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Nachricht vom 14.10.2012
Region
16. Oktober: Vor 25 Jahren starb Joseph Höffner
Am 16. Oktober, vor 25 Jahren starb Joseph Höffner - der Kardinal aus dem Westerwald. Sein Leitmotiv "Soziale Gerechtigkeit und soziale Liebe" spiegelt sich bis heute in seine Werken wider. 1962 erschien sein wohl berühmtestes Werk: "Christliche Gesellschaftslehre", es wurde weltweit bekannt und in viele Sprachen übersetzt.
Horhausen. An Heiligabend im Jahr 1906 wurde in Horhausen Joseph Höffner als erstes von sieben Geschwistern geboren.
Zu seiner Familie und zur Region hielt er eine lebenslange Bindung. So liebte und pflegte er, der viele Fremdsprachen beherrschte, zeit seines Lebens seine Westerwälder Mundart. Der Bauernhof der Familie Höffner stand im Herzen des Dorfes nahe der 1904 eingeweihten St. Maria Magdalena Kirche, dem Mittelpunkt der Menschen.
Die meisten Männer arbeiteten in den Eisenerzgruben, die Bauern rangen dem kargen Boden die Erträge ab. Seine Verbundenheit zur Heimat und seine bäuerliche Herkunft prägten Joseph Höffner zeitlebens.
Sein Pfarrer bereitete ihn auf das Gymnasium vor, das er erst in Montabaur besuchte. 1922 wechselte er auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier, wo hundert Jahre zuvor Karl Marx das Abitur abgelegt hatte ebenso wie später der bedeutende Jesuit und Sozialethiker Oswald von Nell-Breuning.
Man mag es für eine „List“ der Geschichte halten, dass hier zwei katholische Gelehrte aufwuchsen, die den marxistischen Monopolanspruch auf soziale Problemlösung erfolgreich abwehrten, indem sie sich maßgebend an der sozialen Ausgestaltung der Marktwirtschaft beteiligten.

Nach dem Abitur 1926 trat Höffner ins Trierer Priesterseminar ein. Dort erkannte man schnell seine überragende Begabung, denn schon sechs Monate später wurde er zum Studium nach Rom geschickt. 1932 wurde er zum Priester geweiht. Seine römischen Studien schloss er 1934 mit einer Doktorarbeit ab, deren Thema zum Leitmotiv und Programm seines Lebens wurde: „Soziale Gerechtigkeit und soziale Liebe“. Es ist eine Darstellung der „Grundpfeiler katholischer Gesellschaftsethik“. Rechte und Pflichten ergänzen sich. Eine Gesellschaft gedeiht erst durch den freiwilligen Überschuss sozialer Liebe als sittlicher Tugend, welche die soziale Gerechtigkeit und damit das Gemeinwohl über das Notwendige und Selbstverständliche hinaus vervollkommnet.

Joseph Höffners weltweites Ansehen als Künder der Soziallehre der Kirche und sein Einsatz für das Zusammenwachsen der Weltkirche hatten ihre Wurzeln in seinen Studienjahren in Rom. Bereits dort begegnete er der Weltkirche. Diese Erfahrungen und seine Studien über Menschenwürde und Völkerrecht schärften seinen Blick für die internationalen Fragen. Sie werden vor allem in seinen Hauptwerken „Soziale Gerechtigkeit und soziale Liebe“ sowie „Christentum und Menschenwürde“ angesprochen.
Höffner kehrte nach Deutschland zurück und wurde Kaplan in Saarbrücken wo er erste Erfahrungen in der Seelsorge machte. Der Trierer Generalvikar stellte Höffner zu weiteren Studien frei und schickte ihn 1937 nach Freiburg, wo er eine zweite theologische Doktorarbeit verfasste („Bauern und Kirche im deutschen Mittelalter“) und Nationalökonomie studierte. Als „studierter Volkswirt“ (er wurde 1941 in Freiburg i. Br. als Schüler des großen Nationalökonomen Walter Eucken mit der Arbeit „Wirtschaftsethik und Monopole im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert“ zum Dr. rer.pol. promoviert) war er prädestiniert, wirtschaftliche, soziale und ethische Gegebenheiten in ihrer Verknüpfung zu sehen.

Im Vorwort seiner Doktorarbeit „Bauern und Kirche im deutschen Mittelalter“ wurde seine kritische Einstellung zum nationalsozialistischen Totalitarismus deutlich: „Unter Rassen und Völkern, die kommen und vergehen weiß sich die Kirche frei und unabhängig, denn ihr tiefstes Sein „ist weder jüdisch noch römisch noch griechisch; es ist nicht arisch, nicht mongolisch, nicht afrikanisch. Sehr klar war seine Absage an den religiös-politischen Fundamentalismus in der Zeit des Nationalsozialismus.
In der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft rettete er in Kail das jüdische Mädchen Esther Sarah Majorowitz vor dem Zugriff der Nationalsozialisten; in Horhausen fand auf seine Bitte hin im Hause seiner Schwester Lena Hesseler das verfolge Ehepaar Dr. Hans und Dr. Edith Nowak Unterschlupf und dadurch Rettung. In Israel wurden Joseph Höffner (posthum) und seine Schwester im Jahre 2004 dafür durch die Aufnahme als „Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt.
1945 wurde Höffner zum Professor für Pastoraltheologie am Priesterseminar in Trier ernannt. 1951 nahm er den Ruf nach Münster auf den Lehrstuhl für christliche Sozialwissenschaft an und gründete das „Institut für Christliche Sozialwissenschaften“.
Er wurde Berater in wissenschaftlichen Beiräten der Bundesministerien für Familien- und Jugendfragen, für Wohnungsbau, für Arbeit und Sozialpolitik.
Er arbeitete an einem Gutachten zum Familienlastenausgleich, an Modellen zur Kapitalbildung und Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer, an Vorschlägen zum dynamischen Rentensystem und zum partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Arbeitern und Unternehmern. Er hatte von 1951 – 1962 die Aufgabe des „Geistlichen Beirates“ des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) übernommen. 1962 veröffentlichte er sein Lehrbuch „Christliche Gesellschaftslehre“, es wurde in viele Sprachen übersetzt und gilt bis heute als Standardwerk mit weltweiter Verbreitung.

Am 14. September 1962 wurde Höffner zum Bischof von Münster geweiht. Wenige Wochen später nahm er an der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils teil, das er maßgeblich beeinflusste. „Der Christ darf nicht mürrisch am Zaun der Welt stehen und ärgerlich zusehen, was drinnen geschieht. Er muss über den Zaun steigen und handelnd und helfend mitten in der Welt von heute gegenwärtig sein als Salz und als Sauerteig!“ Diesem seinem oft formulierten Anspruch folgte Höffner selbst und er sah Kirche und Staat als einander zugeordnet. Beide hatte er aufgerufen, das Gemeinwohl zu verwirklichen im Dienst der Menschen. Er setzte sich besonders für den Schutz des menschlichen Lebens ein. Immer setzte er auf die Kraft des Wortes und vermittelte klare Orientierung in einer verwirrten und verwirrenden Zeit.

In Münster sollte Höffner nicht lange Bischof bleiben. Ende 1968 wurde er Nachfolger des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings und im gleichen Jahr von Papst Paul VI. zum Kardinal erhoben. Nach dem plötzlichen Tod von Kardinal Döpfner wählten die deutschen Bischöfe 1976 Höffner zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Deren Stellungnahmen wurden durch die Handschrift Höffners stark geprägt. Auf der Herbstvollversammlung in Fulda hielt er 1977 die erste seiner großen Grundsatzreferate: „Bischof Kettelers Erbe verpflichtet“. Im Trend zum Versorgungsstaat sah Höffner Eigenverantwortung, Freiheit und Selbstständigkeit bedroht. In Anlehnung an Ketteler sagt er: „Ein Staat, der keine sittlichen Grundwerte anerkennen, sondern sich mit einer irgendwie funktionierenden äußeren Ordnung begnügen wollte, würde zerfallen. Recht und zeitübergreifende Sittlichkeit lassen sich nicht voneinander trennen. Vielfalt ist nur im Rahmen eines Ordnungsgefüges möglich, aber „das Grundgesetz ist kein Wechselrahmen mit einem der jeweiligen öffentlichen Meinung angepassten Inhalt. Vielfalt als solche besitzt keine integrierende Kraft. Ein totaler Pluralismus würde sich zerstörerisch auswirken.“

Im achten Lebensjahrzehnt nahm sein Wirken eine weltkirchliche Dimension an. Schon die Wahl Karol Wojtylas zum Papst ließ seinen großen Einfluss erkennen. Der frühere Erzbischof von Krakau war ihm durch viele Begegnungen vertraut, in denen es um die Versöhnung Deutschlands mit den Polen ging. Johannes Paul II. fand in Höffner einen verlässlichen Ratgeber. Der Kölner Kardinal nahm an fünf römischen Bischofssynoden teil, bereiste im Auftrag des Papstes Länder und Ortskirchen in aller Welt. Weithin galt und gilt er als der Vertreter der katholischen Soziallehre schlechthin.
Am 14. September 1987, dem Tag seines silbernen Bischofsjubiläums, nahm der Papst seinen Amtsverzicht als Erzbischof von Köln an. Am 16. Oktober 1987 starb Joseph Kardinal Höffner. Er wurde im Hohen Dom zu Köln beigesetzt. (Josef Zolk)
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