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Nachricht vom 04.04.2014 |
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Kultur |
Giebelkreuz in Flammersfeld offiziell übergeben |
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Am Freitagmorgen, 4. April, fand im Garten des Raiffeisenhauses in Flammersfeld die offizielle Übergabe des vom österreichischen Raiffeisenverband gestifteten Giebelkreuzes statt. Zu diesem erfreulichen Anlass konnte Verbandsbürgermeister Josef Zolk zahlreiche Gäste willkommen heißen. |
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Flammersfeld. „Ich bin ausgesprochen dankbar, dass wir dieses Geschenk bekommen“, so Verbandsbürgermeister Josef Zolk anlässlich der offiziellen Übergabe des vom österreichischen Raiffeisenverband gestifteten Giebelkreuzes, welches fortan seinen Platz im Garten des Raiffeisenhauses in Flammersfeld hat.
Früher seien Giebelkreuze vielfach zum Schutz der Bewohner an Häuser angebracht worden, wie Zolk erklärte. Auch heute noch seien sie in Deutschland und Österreich weit verbreitet. „Gekreuzt dargestellt symbolisieren die beiden Pferde ein schützendes Dach, das für alle aufgerichtet ist. Sie sind ein altes Zeichen der festen Gemeinschaft und illustrieren das Leitwort Friedrich Wilhelm Raiffeisens“, so Zolk und zitierte, „Einer für alle – alle für einen.“ So gelte das Giebelkreuz bereits seit 1935 als einheitliches Markenzeichen des Raiffeisenverbundes, so Zolk und dankte nochmals für das in Innsbruck gefertigte Giebelkreuz.
Als „ein Zeichen ganz besonderer Verbundenheit“ bezeichnete Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes, das Geschenk aus Österreich und lobte den ebenfalls anwesenden Präsidenten des Österreichischen Raiffeisenverbandes, Dr. Christian Konrad, als einen Mann, der weit vorausschaut. Insbesondere im Süden Deutschlands könne man die Bündelung der Kräfte zwischen deutschen und österreichischen Raiffeisenorganisationen gut beobachten. Das Giebelkreuz stelle eine wunderschöne Verbindung und gleichzeitig auf ein historisches Denkmal dar, so Nüssel.
Der Präsidenten des Österreichischen Raiffeisenverbandes, Dr. Christian Konrad, erklärte, dass hinter diesem Geschenk der Gedanke stecke, zu verhindern, dass die Idee, die dahinter steckt, nicht in Vergessenheit gerät. „Die Idee Friedrich Wilhelm Raiffeisens lebt in diesem Lande“, so Konrad, „Wirtschaft ist für die Menschen da und nicht umgekehrt.“ Daher solle das Giebelkreuz von Flammersfeld aus nun über Deutschland strahlen.
Zu einer symbolischen Übergabe des Giebelkreuzes begaben sich die versammelten Gäste in den Garten des Raiffeisenhauses, wo das Geschenk eifrig bestaunt wurde.
Im Anschluss hielt Dr. Eckhard Ott, Vorstandsvorsitzender des DGRV, einen Vortrag zum Thema „125 Jahre Genossenschaftsgesetz – Wie aktuell ist die Genossenschaftsidee?“. Dabei ging Ott auf die einst revolutionäre Genossenschaftsidee ein und wie sich diese bis zum heutigen Tage entwickelt hat. So seien Genossenschaften inzwischen nicht nur in ihren traditionellen Bereichen fest verankert, sondern auch aus innovativen Bereichen, wie etwa dem der Erneuerbaren Energien, nicht mehr wegzudenken.
Das Schlusswort sprach der Vorsitzende der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft, Werner Böhnke. Er ließ anklingen, dass es wichtig sei, sich früheres wieder ins Gedächtnis zu rufen und gegen das In-Vergessenheit-geraten gearbeitet werden müsse. Er dankte den Vertretern des österreichischen Raiffeisenverbandes für ihr Geschenk und revanchierte sich im Gegenzug mit einer Büste Raiffeisens.
Nun warten die Genossenschaftsvertreter noch gespannt auf eine Entscheidung: es wurde der Antrag gestellt, die Genossenschaftsidee ins immaterielle Kulturerbe der UNESCO aufzunehmen – eine Entscheidung, die nun die Landesebene verlassen hat und auf Bundesebene getroffen werden muss. (bk)
Bewerbung um Aufnahme der „Genossenschaftsidee“ in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO
Die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft e. V. (Sachsen mit Sitz in Delitzsch) und die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft e. V. (Rheinland-Pfalz mit Sitz in Weyerbusch) bewerben sich gemeinsam um die Aufnahme der „Genossenschaftsidee“ mit ihren sozialen, kulturellen, ethischen, emanzipatorischen und ökonomischen Dimensionen, Werten und Traditionen in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission. Der Gemeinde- und Städtebund (GStB) Rheinland-Pfalz unterstützt und begrüßt diese Bewerbung.
Die Genossenschaftsidee beschreibt eine Form der bürgerlichen Selbsthilfe auf Grundlage von Kooperation. Solidarisches Fördern, Verantworten und Teilen stärken dabei individuelles Engagement und Selbstbewusstsein, ermöglichen soziale, kulturelle und ökonomische Partizipation und schaffen die Möglichkeit für aktive Mitgestaltung.
Die „Väter“ der Genossenschaftsidee, Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen, gründeten bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die ersten genossenschaftlichen Organisationen. Ihnen gelang es, den grundlegenden rechtlichen Rahmen für die Genossenschaftsidee und ihre ethischen Werte zu konstituieren. Dabei schufen sie eine Vereinigung mit nicht geschlossener Mitgliederzahl und gemeinschaftlichem Geschäftsbetrieb. In einer Satzung wird der Unternehmenszweck festgeschrieben, der sowohl auf Förderung des Erwerbs als auch sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Interessen zielen kann.
Die Genossenschaftsidee findet sich dabei in nahezu jeder Branche wieder: Von Genossenschaftsbanken über Landwirtschafts- und Energiegenossenschaften, Wohnungsbaugenossenschaften und Konsumgenossenschaften bis hin zu Dienstleistungsgenossenschaften und Ärztegenossenschaften.
Ihnen allen sind die Grundsätze „Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung“ gemein. Ihre Mitglieder erwerben Genossenschaftsanteile und werden damit zu Miteigentümern. Ihre, von der Zahl der erworbenen Anteile unabhängige Stimme sichert ihnen die Mitbestimmung und die Möglichkeit, aktiv mitzugestalten. Darüber hinaus eint das unabdingbare Ziel der Mitgliederförderung die Genossenschaften, sowohl in sozialer und kultureller, als auch in ökonomischer Hinsicht.
Im Jahr 2012 rief die UNO das Internationale Genossenschaftsjahr aus, um auf die weltweite Bedeutung von Genossenschaften aufmerksam zu machen. Gleichzeitig betonte sie damit aber auch die Notwendigkeit, die vielfältigen Dimensionen der Genossenschaftsidee zu bewahren, sie breiten gesellschaftlichen Kreisen zu vermitteln und den nachfolgenden Generationen zu erhalten.
Dieses Anliegen möchten die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft e. V. und die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft e. V. mit ihrer Bewerbung unterstützen und damit den Erhalt und die Weitergabe der Genossenschaftsidee schützen und fördern.
Die Entstehung der Genossenschaftsidee ist untrennbar verbunden mit zwei Personen: Hermann Schulze-Delitzsch (1808–1883) geboren in Delitzsch im heutigen Sachsen und Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818–1888) im heutigen Rheinland-Pfalz; geboren in Hamm/Sieg und Bürgermeisterstationen in Weyerbusch, Flammersfeld, Heddesdorf (heute Stadtteil von Neuwied).
Die Idee zur Gründung erster genossenschaftlich geprägter Organisationen wurde buchstäblich aus der Not heraus geboren. Während der Industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts gerieten viele Bauern und kleine Handwerksbetriebe in finanzielle Notlagen. Ihnen sollten die Hilfsaktionen zugutekommen, die Schulze-Delitzsch und Raiffeisen zeitgleich, aber unabhängig voneinander ins Leben riefen. Gemäß dem Leitsatz „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“ war ihrer Auffassung nach eine nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen nur durch den selbstbestimmten Zusammenschluss Einzelner zu erreichen. Während Schulze-Delitzsch 1849 mit der Gründung zweier Produktivgenossenschaften die Handwerker im Blick hatte, wandte sich Raiffeisen mit den ab 1864 gegründeten Darlehnskassenvereinen an die bäuerliche Bevölkerung.
Im Jahre 1889 trat das Genossenschaftsgesetz in Kraft.Dank dieser rechtlichen Verankerung verbreitete sich die Genossenschaftsidee in den folgenden Jahrzehnten rasant in ganz Deutschland. Zahlreiche Haushalte und Betriebe schlossen sich nach den Grundsätzen von Schulze-Delitzsch und Raiffeisen zusammen. Die Zahl der Selbsthilfevereinigungen stieg von 5.000 im Jahr 1889 bis auf 48.000 zum 1. Juni 1922 an. Zäsuren in der Erhaltung und Verbreitung der Genossenschaftsidee gab es während der Kolonialzeit Deutschlands, als Genossenschaften in den besetzten Gebieten vor allem als Exportgenossenschaften im Sinne des deutschen Kaiserreiches gegründet wurden. In der Zeit des Nationalsozialismus sowie während der deutschen Teilung von 1946 bis 1989 mussten sich die Genossenschaften zwangsläufig den politischen Verhältnissen anpassen und wurden in die Organisationsstruktur des jeweiligen Systems integriert.
Die Genossenschaftsidee hat zwei Weltkriege, die Krisen der 1920er Jahre und die Teilung Deutschlands überstanden ist bis heute jung geblieben. Allein in den vergangenen acht Jahren sind in Deutschland rund 1.300 Genossenschaften neu gegründet worden. Diese neuen Genossenschaften gehen die heutigen Herausforderungen gemeinsam an. Die dezentrale Verbreitung erneuerbarer Energien, Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung, aber auch Aufgaben wie selbst-bestimmtes Wohnen im Alter, energetische Sanierung von Wohnungsbeständen, kommunale Daseinsvorsorge oder ländliche Nahversorgung werden durch Genossenschaften wahrgenommen.
Genossenschaften sind in Deutschland weit verbreitet. In annähernd 8.000 Genossenschaften sind ungefähr 21 Millionen Menschen organisiert.Dabei ist praktisch jeder Landwirt Mitglied einer oder mehrerer Genossenschaften,90 % aller Bäcker und Metzger, 75 % aller Einzelhandelskaufleute, über 65 % aller selbstständigen Steuerberater und 60 % aller Handwerker sind Genossenschaftsmitglieder.
Die genossenschaftlichen Banken versorgen als selbstständige Kreditinstitute in Deutschland flächendeckend über 30 Mio. Kunden, davon sind gut 17,4 Mio. Mitglieder, mit Bankprodukten und Finanzdienstleistungen.Die Wohnungsbaugenossenschaften bieten ihren 3,2 Mio. Mitgliedern vorrangig eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung in über 2 Mio. Wohnungen. Das Alleinstellungsmerkmal der Genossenschaftsbanken und der Wohnungsbaugenossenschaften ist ihr traditioneller Förderauftrag gegenüber mehr als 20 Mio. Mitgliedern, das bedeutet, dass mehr als zwei Drittel ihrer Kunden gleichzeitig Teilhaber ihrer Genossenschaft sind – inklusive aller damit einhergehenden Vorteile und Mitbestimmungsrechte.
Der Genossenschaftsidee ist es immanent, aktuelle gesellschaftliche, ökonomische oder auch ökologische Herausforderungen aufzugreifen und hierfür Lösungsansätze zu bieten. So gründen sich heute z.B. Gesundheitsgenossenschaften, um eine medizinische Versorgung noch effizienter und flächendeckender gewährleisten zu können, Dorfläden, um die ländliche Nahversorgung genossenschaftlich sicherzustellen, Senioren- und Sozialgenossenschaften, um dem Rückzug kommunaler Einrichtungen auf diesem Gebiet zu begegnen oder regional aufgestellte Energiegenossenschaften, um auch in Zukunft noch eine ökologische und bezahlbare Energieversorgung zu garantieren.
Diese Genossenschaften können sich dabei auf institutionelle Strukturen stützen, die sich seit über 150 Jahren entwickelt haben. Sie sind dabei in Verbände eingebunden und partizipieren wechselseitig von der Vielfalt der genossenschaftlichen Gruppe.
Getragen und gestaltet wird dieses Netzwerk jedoch vom einzelnen Genossenschaftsmitglied. Jedes Mitglied besitzt eine Stimme in der Mitgliederversammlung und entscheidet damit direkt oder über gewählte Vertreter über die Entwicklung der Genossenschaft. Geleitet vom Subsidiaritätsprinzip wird die Verantwortung dabei solidarisch wahrgenommen.
Weitere Gestalter der Genossenschaftsidee sind aber auch die MitarbeiterInnen der Genossenschaften. Diese bieten bundesweit rund 600.000 Menschen einen Arbeitsplatz und stellen ca. 35.000 Ausbildungsplätze zur Verfügung.
Ausgehend von Deutschland ist die Genossenschaftsidee heute international verbreitet und wird weltweit praktiziert. Die Weitergabe dieser Idee lässt sich auch an der Förderung nachhaltiger und wirtschaftlicher Strukturen in rund 30 Ländern durch die deutsche Genossenschaftsbewegung in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung festmachen. Dabei unterstützen die Genossenschaften die von den Vereinten Nationen in ihrer Milleniumserklärung geforderte Armutsbekämpfung und den Einsatz für eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung.
Schirmherrin der gemeinsamen Bewerbung ist die ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth. Viele Persönlichkeiten (u.a. die ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel und Kurt Beck) aus allen Bereichen der Politik und der Gesellschaft unterstützen den Antrag, der fristgerecht Ende November 2013 in Mainz von Josef J. Zolk, stellvertretender Vorsitzender der
Deutschen Friedrich- Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft und Bürgermeister in Flammersfeld an Staatssekretär Walter Schumacher vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur übergeben worden ist. Ebenso wurde in Dresden von der Deutschen Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft der inhalts- und wortgleiche Antrag an die Sächsische Staatsregierung übergeben.
Im April wird das Land Rheinland-Pfalz seine Vorschläge an das Sekretariat der Kultusministerkonferenz weiterleiten, im Juni wird dann der Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz tagen. Danach berät das Expertenkomitee bei der Deutschen UNESCO-Kommission, nach weiteren Gremiensitzungen wird im Dezember 2014 die Kultusministerkonferenz selbst die Nominierungen für die UNESCO vornehmen, damit diese selbst bis Ende 2016 entscheiden kann.
Es ist ein langer Weg, die beiden Antragsteller für die Bewerbung sind jedoch guten Mutes, dass die „Genossenschaftsidee“ als Immaterielles Kulturerbe anerkannt wird. (Dr. Enrico Hochmuth, Josef J. Zolk M.A.)
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Nachricht vom 04.04.2014 |
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