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Nachricht vom 03.01.2014
Region
Pflegeversicherung stärken - das geht Jung und Alt an
Die fünf Säulen der sozialen Absicherung in Deutschland sind in dieser Konstellation einmalig und es gilt sie zu schützen und zu stärken, im Sinne der Menschen. 1883 entstand die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), 1884 die gesetzliche Unfallversicherung (UV), 1889 die Rentenversicherung (RV), die 1957 grundlegend reformiert wurde. Die Arbeitslosenversicherung geht auf das Jahr 1927 zurück, die Pflegeversicherung 1995. Das jüngste "Kind" der Sozialen Sicherung geht alle an, denn jeder kann pflegebedürftig werden.
Pflegeversicherung - ein Thema für alle Altersgruppen. Foto: Helga Wienand-SchmidtRegion. Über zwei Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit pflegebedürftig, Tendenz steigend. Prognosen rechnen für das Jahr 2030 mit über drei Millionen Pflegebedürftigen. Hierbei stellt die Hilfebedürftigkeit für Demenzkranke eine schwer einschätzbare Größe dar.

In Deutschland leben gegenwärtig etwa 1,3 Millionen Menschen mit einer mittelschweren bzw. schweren Demenz. Da die Zahl der älteren Menschen bei uns zunimmt, wird auch die Zahl der Demenzpatienten zunehmen. Der Begriff Demenz steht für eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen die geistige Leistungsfähigkeit der Betroffenen überdurchschnittlich nachlässt. Im Frühstadium ist es Vergesslichkeit, im weiteren Krankheitsverlauf lässt häufig der Orientierungssinn nach, hinzu kommen Sprachstörungen und Persönlichkeitsveränderungen bis zum Verlust jeglicher Alltagskompetenz.

Das Auftreten einer Demenz hängt von vielen Faktoren ab. Neben genetischen Risikofaktoren, kann auch der Lebensstil eine Rolle spielen. Positive Einflüsse können von geistigen und körperlichen Betätigungen sowie normalem Gewicht ausgehen, um die Demenzrisiken in Folge von hohem Blutdruck oder Diabetes zu reduzieren.
Wegen ihrer höheren Lebenserwartung sind 70 Prozent der Betroffenen Frauen und nur 30 Prozent Männer. Die Zahl der Erkrankten nimmt aufgrund der demografischen Veränderungen stark zu. Demenzen beginnen in den seltensten Fällen vor dem 65sten Lebensjahr. Derzeit leiden in der Bundesrepublik – je nach Expertenschätzung – zwischen einem und fünf Prozent der 65 bis 69 – Jährigen an einer Demenz. Danach verdoppelt sich die Anzahl der Erkrankten etwas alle fünf Jahre, so dass bei den 90-Jährigen jede dritte Person betroffen ist (Quelle: Max Plack Institut).

Die zu erwartenden Zahlen verdeutlichen die anstehenden Aufgaben und stellen große Herausforderungen dar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Demenzen nicht nur für die Betroffenen besonders schwere Krankheitsformen darstellen, sondern auch für die Pflegenden besondere Belastungen mit sich bringen (können). Hinzu kommt, dass Demenzerkrankungen zu den teuersten Krankheitsgruppen gehören und einen besonders hohen Pflegebedarf erfordern.

Artikel 1 unseres Grundgesetzes sagt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, wenn das keine Leerformel sein soll, hat dies notwendigerweise Konsequenzen,
unabhängig davon, in welchem körperlich-seelischen oder geistigen Zustand der Mensch sich befindet:
- Für den Einzelnen
- Für die Familien
- Für den Gesetzgeber
- Für die Sozialversicherungsträger
- Für das Gesundheitssystem
- Für die Kommunen
Dabei wird es immer schwieriger, den Anspruch auf eine würdevolle Pflege zu erfüllen. Ursächlich hierfür sind veränderte Lebensumstände und gesellschaftliche Veränderungen und die steigende Anzahl der zu Pflegenden, die mit der steigenden Lebenserwartung einhergeht. Obendrein gelingt die überwiegende Versorgung durch die Familie, wie in der Vergangenheit geschehen, immer seltener. Daher müssen unterschiedlichste Versorgungsformen (ambulant, teilstationär, stationär) angeboten werden. Darüber hinaus ist deren ausreichende und stabile Finanzierung von Bedeutung.

Gute Pflege benötigt eine qualitativ und quantitativ ausreichende Personalausstattung. Hierzu ist unbedingt die Erhöhung der Ausbildungsplätze in unserem Land erforderlich. Darüber hinaus brauchen wir in Deutschland durch verbindliche Personal-Ausstattungsschlüssel und angemessene tarifliche Entlohnung attraktivere Angebote für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die überörtlichen Sozialhilfeträger und die Pflegekassen müssen verpflichtet werden, bei den entsprechenden Pflege- und Entgeltsätzen die tariflichen Lohnkosten anzuerkennen und zu bezahlen.
Pflege darf nicht zum Armutsrisiko werden. Menschen, die nicht durch die Mithilfe ihrer Familie oder hohe eigene Finanzmittel Zugang zu einer guten Versorgung haben, denen muss die notwendige Pflege und Betreuung durch die Pflegeversicherung oder öffentliche Kostenträger gesichert werden.

Zur Weiterentwicklung der unter Norbert Blüm 1995 dankenswerterweise eingeführten Pflegeversicherung besteht erheblicher Handlungsbedarf. Dazu gehören die Erweiterung des Pflegebegriffs, die Beachtung der individuellen Vorstellungen von Betroffenen und ihren Familien, attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen und eine angemessene öffentliche Wertschätzung und Bezahlung der in den Pflegeberufen Tätigen.
Diese Aufgaben sind nur in Kooperation aller Beteiligten und dem Wissen, dass dies alles viel kostet, zu bewältigen. Die Einführung der Pflegeversicherung und der damit verbundene Aufbau einer neuen Säule der Sozialversicherung waren der Weg in die richtige Richtung. Der demografische Wandel, die damit verbundene höhere Lebenserwartung und die Änderungen in den Familienstrukturen erfordern neue emotionale, soziale und materielle Leistungen und organisatorische Strukturen.

Dazu gehören:
Maßgeschneiderte Leistungen für Pflegebedürftige,
Selbstbestimmte und qualitativ hochwertige Pflege in allen Bereichen,
Engere Zusammenarbeit zwischen den Kliniken und den Pflegeeinrichtungen,
Stärkung der häuslichen Pflege
Mehr Leistungen für Demenzkranke
Präventions- und Rehabilitationsangebote

Beratung und Hilfestellung
Unterstützung und Anerkennung für Angehörige
Umfassende Beratung
Entlastungsstrukturen für pflegende Angehörige
Bessere Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Unterstützung der Selbsthilfe

Das fehlt noch
Bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen
Wertschätzung und Anerkennung für die Beschäftigten
Attraktivere Arbeitsbedingungen und tarifliche Bezahlung
Investition in gut ausgebildete Fachkräfte
Nachwuchsförderung
Nachfrageorientierte Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in öffentlichen und privaten Fachseminaren

Solide Finanzierung
Solidarische und paritätische Finanzierung
Erhöhung der Einnahmebasis im Umlagesystem
Keine einseitige Belastung der Versicherten
Dynamisierung der Leistungen

Die Große Koalition setzt einen deutlichen Schwerpunkt im Gesundheitswesen für den Bereich der Pflege. Das ist notwendig, denn die Herausforderungen sind drängend und die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen brauchen Unterstützung. Das alles kostet Geld und darüber wird heftig gestritten werden, wie die Erfahrungen schon beim Aufbau der Pflegeversicherung gezeigt haben. Wenn zielorientiert und nicht ideologisch diskutiert wird, ist das sinnvoll und gut.

Aber: Niemand soll dabei vergessen: Pflegebedürftigkeit kann jeden treffen. Wenn also nicht die soziale Verantwortung für die Stärkung der „Pflege“ ausreicht, vielleicht hilft dann die egoistische Sicht, dass eben jeder pflegebedürftig werden kann. Autor: Josef Zolk
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