitet.

„Die Idee einer Einrichtung nur für psychisch Kranke ist bereits um 1990 entstanden, mit einem speziellen Angebot, das der Tatsache Rechnung trägt, dass bei diesen Menschen die Aussichten, auf den ersten Arbeitsmarkt zu kommen oder sogar zurückzukehren, wesentlich besser sind als bei vielen anderen der von uns Betreuten. Wer aber weiß, dass zum Beispiel auch Menschen mit einem Burnout zu uns kommen, der kann sich vorstellen, dass besonders bei psychisch Kranken ganz behutsam vorgegangen werden muss. Das geht nur mit einer intensiven Betreuung, das geht nur, wenn nicht zu viel auf einmal verlangt wird“, so Geschäftsführer Jochen Krentel.

Das Prunkstück der Westerwald Industrie Service GmbH, die auch in den Bereichen Montage, Verpackung oder auf Außenarbeitsplätzen derzeit 20 Personen schult, fertigt, betreut und beschäftigt, ist die Elektromontage. Dabei werden in einer Gruppe von bis zu 16 Personen, die von je einem Gruppenleiter und -helfer betreut werden, vor allem Schaltschränke für Unternehmen aus dem Kreis und der näheren Umgebung gefertigt. „Die Qualität stimmt selbst bei derart hochkomplexen Arbeiten. Deshalb haben wir auch viele Stammkunden. Wir müssen nur anders kalkulieren“, so Mike Junghanns, technischer Leiter, „Wir kalkulieren mit einem täglichen Pflegesatz und Produktionserlösen, deren Verwendung streng geregelt ist. Die Erlöse werden zu mindestens 70 Prozent als Löhne an die behinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgezahlt.“ Normal, also arbeitnehmerähnlich, sind auch die Beschäftigungsverhältnisse in Wissen. Dazu Krentel: „Die Beschäftigungsverhältnisse sind sozialversicherungspflichtig, das hat für die Beschäftigten den großen Vorteil, dass sie renten-, kranken- und pflegeversichert sind.“ Auf die Frage, wo die Probleme im Wettbewerb liegen, sagte Krentel weiter: „Es wäre schön, wenn wir auch von der Politik als anerkannter Teil des Wirtschaftslebens gesehen würden. Denn so kommen wir bei dem Argument der Politik und der Wirtschaftsverbände: „Ihr seid doch ein Sozialbetrieb!“ nie in den Genuss einer Infrastrukturförderung, wie sie mittelständische Unternehmen bekommen." Und als mittelständisches Unternehmen können sich die Westerwald-Werkstätten an ihren vier Standorten im Kreis mit 450 Beschäftigen und 120 Angestellten durchaus sehen.
„Bei unserem ländlichen Einzugsgebiet ist die Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes für viele Kranke ein riesiges Problem, trotz der zentralen Lage am Wissener Bahnhof. Mit Sicherheit könnten wir noch mehr Plätze besetzen, wenn wir entsprechende Möglichkeiten der Unterbringung oder eine bessere Anbindung hätten“, so Mike Junghanns.

Tobias Müller-Roden, Sprecher im Grünen-Kreisvorstand, äußerte sich wie folgt: „Im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Angeboten des ÖPNV müssen wir im Kreis auch unter dem Gesichtspunkt des demografischen Wandels auf eine Verbesserung hinarbeiten. In Bezug auf die Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Mitte unserer Gesellschaft unterstütze ich die Strategie von Herrn Krentel und seinem Team, im Leben eines Menschen mit der Integration so früh wie möglich zu beginnen. Nicht zuletzt deshalb unterstützen wir als Bündnis 90/Die Grünen die Einrichtung von Schwerpunktschulen Integrationsklassen. Inklusion muss täglich gelebt werden und darf keine Worthülse sein.“
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