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Nachricht vom 16.03.2014
Kultur
THE LORDS in Altenkirchen - Einfach nur grandios
Das Publikum in der Altenkirchener Stadthalle geriet schnell in Stimmung und wollte mehr: Die Deutsch-Rocklegende "THE LORDS" gewährte am Ende eines grandiosen Konzertes natürlich Zugaben und die Band lieferte bis zur letzten Sekunde Perfektion pur und riss die Leute zu Begeisterungsstürmen hin. Kommt wieder!
Ein grandioses Konzert gab es mit der \"ältesten Rockband der Welt\" in der Stadthalle Altenkirchen. 55 Jahre Bühnenerfahrung von \"THE LORDS\" brachte das Publikum heftig in Schwung. Fotos: Roland FlierAltenkirchen. Rentnerband ist anders: Was das Alter ihrer Truppe betrifft, stellen sie die Stones, die Kinks und die Yardbirds (alle noch bühnenpräsent) locker in den Schatten. Nicht ohne Stolz nennen sie sich „die älteste Rockgruppe der Welt“, und mit 55 Bandjahren sind sie das – wer wollte ihnen das streitig machen? - höchstwahrscheinlich auch.

Doch wer zittrige Greise am Krückstock auf Altenkirchens Stadthallenbühne erwartet hatte, rieb sich die Falten um die Augen vor der sprühenden Vitalität und dem zähen Durchstehvermögen des gereiften Quartetts. Ach was: Die alten Herren aus Berlin rissen die jung gebliebenen alten Altenkirchner zu Begeisterungsstürmen und wahren Jubeltänzen hin. Vorsicht Arthrose, haltet fest die Prothese: THE LORDS are in town!

Hätte es angesichts solch einer Bombenstimmung überhaupt eines Vorprogramms, eines Kontrastprogramms, bedurft? Aber klar doch! Der Veranstalter, das Kulturbüro/Jugendkulturbüro Haus Felsenkeller hatte sich sicher etwas dabei gedacht, die Nachwuchstruppe „Babyflippers“ als Entreé zu bringen. Die vier sympathischen jungen Schweizer – im Vergleich zu den LORDS sind sie Kinder - taugten super zum Vergleich. Mit ihren harten, lauten Beats konnten sie hinsichtlich Klangvolumen durchaus mit dem Topact des Abends mithalten. Auch spielten sie in gleicher Instrumentierung: Leadgitarre, Rhythmusgitarre, Bass und Schlagzeug.

Doch das war’s denn auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Die Jungrocker aus Zürich und Basel brachten ausschließlich eigene Songs, eigenwillige Kompositionen mit teils skurrilen deutschen Texten. Das Publikum dankte es ihnen mit starkem Applaus. Und wer wird es ihnen angesichts ihrer Jugend verdenken, dass Virtuosität, Stimme, musikalische Perfektion und Bühnenreife noch ausbaufähig sind. Kein Einheizer also, sondern ein gelungener Kontrast ließ den Saal auf THE LORDS gespannt sein.

Und dann kamen sie! Die Ikonen der frühen Sechziger, die Deutschrocker der ersten Stunde. Das teutonische Gegenstück zu Beatles und Stones, die lebende Legende aus Zeiten, als das Wort „Krautrock“ noch lange nicht erfunden war. Und was taten sie? Sie nahmen auf Stühlen Platz! Aha, also doch: Das Alter hat auch sie nicht verschont, im Stehen geht’s wohl nicht mehr. Und Frontmann Lord Leo bestätigt sogar: Wir sind halt so alt, wir müssen leider im Sitzen spielen.
Natürlich nur ein Witz. In 55 Musikerjahren reifen eben nicht nur Geist und Charakter, sondern auch Humor und Selbstironie, was sich bei zahlreichen Anspielungen an das Alter durch den ganzen Abend zog. Und Balladen spielt man halt gerne auch mal im Sitzen: „Desperate World“, das langsame, traurige Stück machte den Opener. Aber nicht lange hielt es sie auf den Stühlen, die Altrocker auf der Bühne – und die im Publikum. Ausgerechnet der Jüngste, Schlagzeuger Lord Phillipe, durfte wie immer sitzen bleiben.

Die Stimmung stieg mit dem Bekanntheitsgrad ihrer Songs. Nach „People“ folgten mit „Roll over Beethoven“ die ersten Begeisterungsstürme. „Boys in love“, „Fire“, „Shakin‘ all over“ heizten weiter ein. Dann kündigte Lord Leo ein unbekanntes Stück an, von “ihren Freunden T-Rex“ extra für sie geschrieben: „Spitfire days”. Nostalgie hin oder her: Musikalisch war es einer der Höhepunkte.

Doch dann wieder die – von Leo selbst so genannten – Gassenhauer: „Greensleeves“, John Lee Hookers „Boom boom boom boom“, dann „Have a Drink on me“ und natürlich „Que sera?“. Unterbrochen von wenigen Balladen wie „Seven Daffodiles“ ging’s dann ganz in die Anfangszeiten zurück, als die Band noch „Skiffle Lords“ hieß und dementsprechend dem Gospel zuneigte: „Michael row the boat ashore“, „John Browns Body“ und natürlich „Gloryland“.

Und was hatten sich THE LORDS für den glorreichen Schluss aufgehoben? Kann es etwas anderes sein als ihr berühmtester Hit? Natürlich war es „Poor Boy“, der Song, der sie damals in Deutschland der breiten Masse bekannt machte. Aber auch der Song, der ihnen damals zu ihrem immerwährenden Image und zweifelhaftem Ruhm verhalf, nämlich das schlechteste Englisch diesseits des Ärmelkanals zu singen. Und, oh Wunder: 55 Jahre als Rampensau hat ihr einst so saumäßiges Englisch derart perfektioniert, als kämen sie nicht von Havel und Spree, sondern von Themse und Mersey.

Auch das hat das Altenkirchener Publikum natürlich bemerkt und dankend beklatscht. Längst war der Platz vor der Bühne dem Tanz gewidmet, und auf den Stühlen saß längst keiner mehr. Der Aufforderung zum Mitsingen und –klatschen hätte es kaum bedurft, und auch auf der Bühne kreisten die Greise in Tanzschritten um sich und die anderen. Bei so viel Witz und Hits verwunderte es nicht, dass nach dem Schlussakkord von „Poor Boy“ frenetisch um Zugabe gebrüllt und geklatscht wurde.
Die gab’s selbstverständlich, einem solch dankbaren Publikum wollte man nichts schuldig bleiben. Und nach einigen Oldie-Coversongs aus seligen Rhythm’n Blues-Zeiten wie „Johnny B. Good“ war das furiose Finale perfekt und den müden Gliedern oben wie unten ward Linderung gegönnt. Liebe LORDS, kommt bitte wieder. Und dann seid ihr hundertprozentig und unzweifelhaft und unangefochten und wirklich auch ganz, ganz sicher der historische Superlativ: die älteste Rockband der Welt!
Nachtrag:
Ein Freund von Kulturbürochef Helmut Noellgen hatte mit ihm gewettet: Die ollen Greise locken keine 30 Altenkirchner hinterm Ofen hervor. Die mit über 150 Zuschauern grandios verlorene Wette kam den Musikern in Form von zwei Fässchen Bier nach dem strapaziösen Auftritt äußerst gelegen. (Roland Flier)
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