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Nachricht vom 20.04.2014 |
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Region |
Betzdorferin begleitet behinderte Menschen - Audienz beim Papst |
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Ostern ist viel mehr als bunte Eiern oder Osterhase. Die christliche Botschaft, die sich hinter den Feiertagen verbirgt: Nicht verzagen, trotz Leid. Weitermachen! Es lohnt sich. Die Geschichte, die Therese Woltemade aus Betzdorf zu erzählen hat, ist insofern eine moderne Ostergeschichte. |
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Betzdorf. Es geht darum, wie Therese Woltemade aus Betzdorf einen halbseitig gelähmten Professor der katholischen Theologie dabei unterstützte, Papst Franziskus persönlich kennenzulernen. Es geht um ihren Beruf und wie schnell deutlich wird: ihre Berufung. Es geht darum, wie man die Lebensfreude nicht verliert trotz Behinderung und Alter. Es geht um Reisen, um das Ausbrechen aus dem schwierigen Alltag von Menschen mit Behinderung.
Und es ist nicht die Geschichte einer streng gläubigen Kirchengängerin. Denn Krankenschwester Therese ist zwar gläubig, aber für sie macht es einen Unterschied, ob man an Gott glaubt oder alles gut heißt, was die Institution Kirche macht.
Ihr Beruf war es, der die 53jährige letzten März zum Petersplatz im Vatikan führte. Seit 2001 betreut sie Behinderte bei Reisen. Der Anbieter, ihr Arbeitgeber, heißt plakativ „Urlaub und Pflege“. Und der Name ist Programm: Der Verein bietet betreute Reisen für Behinderte, meist ältere, an. Die Fotos in der Broschüre von „Urlaub und Pflege“ zeigen vorwiegend Menschen im Rollstuhl vor Strandkörben, auf Schiffen oder an niedrigem Meereswasser, sitzend auf einem speziellen „Schwimm-Stuhl“.
Und, das offenbart die Broschüre auch, die Teilnahme an solchen Reisen ist nicht ganz billig. Immerhin übernimmt in vielen Fällen die Pflegekasse einen Teil de Kosten. Auch einen Förderverein für finanziell schlechter gestellte Reiseteilnehmer gibt es, wie Woltemade betont.
Neben Gruppenreisen bietet der Verein auch Individualreisen an mit einer sogenannten Eins-zu-eins-Betreuung. Eine Begleitperson fährt dann mit der pflegebedürftigen Person zu einem Urlaubsziel seiner Wahl mit. Im Fall des Professors war das nicht zufällig Rom. Der 70-jährige hatte hier als Student schon mal gelebt. Man würde vollkommen falsch liegen, stellte man sich die Reise so vor, als wenn Woltemade einen alten, hilflosen Menschen von A nach B rollt. Denn Professor Wagner fungierte als eine Art Reiseführer. Er wurde von Woltemade betreut und betreute selbst eine Studentengruppe der Stiftung des Deutschen Volkes. Ein Student aus der Gruppe fädelte dann das Treffen mit dem Papst ein.
Jeden Mittwochvormittag findet in der Regel die Generalaudienz des Kirchenoberhauptes auf dem Petersplatz vor dem Petersdom statt. Man muss sich hier eine große Menschenmenge vorstellen, die Franziskus mit eigenen Augen und Ohren erleben will. Seit dem Pontifikat haben sich die Teilnehmerzahlen verdreifacht. Allein vier große Videoleinwände befinden sich auf dem Platz. Der Papst fährt auf dem Papamobil grüßend durch das Publikum und spricht zu den Gläubigen in verschiedenen Sprachen. Dann geht es in die ersten Reihen. In einem abgesperrten Bereich warten Behinderte, die Franziskus persönlich begrüßt, 70 bis 80 plus Begleitpersonen waren es, schätzt Therese Woltemade. Sie, ein Student und Professor Wagner kommen relativ zum Schluss dran.
Und obwohl der Papst sich vorher schon so vielen widmete, war ihm das nicht anzumerken. Woltemade sagt: „Was mich beeindruckt hat, war dass man das Gefühl hatte, dass er herzlich und natürlich ist. Eine kurze Begegnung hat Aussagekraft darüber, was das für ein Mensch ist.“ Jeden schaut Franziskus in die Augen. Und sicher: „Ein bisschen Aufregung war schon da.“ Aber Franziskus macht es einem leicht. Er lässt sich auch auf längere Gespräche ein. Jeder wird ganz unterschiedlich begrüßt. In der Regel gibt er einem die Hand. Wenn das die Behinderung nicht zulässt, legt der 77jährige seine Hand auf die Schulter. Therese Woltemade hat den Eindruck, dass er den Grad der Behinderung intuitiv erfassen kann.
Den Dreien schüttelt das Kirchenoberhaupt „ganz herzlich die Hände“, wie sie sich erinnert. Der Professor wurde außerdem mit einem Kreuzzeichen auf die Stirn gesegnet. Vorher war er aufgeregt und danach ganz gerührt.
Für einen Spaß ist Franziskus auch zu haben: Es hat sich mittlerweile eingebürgert, dass er gerne mal sein Scheitelkäppchen, den Pileolus, mit Besuchern tauscht. So auch mit dem Studenten. Der Papst scherzt: „Der ist mir eigentlich zu groß.“ Eine Erfahrung, die Woltemade nicht so schnell vergessen wird.
Allerdings mussten sie und der Professor auch Hindernisse überwinden. Denn:„Man sieht kaum Rollstuhlfahrer in Rom.“ Und das scheint seine Gründe zu haben. Denn die Straßenoberflächen bestehen meistens aus Kopfsteinpflaster. Eine große Belastung für einen Rollstuhlfahrer wegen der Erschütterung. Und Bürgersteige sind kaum abgesenkt – wenn dann stehen viele Autos im Weg. Auch die Menschenmassen waren nicht sonderlich rücksichtsvoll. Als umso größer empfand Woltemade die Hilfsbereitschaft der römischen Polizisten.
Und außerdem: Die Krankenschwester war schon immer geduldig. Zudem hat sie ihre Arbeit bei den Reisen für Pflegebedürftige verändert. „Sie hat mich gestärkt.“ Man gewinne an Selbstvertrauen, wenn man merkt, dass man Hürden überwinden kann, die man vorher für unüberwindbar hielt. Und ganz wichtig ist für sie, was von den betreuten Menschen zurückkomme. Es sei ein tolles Gefühl zu erleben, wie jemand der beispielsweise den ganzen Tag zu Hause alleine sitzt, Lebensfreude über die Reise entwickelt. Dabei helfen schon kleine Dinge. Etwa mit nackten Füßen im Meerwasser planschen oder durch Strandsand zu streicheln. Oder auch ein Rundflug über Borkum, wie bei zwei 90jährigen Schwestern. Sie waren noch nie mit einem Flugzeug geflogen, nun das erste mal. Als sie wieder ausstiegen, sagte eine von ihnen: „Ich war im Himmel und bin auf die Erde zurückgekommen.“ (ddp)
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Nachricht vom 20.04.2014 |
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