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Nachricht vom 21.01.2015
Region
Ärztliche Versorgung Thema beim Neujahrsempfang des Landrates
Traditionell waren die Orts- und Verbandsgemeindebürgermeister der Einladung des Landrates in die Kreisverwaltung gefolgt. Beim Neujahrsempfang in Altenkirchen wurden interessante Vorträge und Diskussionen zu den Themen "Ärztliche Versorgung im Ländlichen Raum" sowie der Breitbandversorgung im Kreis Altenkirchen geboten.
Berno Neuhoff moderierte die Podiumsdiskussion zum Thema \"Ärztliche Versorgung im ländlichen Raum\".
Fotos: Linda WeitzAltenkirchen. Einer schönen Tradition folgend hatte Landrat Michael Lieber auch in diesem Jahr wieder alle Ortsbürgermeisterinnen und Ortsbürgermeister sowie die Bürgermeister der Verbandsgemeinden und weitere Ehrengäste in die Kreisverwaltung zum Neujahrsempfang geladen.

"Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft kann man bauen" – mit diesen aufmunternden Worten des Schriftstellers Antoine de Saint Exupéry begrüßte Landrat Michael Lieber die zahlreichen Gäste im großen Saal der Kreisverwaltung. In einer kurzen Ansprache wies er auf die Kommunalreform hin und bezog klar Stellung zur aktuellen Debatte um die Verbandsgemeinde Gebhardshain. "Die Diskussion zur kreisübergreifenden Fusion der Verbandsgemeinden lehne ich entschieden ab – ein Neuzuschnitt unserer Landeskreisgrenze ist für mich nicht vorstellbar", erklärte Lieber. Auch auf den aktuellen Haushalt ging er in seiner Ansprache ein. Mit rund 64 Prozent stellen die Aufwendungen für Sozial- und Jugendhilfe sowie die Zuschüsse für Kindertagesstätten einen großen Kostenträger dar. Zum Thema Straßenbau zeigte Michael Lieber viel Verständnis für die Anliegen der Bürger, betonte aber auch, dass sich am geplanten Budget nichts ändern lasse. Dennoch versprach er, jeden Ortstermin wahrzunehmen.
Zur aktuellen Flüchtlingssituation berichtete er von einer großen Welle der Hilfsbereitschaft, die er bei der Bevölkerung verspürte. Zurzeit leben im Kreis Altenkirchen 575 Flüchtlinge und Asylbewerber, die Sozialabteilung rechnet mit weiteren fast 500 Personen für das Jahr 2015. Auch das Thema Ehrenamt fand Platz in der Ansprache des Landrates. "Das Ehrenamt ist eine Stärke unserer ländlichen Region", lobte Michael Lieber und dankte allen für das geleistete und künftig zu leistende Engagement.

Die anschließende Podiumsdiskussion, moderiert von Berno Neuhoff, Leiter der Stabstelle Demografie, Regional- und Kreisentwicklung, beschäftigte sich mit dem Thema "Ärztliche Versorgung im Ländlichen Raum". Als Experten nahmen Dr. Klaus Kohlhaas (Obmann der Kreisärzteschaft), Dr. Wolfgang Dörwaldt (Medizinalrat am Gesundheitsamt Altenkirchen), Thomas Christ (Ressortleiter Arztregister und Versorgungsforschung der Abteilung Sicherstellung der Kassenärztlichen Vereinigung RLP), Dr. Peter Enders (MdL, Eichen), Dr. Wolfram Johannes (Kirchen) und Dr. Axel Bittersohl (Kirchen) teil.

Die Altersstruktur der Allgemeinmediziner im Landkreis belegt, dass zurzeit der mit Abstand größte Teil der Ärzte teilweise weit über 50 Jahre alt ist. Der Mangel an Nachwuchskräften wurde in einem Diagramm verdeutlicht, die Prognose für die kommenden zehn Jahre verhieß ebenfalls nichts Gutes. Teilweise werden dann ganze Verbandsgemeinden ohne Allgemeinmediziner sein, sollte sich nichts Gravierendes ändern. "Wie sieht der Arzt der Zukunft aus, ist der klassische Landarzt ein Auslaufmodell?" – eine der Fragen, mit der sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion befassten. Die Tendenz geht zur Kooperation im Sinne von Gemeinschaftspraxen oder anderen Zusammenschlüssen - die Arztpraxis der Zukunft bietet mehrere Ärzte unter einem Dach, die sich so optimal ergänzen und vertreten können, da waren sich alle Beteiligten einig. Ein Allgemeinmediziner auf dem Land muss 965 Patienten betreuen, in der Stadt hingegen nur 399. Der Bedarf auf dem Land ist demnach sehr hoch, die Praxen sind rentabel.

Dr. Klaus Kohlhaas berichtete, dass es nahezu kein Interesse von jungen Medizinern gebe, sich auf dem Land niederzulassen. Ein Lehrkrankenhaus könnte hier Möglichkeiten schaffen, gerade jungen Medizinern attraktive Arbeitsplätze zu ermöglichen und sie neugierig auf die Region zu machen. Dr. Wolfram Johannes bekräftigte, dass man die Allgemeinmediziner aus den Einheimischen rekrutieren müsse und verwies auf ein in Rheinland-Pfalz einmaliges Modell, mit dem es auch innerhalb von kürzerer Zeit möglich sei, Nachwuchsärzte entsprechend zu qualifizieren. Auch Berno Neuhoff ermunterte die Anwesenden: "Wenn Sie jemanden kennen, der ein Medizinstudium beginnt – melden Sie sich bei uns, lassen Sie uns das wissen, damit wir frühzeitig reagieren können!"

Ein weiterer Punkt, die Entlastung des Hausarztes, kann beispielsweise mit dem in Gebhardshain bereits praktizierten VERAH-Modell bewirkt werden. Eine Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis kann vom Arzt dann entsprechend delegiert werden, viele Aufgaben eigenständig durchführen und so für zusätzliche Zeit des Hausarztes sorgen.

Einen weiteren Lösungsvorschlag brachte Dr. Peter Enders in die Diskussion ein. "In anderen ländlichen Gemeinden werden bereits sogenannte Außensprechstunden durchgeführt", berichtete er. In von der Kommune zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten werden dann Möglichkeiten für Gespräche mit dem Hausarzt geschaffen. Der Kontakt mit den Patienten wird so intensiviert, oft kann bereits ohne einen zusätzlichen Praxisbesuch geholfen werden.

Auch die vermehrte Zahl der jungen Nachwuchsmediziner aus Osteuropa wurde angesprochen. "Wir freuen uns über jeden Arzt, der zu uns kommt", bekräftigte Dr. Peter Enders. Voraussetzung sei allerdings, dass er die deutsche Sprache beherrsche, da es sonst zu sicherheitsrelevanten Verständigungsschwierigkeiten kommen könne.

Abschließend erfolgte ein aktueller Sachstandsbericht und Ausblick zur Breitbandversorgung im Kreis Altenkirchen von Tim Kraft (Stabstelle für Demografie, Regional- und Kreisentwicklung). Nach der entsprechenden Abfrage bei Städten und Ortsgemeinden ist nun für Februar 2015 die genaue Markterkundung geplant, um die Kosten für die Gemeinden zu ermitteln. Nach der endgültigen Vergabe, geplant für Oktober 2015, soll dann innerhalb der kommenden 24-36 Monate mit dem Ausbau begonnen werden. (daz)
       
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